Digitale Ratssitzung
Es gibt noch viele ungeklärte Rechtsfragen
Ortenau (mak). Am kommenden Dienstag, 16. Juni, befasst sich der Stadtrat Haslach mit dem Thema der Ortsumfahrung B33. Stattfinden wird die Sitzung nicht im Ratssaal, sondern in der Stadthalle. "Nur hier können wir die mindestens 1,5 Meter Abstand, die technischen Voraussetzungen und gleichzeitig eine höchstmögliche Besucherzahl für unsere Bürger sicherstellen", so Bürgermeister Philipp Saar.
Mangelnde Praxistauglichkeit
Warum es keine digitale Ratssitzung gibt, erklärt der Bürgermeister mit einer mangelnden Praxistauglichkeit. Zwar habe das Innenministerium des Landes Anfang Mai mit dem neuen Paragraphen 37a der Gemeindeordnung die Möglichkeit geschaffen, auch öffentliche digitale Sitzung durchzuführen, aber "bedauerlicherweise ist die Regelung in der Praxis doch sehr untauglich", sagt Saar und nennt einige Beispiele: "Um eine Sitzung auch im Bild übertragen zu können und die jeweiligen Sprecher im Bild festzuhalten, sind in der Regel mehr als eine Kamera notwendig. Diese müssen aktiv 'geschalten' werden, wofür ein Techniker notwendig ist." Auch sei eine schriftliche Einverständniserklärung der gefilmten Personen erforderlich. Ebenso müsse eine Übertragung „in den öffentlichen Raum“ sichergestellt werden. "Die Tücken der Verordnung liegen tatsächlich im Detail und in vielen ungeklärten Rechtsfragen, die sich hieran anschließen. Ist beispielsweise die Öffentlichkeit auch dann noch hergestellt, wenn der Stream für einige Minuten ausfällt?", fragt Saar. Dies bringe Rechtsunsicherheit und Zeitverlust bis zu einem Gerichtsurteil mit sich, was man bei wichtigen Themen wie der Ortsumfahrung nicht riskieren wolle und könne.
Erfahrungen von Markus Vollmer
Erfahrungen mit digitalen Ratssitzungen konnte Saars Amtskollegen Markus Vollmer aus Ortenberg bereits sammeln. Schon dreimal kamen die Ratsmitglieder zu einer virtuellen Sitzung zusammen. Bei der ersten Sitzung, vor der Änderung der Gemeindeordnung, seien formal keine Beschlüsse gefasst worden, sondern die Abstimmung sei nur ein "Meinungsbild" gewesen, so Vollmer. Er habe aber als Bürgermeister eine Eilentscheidung getroffen. "Dieses Instrument stellte zu diesem Zeitpunkt die einzige rechtlich zulässige Alternative zur Beschlussfassung in einer Präsenzsitzung dar", erklärt er. Mit dem neuen Gesetz gebe es zwar eine gesetzliche Grundlage für die Möglichkeit einer Beschlussfassung bei einer Online-Sitzung, "aber einen Bebauungsplan oder die Haushaltssatzung würde ich aufgrund der weitreichenden Folgen nicht im Online-Verfahren fassen wollen, sofern dies auch unter erschwerten Bedingungen auf andere Weise möglich ist", schränkt Vollmer ein. Den Vorteil von Online-Sitzungen sieht er vor allem darin, dass deutlich mehr Zuschauer das Geschehen verfolgen als in der üblichen Präsenzform: "So wird niemand ausgegrenzt, auch nicht Angehörige von Risikogruppen."
Rechtssicherheit
Dennoch sieht Haslachs Bürgermeister Saar das Land in der Pflicht, für mehr Rechtssicherheit zu sorgen: "Andernfalls begeben wir kommunal Verantwortliche uns auf sehr dünnes Eis und riskieren jahrelange Klärungsverfahren." Für ihn kommt die Online-Alternative bei "Themen, die weniger Brisanz haben und bei denen wir eine mögliche Klärung der Rechtsunsicherheiten vertreten können", in Frage.
Effizienzgewinn
Vollmer sieht in der Online-Variante einen Effizienzgewinn bei nichtöffentlichen Sitzungen und eine Alternative in Not- und Ausnahmesituationen. Für ihn eine "Rettungskapsel der Demokratie", wenn sonst nur das Alleinentscheidungsrecht des Bürgermeisters übrig bliebe. Allerdings könne diese Form die nonverbale Kommunikation einer Präsenzsitzung nicht ersetzen, so Vollmer abschließend.
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