Vorherrschende Angst in der Gastronomie
Existenzängste sind sehr konkret
Ortenau "Die Stimmung ist eher bescheiden", sagt Dominic Müller, Kreisvorsitzender des DEHOGA in der Ortenau, zur aktuellen Situation im Hotel- und Gaststättengewerbe. Die Existenzängste seien sehr konkret. "Den Leuten in der Branche geht es nicht gut und sie haben Angst", so Müller. Sein Befund deckt sich mit einer aktuellen Studie des DEHOGA-Bundesverbandes, an der zwischen 29. September und 3. Oktober 3.850 gastgewerbliche Betriebe aus ganz Deutschland teilgenommen haben. Insgesamt 66,1 Prozent bangen aufgrund der hohen Energiepreise um ihre Existenz. Im Vergleich zum August dieses Jahres ist dies ein Plus um fast 30 Prozentpunkte.
Kostensteigerung macht Sorge
Die Energiekosten und die Inflation seien momentan die drängendsten Probleme, so Müller. Und weiter: "Wenn man existentielle Ängste hat und teilweise bestimmte Dienstleistungen reduzieren muss, ist nicht das Problem, dass ich keine Fachkräfte bekomme, sondern die Frage, wie man die Kosten gedeckt bekommt." Gleichzeitig würden die Gäste weniger Geld ausgeben. "Das junge, verliebte Pärchen bucht sich vielleicht noch ein Wellnesswochenende mit Sauna, weil die im Preis inkludiert ist, die Massage wird aber nicht mehr dazu gebucht. Dieses Geld wird jetzt gespart", verdeutlicht Müller anhand eines Beispiels. Für die Betriebe sei dies doppelt bitter. Zum einen würden die Kosten steigen, zum anderen breche der Umsatz weg.
Mehrwertsteuerentfristung
Der Politik wirft Müller vor, bei der Energieversorgung einseitig auf Russland als Energielieferant gesetzt zu haben und fordert eine Deckelung der Energiekosten als ersten Schritt. Als zweites fordert er die Befristung von sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen aufzuheben. "Das wäre ein großer Schritt, nicht nur aus preiskalkulatorischen Gründen. Viele Kollegen führen gerade Gespräche mit Banken wegen langfristiger Investitionen. Dazu braucht es schlicht Planungssicherheit. Das verlangen die Banken", betont Müller. Verlässlichkeit und Planungssicherheit seien besonders wichtig für die Unternehmen. "Das Zögerliche in der Politik treibt uns schier in den Wahnsinn", macht der Hotelier deutlich. Dies gelte auch bei der Rekrutierung von Fachkräften.
Wertschätzung
Hierbei rät Müller den Betrieben so wenig Hürden wie möglich für potentielle Bewerber aufzubauen. Man müsse das Fenster auch für Quereinsteiger offen lassen. "Aus- und fortbilden kann ich sie dann ja immer noch", so Müller.
Aber auch die Gäste müssten ihr Verhalten hinterfragen. Man wolle die maximale Leistung, sei aber nicht bereit, dafür zu bezahlen. "Ich kann nur jedem empfehlen, in einem Restaurant ausreichend Trinkgeld zu geben, wenn er auch in Zukunft noch von einem Kellner bedient werden möchte", so Müller. Denn Trinkgeld sei nicht nur Teil des Gehalts, sondern auch der Anerkennung für einen guten Service. Gerade nach der Beendigung des Lockdowns in der Corona-Pandemie habe er im eigenen Betrieb vermehrt angespannte Gäste wahrgenommen, die ihren Alltagsfrust teilweise an den Mitarbeitern ausgelassen haben. Da fehle es an der Wertschätzung für die Mitarbeiter einer ganzen Branche.
Weiterführende Informationen: Wenn Gästen ein Roboter Drinks serviert
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