Massive Gewerbesteuerausfälle
Corona-Pandemie sorgt für leere Haushaltskassen
Ortenau (ds). Die Gewerbesteuer gehört zu den wichtigsten Einnahmequellen einer Kommune. Die Corona-Krise aber sorgt für massive Ausfälle, besonders hart trifft es die Gemeinde Rust, die aufgrund der Schließung des Europa-Parks mit einem Defizit von rund fünf Millionen Euro zu kämpfen hat.
Lösung für Rust
Schon im Dezember setzte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Weiß beim Landes- und Bundesfinanzministerium für eine Sonderregelung für Rust in Bezug auf den Kreditrahmen ein. Nun kann die CDU-Landtagsabgeordnete Marion Gentges einen Erfolg vermelden, die sich mit dem Fall Rust an das Innenministerium gewandt hatte: "Das Ministerium verweist auf die flexiblen Konzipierungsmöglichkeiten des kommunalen Haushaltsrechts und großzügige Auslegung von haushaltsrechtlichen Vorgaben sowie ein individuelles Vorgehen des Landratsamtes Ortenaukreis als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde." Damit bleibe bei einem einheitlichen Prüfungsmaßstab eine individuelle Betrachtungsweise durch die Rechtsaufsichtsbehörde möglich, um auch in Einzelfällen – wie der Gemeinde Rust – sachgerechte Lösungen herbeizuführen. Rusts Bürgermeister Kai-Achim Klare zeigt sich nun optimistisch: „Das Schreiben gibt unserer Rechtsaufsicht und uns ein klares Signal, dass Handlungsspielräume über das normale Maß hinaus vom Land eingeräumt werden. Wir werden nunmehr mit unseren Ansprechpartnern im Landratsamt Lösungsstrategien durchsprechen." Welche das sein können, kann das Landratsamt aktuell noch nicht näher beschreiben, da der Haushalt noch nicht vorliege. "Wir werden mit Sicherheit eine konstruktive, situationsangemessene Lösung mit der Gemeinde finden und stehen mit ihr dazu in engem Kontakt", erklärt Pressesprecher Kai Hockenjos auf Nachfrage.
Strategie für Tourismus gefordert
Im Haushalt 2020 ist die Gemeinde Rust von Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von zehn Millionen Euro ausgegangen. Tatsächlich aber sind Einnahmen von nur rund 844.000 Euro zu erwarten. "Abzüglich der Ersparnis bei der Gewerbesteuerumlage in Höhe von etwa einer Million Euro und der Gewerbesteuerkompensation durch Land und Bund von knapp drei Millionen Euro, besteht immer noch ein durch die Pandemie bedingtes Defizit von rund fünf Millionen Euro", rechnet Bürgermeister Kai-Achim Klare vor. Nach Verrechnung der bestehenden Liquidität und einer Kreditaufnahme von einer Million Euro, um das Delta zu schließen, sind 2020 die Mittel bis auf die Mindestliquidität aufgebraucht. "Für 2021 ist mit keiner substanziellen Verbesserung bei der Gewerbesteuer zu rechnen", fürchtet Klare. Die Gemeinde müsse einen substanziellen eigenen Beitrag leisten, um die Ausfälle zu kompensieren. "Gleichsam ist unsere gesamte Struktur darauf ausgerichtet, nicht nur 4.500 Einwohner, sondern bis zu 50.000 Gäste am Tag zu versorgen", erläutert der Bürgermeister. Entsprechend größer dimensioniert seien Leistungen in allen Bereichen wie Infrastruktur, Bauwesen, Ordnungswesen, Abrechnungen, Sicherheits- und Rettungswesen, Umwelt oder Tourismus. "Diese Fähigkeiten sind Grundvoraussetzung dafür, dass auch das wirtschaftliche Leben wieder anspringen kann. Eine einfache Kürzung dieser Ausgaben würde zu einer deutlichen Verschlechterung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde führen, die schließlich auch den wirtschaftlichen Aufschwung nach der Pandemie gefährden würde", stellt Kai-Achim Klare fest. In welchen Bereichen Zuschüsse gekürzt oder Gebühren und Beiträge erhöht werden müssten, werde der Gemeinderat im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen entscheiden. Klare fordert eine Strategie für den Tourismus und die durch die Ausfälle besonders hart getroffenen Kommunen, "damit auch in den nächsten Jahren die Fähigkeit bestehen bleibt, in diesen so wichtigen Sektor zu investieren".
Auswirkung auf laufende Ausgaben
Konkrete Hilfen, allerdings nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern nach dem Grad der Betroffenheit, fordert auch Sonja Schuchter, Bürgermeisterin der ebenfalls vom Tourismus geprägten Gemeinde Sasbachwalden. Von der Kompensationsregelung von Bund und Land habe die Gemeinde zwar profitiert, "aber angesichts des verbleibenden Ausfalls in 2020 und vor allem den Folgejahren ist die Hilfe nicht wirklich ausreichend". So konnte der Haushalt 2020 nur teilweise ausgeglichen werden, es verbleibt ein Fehlbetrag von 81.000 Euro. "Die Gewerbesteuer-Rückgänge wirken sich angesichts der äußerst knappen Finanzlage von Sasbachwalden nicht erst bei Investitionen, sondern bereits bei laufenden Ausgaben aus", erläutert Schuchter. Der Sanierungsstau werde weiter anwachsen, da nur allernötigste Maßnahmen durchgeführt werden könnten. Investitionen der Gemeinde seien nur mit größtmöglicher staatlicher Hilfe möglich.
Mehrbelastung durch Finanzausgleich
Die Stadt Offenburg ist trotz der voraussichtlich um zehn Millionen Euro niedrigeren Gewerbesteuer-Einnahmen in der glücklichen Lage, die geplanten Investitionen fortzuführen, um damit auch positive Impulse in die Wirtschaft zu geben. "Die durch die Corona-Pandemie entstehende Finanzierungslücke kann mit vertretbaren Maßnahmen ausgeglichen werden, zuerst durch den Einsatz unserer Rücklagen, und später gegebenenfalls durch eine vertretbare höhere Verschuldung", erklärt Peter Hotz, Fachbereichsleiter Finanzen, auf Anfrage. Bereits im Rahmen des Doppelhaushalts 2020/21 wurden coronabedingte Mindereinnahmen beziehungsweise Mehrausgaben in Höhe von 28 Millionen Euro für den Zeitraum 2020 bis 2023 eingeplant. Voraussichtlich 15,9 Millionen Euro Kompensationsmittel kann die Stadt Offenburg für 2020 erwarten. "Diese vermeintliche Überkompensation wirkt sich jedoch aufgrund der Regularien im Finanzausgleich negativ im Jahr 2022 aus, so dass dort mit hohen Mehrbelastungen zu rechnen ist, die diese Überkompensation wieder vollständig ausgleichen", erklärt Hotz. Aus Sicht der Kommunen seien auch für 2021 weitere Ausgleichsmittel erforderlich, mit deren Hilfe die coronabedingte Darlehensaufnahme reduziert werden könnte.
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