Lebensführung positiv beeinflussen
Sozialstunden ein Instrument im Jugendstrafrecht

In Paragraf 13 des Jugendgerichtsgesetzes ist die Ahndung einer Straftat mit Sozialstunden geregelt, wenn eine Jugendstrafe, etwa bei Ladendiebstahl, nicht geboten ist. | Foto: Symbolfoto: ds
  • In Paragraf 13 des Jugendgerichtsgesetzes ist die Ahndung einer Straftat mit Sozialstunden geregelt, wenn eine Jugendstrafe, etwa bei Ladendiebstahl, nicht geboten ist.
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Ortenau Was im Erwachsenenstrafrecht kaum eine Rolle spielt, ist im Jugendstrafrecht gang und gäbe, ja sogar "tägliches Brot", so Ute Körner, Richterin am Amtsgericht Offenburg. Denn die Erbringung von Arbeitsleistungen, besser bekannt als Sozialstunden, zählt zu den wichtigsten pädagogischen Maßnahmen für straffällige Jugendliche – sofern die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist. Sie soll den Jugendlichen ihre Tat bewusst machen und helfen, sie wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Eine Erziehungsmaßregel

"Mit dieser Erziehungsmaßregel soll der Richter den Jugendlichen nach Paragraf 13 des Jugendgerichtsgesetzes nicht bestrafen, sondern dessen Lebensführung positiv beeinflussen", erläutert Ute Körner. Je nach Schwere der Tat können zwischen zehn und 100 Sozialstunden verhängt werden – etwa für Diebstähle, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Raufereien oder kleine Betäubungsmitteldelikte. Ganz bewusst würden die Delikte nicht mit einer Geldstrafe geahndet: "Wir wollen ja nicht die Eltern bestrafen, die im Zweifel das Geld bezahlen würden, sondern der Jugendliche selbst soll die Auswirkungen seiner Tat spüren", erklärt die Richterin. Und das am besten direkt. "Während der Corona-Zeit war es allerdings schwierig, eine Einrichtung zu finden, wo der Jugendliche seine Sozialstunden ableisten konnte", so Körner. So habe man dann doch kleinere Geldstrafen verhängt. "Ein Azubi im ersten Lehrjahr beispielsweise wurde zur Zahlung eines Monatsgehalts verurteilt, ein Schüler zu 100 oder 150 Euro, die er auch in Raten abzahlen konnte", erläutert Ute Körner.

Wurde ein Jugendlicher zu Sozialstunden verurteilt, erhält er vom Richter ein vorgedrucktes Papier, auf dem die Anzahl der abzuleistenden Stunden vermerkt ist. "Damit muss er dann zum Jugendamt, das für die Einteilung zuständig ist", so Ute Körner. Abgeleistet werden können Sozialstunden in Einrichtungen, die ausschließlich gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen oder öffentlich getragen und finanziert werden. "Im Ortenaukreis findet unter anderem eine Einteilung bei Stadt-, Gemeinde- oder Ortsverwaltungen für Arbeiten auf Friedhöfen, in den Bauhöfen oder in Schwimmbädern statt", erläutert das Jugendamt auf Anfrage der Guller-Redaktion. Außerdem werden die Jugendlichen in Pflegeheimen, Reitvereinen, Sozialkaufhäusern oder bei den Tafeln eingesetzt. "Hierbei wird darauf geachtet, dass die Einteilung für die jungen Menschen passend ist und insbesondere mögliche Schul- oder Ausbildungszeiten nicht davon betroffen sind. In einzelnen Einrichtungen ist auch eine Ableistung an den Wochenenden möglich", so das Jugendamt.

Oft ein Unrechtsbewusstsein

Für viele jugendliche Straftäter sei die Ableistung von Sozialstunden ein veritabler Denkzettel, der dafür sorge, dass man sich durchaus Gedanken über die Tat macht. "Andere wiederum haben ein gesundes Unrechtsbewusstsein", betont die Richterin, die vor Gericht nicht selten auf ihr schon bekannte Jugendliche trifft. "Die Jugendlichen wissen nicht nur, dass sie ab 14 Jahre strafmündig sind, sie wissen auch ganz genau, was auf sie zukommt und was ich verkünde, weil sie sich untereinander schlau machen", so Körner.

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