Die Glosse im Guller
Dürfen wir fremde Kinder zurechtweisen?
Schauplatz war ein Kindergeburtstag. Was immer auch der Auslöser war, jedenfalls boxte dort ein Achtjähriger einer Gleichaltrigen volle Pulle auf die Brust, was ihr wohl ziemlich weh getan hat. Denn die Kleine weinte bitterlich und flüchtete in die Arme ihrer ebenfalls anwesenden Mutter. Währenddessen mampfte der gewalttätige Gast gut gelaunt Geburtstagstorte. Die einzigen, die offensichtlich seiner Aktion Beachtung geschenkt hatten, waren das misshandelte Mädchen und dessen Mama. Letztere konzentrierte sich darauf, ihre Tochter zu trösten. Denn sie war unsicher bei der Frage: Darf man ein fremdes Kind wegen seines Verhaltens tadeln?
Geburtstagsfeier-Trauma
Nein, die Mutter war nicht ich. Zum einen ist meine Tochter schon 31 Jahre alt, zum anderen würde ich mich so etwas nie fragen. Natürlich darf man, ich schaue doch nicht schweigend zu, wenn so ein Rotzlöffel ein Kind verdrischt! Doch die sonst so redegewandte Radiomoderatorin, die das selbst erlebte Geburtstagsfeier-Trauma in einer Morgensendung aufarbeitete, hatte sich in der Situation lieber zurückgehalten. Die Sorge, Boxer-Boys Seele könnte Schaden nehmen, war wohl zu groß. Vielleicht war es auch die Angst vor gesellschaftlicher Ächtung oder ewigem Fegefeuer. Allerdings sah sie die Eltern des Geburtstagskindes in der moralischen Pflicht, irgendetwas zu unternehmen. Aber die Gastgeberpolizei hatte wohl ebenfalls Angst, es könnte ihr deshalb Amtsanmaßung vorgeworfen werden und schaute lieber weg.
Erziehungsfehler
Nun steht es altmodischen Großmüttern wie mir nicht zu, am Moralcodex moderner Mamas herumzukritteln. Schließlich hat jede Generation das Recht, ihre eigenen Erziehungsfehler zu machen. Trotzdem möchte ich allen eine Frage stellen, die es übergriffig finden, Schläger in ihre Schranken zu verweisen. Was wird aus dem kleinen Gewalttäter mal werden, wenn ihm niemand Einhalt gebietet? Richtig, ein großer Gewalttäter. Das kann niemand wollen.
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