Spannende Weingeschichte
Einige Premieren im Glas für Weinfreunde
Offenburg (st) Rund 200 Jahre umfasste die Reise durch die Weingeschichte, über die Wein-Guide Torsten Sälinger die Teilnehmer bei der „Fachlichen Weinprobe“ in der Winzergenossenschaft Rammersweier führte. Thema waren die im 19. Jahrhundert aus Amerika eingeschleppten Schädlinge, denen die europäischen Rebsorten völlig schutzlos ausgesetzt waren. Der Bogen wurde gespannt von der Entdeckung des Echten Mehltaus in England bis zur den fatalen Auswirkungen, den die — am Mittwoch, 22. November, vom Europaparlament mit knapper Mehrheit abgelehnte — „Verordnung über den nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (SUR)“ für den Weinbau gehabt hätte.
Wie der Mehltau nach Europa kam
Fast 400 Jahre nach der Entdeckung Amerikas konnten auch lebende Pflanzen nach Europa transportiert werden. Durch technische Erfindungen, wie hermetisch abgeschlossene Transportbehälter, nach ihrem Erfinder „Wardsche Kästen“ genannt, schnellere Dampfschiffe, die Segelschiffe ablösten und die Erfindung der Schiffsschraube, wurden die einst monatelangen Reisezeiten zwischen Amerika und England auf wenige Tage verkürzt. Doch mit den Pflanzen kamen auch die amerikanischen Plagen für den Weinbau nach Europa: 1844 der Echte Mehltau (Oidium), 1862 die Reblaus, 1878 Falscher Mehltau (Peronospora) und 1885 die Schwarzfäule. In nur vier Jahrzehnten brachten diese damals unbekannten Pilze und die Reblaus, gegen welche die europäischen Edelreben keinerlei Widerstandskräfte besaßen, den Weinbau in ganz Europa an den Rand des Untergangs. Erst einmal angekommen, haben sie sich schnell über den ganzen Kontinent ausgebreitet und nie wieder verlassen. „Beim Einsatz von Fungiziden im Weinbau geht es nicht darum, mehr Trauben ernten zu können, sondern überhaupt ernten zu können. Das Ziel bei der Züchtung widerstandsfähiger Rebsorten (PiWis) ist es immer mehr auf die notwendigen Spitzmittel verzichten zu können und dabei gute Weinqualitäten zu erzielen“, fasste Sälinger zusammen.
Neue Sorten, die Pilzen widerstehen
Neben viel geschichtlichen und fachlichen Hintergründen brachte Sälinger passend zum Motto auch wieder die „Zukunft in Glas“. Gleich zu Beginn gab es einen einzigartigen Begrüßungssekt. Ein „Calardis Blanc Brut“, eine Neuzüchtung des Institutes für Rebenzüchtung Geilweilerhof im pfälzischen Siebeldingen aus dem Jahr 1993. Die weiße Rebsorte bei der 80 Prozent Pflanzenschutz eingespart werden kann, wurde von dem Institutsleiter und Züchter Prof. Dr. Reinhard Töpfer in seinem privaten Weingut, das er im Nebenerwerb mit seiner Tochter betreibt, auf 26-monatigem Hefelager ausgebaut. Auch der nachfolgende Wein, vom VDP-Weingut Villa Monrepos der Hochschule Geisenheim, war eine besondere Premiere an dem Abend. Die nach der Beethoven-Oper benannte, pilzwiderstandsfähige Rebsorte Fidelio wurde 1981 in der Hesssischen Rebforschungsanstalt gekreuzt und dort vor zwei Wochen erstmals auf Flasche gefüllt. Selbstverständlich wurden auch die PiWi-Weine der Winzergenossenschaft Rammersweier in der Weinverkostung vorgestellt. Schließlich sind die Rammersweierer Winzer auf diesem Gebiet die Pioniere in der Ortenau. Bereits 2003 waren die ersten Solaris-Reben gepflanzt worden. Noch vor Weihnachten wird es neben Solaris, Muscaris und Souvignier gris auch erstmals in der Vinotek in Rammersweier den roten Cabernet Cortis geben, den die Teilnehmer des Weinprobe bereits als Vorpremiere probieren konnten.
Die nächste fachliche Weinprobe „Zukunft ins Glas“ ist für den 2. März 2024 vorgesehen. Am 7. April 2024 soll zum zweiten Mal die „Große Weinverkostung“ mit Zukunftsweinen der Ortenauer Weinbaubetriebe in der Kelterhalle der Rammersweierer Winzer stattfinden.
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