IHK Südlicher Oberrhein im Wandel
Strukturen wie bei Behörden
Lahr. Als der Stadtanzeiger Verlag 1972 gegründet wurde, hatte Wolfagng L. Obleser natürlich auch mit der IHK Kontakt. Diese hat sich in all den Jahren ebenfalls verändert. Hartmut Möller, früherer Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung bei der IHK Südlicher Oberrhein, blickt zurück:
„Die IHK Südlicher Oberrhein existiert in ihrer heutigen Form seit 1973, vorher gab es die IHK Lahr und die IHK Freiburg. Der Wandel zum Dienstleister begann Anfang der 1990er-Jahre. Ich kam 1992 zur Kammer, als stellvertretender Abteilungsleiter Berufsbildung in Lahr. Zuvor war ich in der Industrie und ich muss gestehen: Die behördenähnlichen Strukturen waren ein Schock für mich. Der Anstoß zur Neuaufstellung kam vom damaligen Hauptgeschäftsführer Dr. Norbert Euba. Ab diesem Zeitpunkt gab es eine Trennung zwischen dem hoheitlichen Bereich, also dem Bereich der Ausbildung mit ihren Prüfungen, und dem privatwirtschaftlichen Bereich, also den Dienstleistungen für die Mitglieder, die die Kammer zusätzlich bietet. In vielen Workshops hatten Führungskräfte und Mitarbeitende die Möglichkeit, den Wandel mitzugestalten.
1994 kam dann die große Reform der IHK Südlicher Oberrhein. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es jeden Geschäftsbereich einmal in Lahr und einmal in Freiburg. Diese Doppelstruktur hat die Kammer damals aufgegeben. Präsident Georg Fröhner, 1997 gewählt, brachte dann Lean Management in die IHK, um effiziente Dienstleistungsstrukturen zu schaffen. 2002 wurde ich Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung.
Der Fachkräftemangel, wie er die Kammer heute beschäftigt, gab es schon einmal, und zwar Mitte der 1980er-Jahre. Anfang der 1990er-Jahre folgte dann, nach der Wende, eine Rezession. Der Bewerberüberhang auf viel zu wenige Ausbildungsstellen blieb bis zur Jahrtausendwende. Schon damals habe ich den IHK-Mitgliedsbetrieben geraten: 'Bildet über Bedarf aus!' Bereits zu Beginn meiner Tätigkeit als Geschäftsbereichsleiter habe ich ihnen aufgezeigt, dass der demografische Wandel kommen wird. Auch den Handel und die Gastronomie habe ich gewarnt, dass sie aufgrund ihrer Arbeitszeiten und weiterer Faktoren Schwierigkeiten bekommen werden, Fachkräfte zu finden. Leider muss man sagen: Viele Betriebe haben alle Zeichen verschlafen. Nur die wenigsten haben meine Warnungen ernst genommen und rechtzeitig reagiert.
Die Zeiten haben sich hier deutlich geändert: Die Ausbildungsbetriebe mussten lernen, auch den schwächeren Schulabgängern eine Perspektive zu geben. Die IHK hat parallel zu dieser Entwicklung immer wieder neue Unterstützungsangebote geschaffen, auch wenn hierfür umfangreiche personelle und finanzielle Ressourcen erforderlich waren.
Fachkräftemangel
Als ich Ende 2015 mit 65 in den Ruhestand gegangen bin, war der Fachkräftemangel wohl auch das größte ungelöste Problem, das ich an meinen Nachfolger weitergeben musste. Obwohl wir schon 2012 durch den zunehmenden Trend zum Studium unter anderem auch die Studienabbrecher als Zielgruppe erkannt hatten.
Blick in die Zukunft
Ich denke, wenn sich die Industrie- und Handelskammer weiterhin gut aufstellt, wird es sie auch in 25 Jahren noch geben. Aber sie muss auf die Interessen der Unternehmen eingehen und diese in allen Bereichen mit passgenauen Dienstleistungen unterstützen! Einen Rückzug allein auf die hoheitlichen Themen halte ich nicht für sinnvoll, auch wenn manch andere Kammern in Deutschland dies möglicherweise derzeit im Blick haben. Auch das Prüfungswesen sollte bei den Kammern bleiben, denn ich kann mir nur schwer effizientere und weiterhin praxisnahe Prüfungen unter staatlicher Regie vorstellen. Der Beitrag, der hier über die ehrenamtliche Tätigkeit von praxiserfahrenen Mitarbeitern aus den Mitgliedsbetrieben geleistet wird, ist einfach unbezahlbar. Trotz der inzwischen recht breiten Palette an Dienstleistungsangeboten: Die Kammern müssen immer auch das hohe Gut des öffentlich-rechtlichen Auftrags bewahren. Davon war ich während meiner Kammerzeit überzeugt und bin es noch heute.“
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