Stichwort Werbegemeinschaften
Ehrenamtlich fast nicht machbar?
Ortenau (ag/ds/mak/set). Die ehemalige Reichsstadt hat dem Aktions-Team Gengenbach manche Attraktion und Veranstaltung zu verdanken. Da ist beispielsweise die Ladies Night zu nennen, die jetzt am 25. Juli wieder stattfindet. Und auch den Gengenbacher Adventskalender sowie den Adventskalenderverein würde es ohne die nahezu rein ehrenamtlich organisierte Werbegemeinschaft möglicherweise nicht geben.
Doch jetzt schlägt Mathias Schmidt Alarm. Er lenkt die Geschicke des Vereins nun schon seit fünf Jahren kommissarisch. "Die 'Arbeit' wird gemacht, sie wird von einem 'sehr kleinen' Vorstandsteam geleistet. Zudem haben wir seit mehr als drei Jahren keinen Verantwortlichen für die Kasse, ebenso fehlen uns vier Beisitzer im Vorstand", schreibt Schmidt in seiner Einladung zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am Dienstag 9. Juli, die der Redaktion vorliegt. Dabei wird es an erster Stelle um die Frage gehen: "Wer übernimmt Aufgaben und Ämter, die dringend auch gesetzlich besetzt werden müssen?" Sollten diese nicht besetzt werden, "schlägt der Vorstand der Versammlung die Auflösung des Vereins vor." Ist Gengenbach ein Einzelfall? Die Stadtanzeiger-Redaktion hat sich umgehört.
Handels- und Gewerbevereins Haslach
"Wir hatten von 1990 bis 1992 eine riesige Krise und standen vor dem Zusammenbruch", gibt Martin Schwendemann, Amtsleiter Kultur und Marketing sowie Geschäftsführer des Handels- und Gewerbevereins Haslach (HGH), ganz offen zu. Damals war die Werbegemeinschaft in Haslach eine informelle Gruppierung. Heute ist das Ganze als Verein organisiert, es gibt einen hauptamtlichen Geschäftsführer sowie eine 80-Prozent-Kraft. Beides wird von der Stadt unterstützt.
In einer speziellen Arbeitsgruppe können sich nicht nur Vorstands-, sondern alle rund 130 Mitglieder je nach Interesse und Zeit einbringen, wenn es um eine der 16 bis 20 Veranstaltungen und Aktionen im Jahr geht. Das Ganze funktioniert laut Schwendemann gut und er gibt zu bedenken: "Wem möchten Sie die ehrenamtliche Organisation dieser vielen Aktionen heute noch neben seinem Geschäft zumuten?"
Friesenheimer Werbegemeinschaft
Die Friesenheimer Werbegemeinschaft ist stolz auf ihr "junges und recht gut funktionierendes Team". "Das kann einiges auffangen und abfedern", berichtet Vorstandsmitglied Mark Arnold. Denn in Friesenheim fehlen aktive Mitglieder, um alles reibungslos organisieren zu können. "Daher stehen wir immer vor der Herausforderung, die Schlüsselpositionen zu besetzen", so Arnold. Er glaubt, dass das in Zukunft noch viel schwieriger werden wird, wenn sich Mitglieder nur passiv in der Werbegemeinschaft beteiligten.
Unternehmen Ettenheim
Bereits seit 43 Jahren gibt es den Verein Unternehmen Ettenheim. "Wir haben aktuell genügend Mitglieder, sie sich in der Vereinsarbeit engagieren und das Glück, dass gerade in manchen Geschäften ein Generationenwechsel eingeläutet wird. Und diese junge Generation ist motiviert, bei Unternehmen Ettenheim mitzuarbeiten", freut sich Vorstand Viktor Weber. Natürlich könnten es immer mehr sein, aber er sei zuversichtlich, dass man auch in Zukunft ein kreatives und aktives Vorstandsteam haben werde, welches eine gute Mischung zwischen den verschiedenen Generationen darstelle.
Stadtmarketing Oberkirch
Früh die Weichen Richtung Zukunft gestellt hat man in Oberkirch. "Bereits vor 14 Jahren hat die Stadtverwaltung erkannt, dass ein gutes Stadtmarketing auf Vereinsebene nicht mehr ehrenamtlich zu leisten ist, sondern hierfür Unterstützung benötigt wird", erklärt Iris Sehlinger, Geschäftsführerin des Stadtmarketings in Oberkirch. Dem Verein stehen drei Vorstandsmitglieder vor, die ihm bereits in der zweiten Amtsperiode führen. Die Personal- und Sachkosten werden von der Stadtverwaltung übernommen.
"Für unsere Arbeit ist es natürlich erleichternd, dass die Stadt hinter dem Verein steht", so Sehlinger, die für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin des Stadtmarketings von der Stadt Oberkirch freigestellt ist. In ihrer Funktion übernimmt sie nicht nur den organisatorischen und operativen Bereich, sondern fungiert auch als Bindeglied zwischen dem Vereinsvorstand und der Stadtverwaltung, um den Vorstand zu entlasten, damit dieser sich voll und ganz um die Interessen der insgesamt 145 Mitglieder aus Handel, Handwerk, Industrie, Gastronomie und Dienstleistung kümmern kann.
City Partner Offenburg
Als Anita Basler 2013 ihr Ehrenamt als Vorsitzende der City Partner Offenburg abgab, ist sie laut Meinung des damaligen Karstadt-Geschäftsführers Jörg Sembritzki "eigentlich unersetzbar". In dieser Zeit übernahm er mit Silvano Zampolli als Doppelspitze die Führung der Offenburger Einzelhandelsvertretung. Glück für die City Partner: Immerhin blieb Anita Basler dem Verein treu, unterstützte ihn weiterhin bei der Organisation von verschiedenen Aktionen und Veranstaltungen. Fünf Jahre später mussten die 68 Mitglieder des Vereins einsehen: Die ehrenamtliche Tätigkeit ist für alle Beteiligten immer schwerer zu leisten, "der Ruf nach einem Geschäftsführer in Vollzeit wurde immer lauter", sagt Achim Kirsche.
Juli 2018 übernahm er die Geschäftsführung der Einzelhandelsvertretung. Angestellt ist er bei der Offenburger Werbegemeinschaft City Partner. Die Stadt bezuschusst dabei sein Gehalt mit etwas über 50 Prozent. Damals wie heute arbeiten die City Partner auch eng mit dem Stadtmarketing zusammen, denn auch die Stadt hat sich unter anderem "die Stärkung und Belebung der Kaufkraft in der Innenstadt sowie die Organisation von Festen" auf die Fahnen geschrieben, erklärt der Stadtmarketing-Chef Stefan Schürlein auf Anfrage. Jetzt, ein Jahr nach seiner Vorstellung als neuer Geschäftsführer, zieht Achim Kirsche Bilanz und erklärt: "Die Welt läuft nun bei den City Partnern rund."
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