Strom ist eine Bundeswasserstraße
Völlig unterschätzte Gefahr: Rhein ist kein Swimmingpool

Schiffe verursachen eine hohe Wellenbewegung, die Schwimmer in Gefahr bringen kann. | Foto: gro
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Kehl (gro). Die Sonne scheint, es geht ein leichter Wind, der Rhein wirkt friedlich. Doch wer genau die Wasseroberfläche am äußersten Ende des Kehler Hafenbeckens betrachtet, der kann die unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten und die Strömungen des Flusses erkennen. Polizeihauptkommissar Markus Ridder, stellvertretender Leiter der Wasserschutzpolizeistation Kehl, erklärt: "Der Rhein hat eine starke Strömung. Er fließt im Schnitt mit zehn bis zwölf Stundenkilometern. Im Hafenbecken ist das Wasser ruhiger, deshalb kann es hier am Zusammenfluss zu gefährlichen Strudeln kommen." Gleiches gelte an Flussmündungen. Brückenpfeiler und andere Flussbauwerke würden ebenfalls dafür sorgen, dass sich die Strömungsverhältnisse im Wasser verändern.

Der Strom und seine Tücken

Doch auch der Strom selbst habe seine Tücken: "Am Mittelrhein sind die Buhnen und Krippen, die es im Wasser gibt, zu erkennen. Hier am Oberrhein liegen sie unter der Wasseroberfläche", macht Ridder eine weitere Gefahr des scheinbar so harmlosen Stromes deutlich. "Auch hier gibt es Strudel und starke Strömungen. Außerdem hat der Rhein als Fließgewässer sehr unterschiedliche Temperaturen. Das Wasser hat Kräfte, die man so nicht sehen kann", warnt der Polizist eindringlich.

Die deutsch-französische Wasserschutzpolizei in Kehl kennt die Gefahren, die vom Rhein ausgehen und die immer wieder unterschätzt werden. "Der Rhein ist eine Bundeswasserstraße und einer der am stärksten befahrenen Flüsse in Europa", macht Ridder deutlich. "Die Schiffe können bis zu 185 Meter lang, 14 Meter breit und 6.000 Tonnen schwer sein."

Verkehrsregeln auf dem Rhein

Für den Rhein würden genauso Verkehrsregeln gelten, wie für den normalen Straßenverkehr. Das Problem: Wer nicht aktiv Wassersport betreibe, der kenne sie nicht. "Es gibt immer wieder Unvorsichtige, die im Rhein schwimmen gehen", weiß Ridder. Die Stärke der Strömung mache ein einfaches Queren für Schwimmer nahezu unmöglich: "Wenn Sie hier ins Wasser gehen und nach Straßburg schwimmen wollen, kommen Sie, wenn Sie es ans andere Ufer schaffen, viele Meter flussabwärts heraus." Außerdem gebe es Treibgut im Wasser, durch das sich Badende verletzen könnten. Schon der Uferbereich habe Tücken: Von einem Moment auf den anderen könnten Badende buchstäblich den Boden unter den Füßen verlieren, denn die Uferböschung laufe nicht sanft aus wie an einem Strand. "Sehen Sie, welche Wellen Schiffe verursachen", macht der Polizist aufmerksam. Tatsächlich, eine Yacht fährt mit vergleichbar hohem Tempo stromaufwärts. Vor dem Bug schiebt sie eine Welle vor sich her. Das Schiff ist schon längst vorüber, da schlagen die ersten Wellen ans Ufer. Es entsteht beinahe der Eindruck einer Brandung. "Schiffe können nicht halten", mahnt Ridder. Außerdem gebe es einen toten Winkel, der bei großen Rheinschiffen bis zu 300 Meter betragen könne. "Ein Kapitän sieht nicht das, was unmittelbar vor seinem Bug ist", so Ridder.

Ein kurze Fahrt auf einem der Einsatzboote der Wasserschutzpolizei macht dies deutlich: Obwohl das Boot nicht groß ist, hinter dem Steuerrad sieht man gerade mal die Spitze, aber nicht, was sich im Wasser davor befindet. "Wie soll ein Rheinschiffer so den Kopf eines Schwimmers, ein kleines Kanu oder Schlauchboot erkennen?", fragt Markus Ridder zu Recht.

"Das Wasserschifffahrtsamt sichert die verkehrsrechtliche Bereitstellung des Gewässers", erklärt Markus Ridder die Rechtslage. Diese sei im Wasserstraßengesetz geregelt, aber gleichzeitig gelte das Wasserhaushaltsgesetz, das den Gemeingebrauch des Rheins regele. Das bedeutet: Egal wie viele große Schubverbände auf einer von Europas meist befahrenen Wasserstraße verkehren, wer darin schwimmen möchte, der darf das. "Das Wasserschifffahrtsamt sichert die Nutzung als Wasserstraße, es hat keine Verkehrssicherungspflicht für Badende. Es muss auch nicht dafür sorgen, dass dies möglich ist", so Ridder.

Jeder, der in dem Strom schwimmen wolle, müsse sich der Gefahren des Gewässers bewusst sein. Dies gelte auch für alle, die mit einem Kanu, einem Schlauchboot oder einem Ruderboot unterwegs seien. "Sie müssen die Schifffahrtsregeln beachten", sagt Markus Ridder. "Im Prinzip kann jeder die Schleusen benutzen, aber Schlauchboote sollten dies nicht tun. Sie sollten um die Schleuse herumgetragen werden." Durch den Zu- oder Ablauf des Wassers sei die Wellenbewegung zu hoch für diese kleinen Booten. An den Wehranlagen in den Rheinnebenarmen ist, wie Markus Ridder erklärt, die Durchfahrt verboten. "Das Schild sieht aus wie die österreichische Fahne. Es ist Rot, Weiß, Rot gestreift." Wer kein Radar auf dem Boot hat oder es nicht bedienen kann, hat bei schlechter Sicht ebenfalls nichts auf dem Fluss zu suchen. "Wie sollen die anderen Schiffe diese Boote erkennen, wenn es nebelig oder dunkel ist", wundert sich Markus Ridder darüber, wie unvorsichtig manche Menschen sind.

Schiffe verursachen eine hohe Wellenbewegung, die Schwimmer in Gefahr bringen kann. | Foto: gro
Der Schein trügt: Der Rhein fließt schneller als es für manche den Anschein hat und birgt etliche Gefahren.  | Foto: gro

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