Interview
Dominik Fehringer zur Nachhaltigkeit der nectanet-Mitglieder

Dominik Fehringer | Foto: nectanet

Ortenau Nachhaltigkeit ist eines der beherrschenden Themen unserer Zeit und zieht sich durch alle Bereiche. Im Interview mit Anne-Marie Glaser erklärt nectanet-Geschäftsführer Dominik Fehringer, wie nachhaltig die regionale Wirtschaft ist.

Inwiefern beschäftigt sich nectanet als Netzwerk mit dem Thema Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeitsthemen bilden einen Schwerpunkt unserer Veranstaltungen. Unsere vor zwei Jahren eingeführte Reihe „nectanet zero emission“ erfreut sich größter Beliebtheit. Regelmäßig bringen wir rund 100 Entscheidungsträger und Experten aus der Region zusammen. Bei diesen Veranstaltungen stellen wir einzelne Nachhaltigkeitsthemen heraus, fokussieren auf regionale Best Practices und animieren andere dazu, die erfolgreichen Beispiele aufzugreifen und selbst umzusetzen. Bei diesem Austausch entfaltet sich die ganze Stärke des Netzwerks von nectanet. Nicht nur, dass Unternehmen voneinander lernen – gerade auch die Verbindung zwischen Politik, kommunalen Verwaltungen und Unternehmen macht den besonderen Reiz aus. Nachhaltigkeit ist kein Thema für Einzelkämpfer. Fortschritte lassen sich am besten erzielen, wenn alle an einem Strang ziehen.

Wie nachhaltig ist die lokale Wirtschaft im Bundesvergleich?
Dank der generell sehr hohen Innovationsleistung unserer Betriebe ist auch der Nachhaltigkeitsbereich sehr gut aufgestellt. Die vielen Auszeichnungen, die unsere regionalen Betriebe für ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen erhalten, beweisen dies eindrucksvoll. Man spürt deutlich, dass das Thema in der Breite angekommen ist. Es sind keine Bemühungen Einzelner, sondern jeder tut, was er muss und viele tun deutlich mehr als das. Unternehmensvertreter aus der Black Forest Power Region haben sich auch schon bundesweit einen starken Ruf erarbeitet und sind bei zahlreichen Medien, darunter auch das Handelsblatt, immer wieder als ausgewiesene Experten gefragte Ansprechpartner.

Wie hat sich das Thema Nachhaltigkeit in den vergangenen zehn Jahren für die regionale Wirtschaft verändert?
Nachhaltigkeit ist immer ein wesentlicher Teil der DNA baden-württembergischer Familienbetriebe gewesen, die strategisch über Generationen hinaus angelegt sind. Sicher werden einige Themen heute stärker gewichtet als noch vor einem Jahrzehnt. Dazu gehören beispielsweise der Einsatz erneuerbarer Energien, Energieeffizienz, Ressourceneffizienz, die Transparenz in Lieferketten und die Kreislaufwirtschaft.

Sollte die Politik in Sachen Umweltschutz mehr mit Anreizen arbeiten oder Verboten?
Wir brauchen ideologiefreie Politik mit Augenmaß. Ich glaube, dass wir gerade dabei sind, den Blick für globale Realitäten zurückzugewinnen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Mit den weltweit strengsten Vorgaben haben wir vor Jahren unsere führende chemische Industrie in andere Teile der Welt verdrängt. Damit haben wir Probleme verlagert, die heimische Wirtschaft geschwächt, unserem Arbeitsmarkt geschadet, strategische Nachteile bewusst in Kauf genommen und damit die Versorgungssicherheit von Unternehmen und der Bevölkerung aufs Spiel gesetzt. Aufgrund dieser Entscheidungen sind wir in Deutschland heute nicht mehr in der Lage, lebenswichtige Medikamente ohne Zulieferung aus anderen Teilen der Welt herzustellen – vom Antibiotikum bis zum Hustensaft für Kinder. Diese Abhängigkeiten, die zwischenzeitlich in vielen Wirtschaftsbereichen entstanden sind, müssen zurückgefahren werden. Das geht nicht mit immer mehr Bürokratie und Vorschriften. Die Vernunft ist an dieser Stelle ein Ruf nach mehr Freiheit.

Was wünschen Sie sich von der Politik, um die Unternehmen mehr in ihrem Streben nach mehr Nachhaltigkeit zu unterstützen?
Es braucht eine behutsame Wirtschaftspolitik, die Veränderung nicht mit der Brechstange über Nacht einfordert. Die deutsche Wirtschaft ist ein auf hochgradige Exzellenz getrimmtes Rennpferd, das mit dem plumpen Hü-Hott eines Ponyhofdresseurs sein Potential nicht ausspielen kann. Soll heißen: qualifiziertes politisches Personal mit einschlägiger beruflicher Kompetenz wäre schon ein guter Anfang, damit Wirtschaft und Politik das Land bei allen relevanten Themen gemeinsam nach vorn bringen können. Man darf Wirtschaftspolitik nicht ohne die Wirtschaft machen – alle Spitzenverbände sind sich einig, dass dieser Grundsatz in den vergangenen Jahren verletzt wurde. Auch deshalb steht nectanet für einen intensiven Austausch zwischen Politik und Wirtschaft.

Nachhaltigkeit ist ja nicht nur ein internes Thema für Unternehmen, sondern auch ein Markt. Inwieweit hat dies die Unternehmenslandschaft in unserer Region beeinflusst?
Mit unserer Marke foundersnet bringen wir die Gründer aus der Region regelmäßig zusammen. Heute unterliegen alle Ideen von Start-ups dem Nachhaltigkeitsaspekt – ganz gleich ob es sich nun um eine Gründung im digitalen oder im industriellen Umfeld oder auch im Dienstleistungssektor handelt. Die Entwicklung jedes Unternehmens steht unter dem Anspruch nachhaltigen Wirtschaftens. Hier bieten sich viele Chancen, weil zum Teil völlig neue Materialien, Produkte und Dienstleistungen entstehen.

Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz beim Thema nachhaltige Wirtschaft?
Die KI ist ein Effizienzmotor, aber auch ein Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit. Dazu liegen Forschungsergebnisse vor, beispielsweise vom Fraunhofer IAO. Aus diesen Berichten können Unternehmen auch Handlungsempfehlungen ableiten. Wir werden die KI brauchen, um exponentiell entstehende Information zu verarbeiten und zu bewerten, um am Ende daraus unternehmerische Entscheidungen formulieren zu können.

Ein abschließendes kurzes Fazit: Wie gut ist die regionale Wirtschaft beim Thema Nachhaltigkeit aufgestellt?
Nach meinem Dafürhalten hervorragend. Ich beobachte ein stabiles, dauerhaftes und ernsthaftes Interesse an allen Themen der Nachhaltigkeit bei unseren Mitgliedsbetrieben.

Stichwort nectanet

Nectanet ist das Netzwerk für die regionale Wirtschaft mit klarem Auftrag: internationales Standortmarketing und Wirtschaftsförderung vor Ort.
Um die Zukunftsaufgaben zu bewältigen, hat sich die Gesellschaft vor einem Jahr neu aufgestellt. Ganz vorne stehen die Themen Personalmarketing und Arbeitskräftegewinnung, die Unterstützung von Start-ups, die Ansprache und Betreuung von Investoren sowie der Aufbau verlässlicher Netzwerke aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik – bei uns vor Ort und international.
Quelle: nectanet

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