Landgericht zieht Bilanz
Mehr Fälle erledigt als eingegangen sind
Offenburg (ds/st) "Es ist wichtig, dass wir erklären, was die Justiz tut, um mehr Vertrauen zu schaffen", so die einführenden Worte des Präsidenten Dr. Jens Martin Zeppernick zum Jahrespressegespräch des Landgerichts Offenburg (LG). Zusammen mit Pressesprecherin Dr. Anne Doll zog er am Montagmorgen Bilanz und ging dabei sowohl auf die Bandbreite der Verfahren ein als auch auf die Entwicklung der Fallzahlen und deren Erledigung.
Verfahren werden schnell erledigt
So konnte Zeppernick bekannt geben, dass wie bereits seit 2020 im vergangenen Jahr mehr Fälle, die sich aufgestaut hatten, erledigt, also abgearbeitet werden konnten, als eingegangen sind: 1.165 Zivilverfahren sind 2022 beim LG Offenburg eingegangen, gleichzeitig konnten 1.252 Verfahren erledigt werden. Das gleiche Bild bei den Strafverfahren: 31 Eingänge bei 39 Erledigungen. Zeppernick betonte, dass Verfahren am Landgericht Offenburg im Vergleich zum Landesdurchschnitt regelmäßig schnell erledigt werden konnten. So betrug die Verfahrensdauer in Zivilverfahren am LG Offenburg im Jahr 2022 im Schnitt 9,6 Monate, im Oberlandesgerichtsbezirk (OLG) 10,8 Monate. Die Dauer der Schwurgerichtsverfahren, bei denen es um Totschlag oder Mord geht, betrug durchschnittlich 7,7 Monate in Offenburg, im OLG-Bezirk 9,6 Monate. Dies sei nur möglich gewesen, weil alle Bediensteten mit großem Einsatz und als Team zusammengearbeitet hätten. "Lange dauert es immer dann, wenn wir Sachverständige brauchen. Und da das Leben immer komplexer wird, brauchen wir auch immer mehr Sachverständige", unterstrich der Landgerichtspräsident.
Insgesamt konnte das Landgericht im Jahr 2022 einen Rückgang der Fallzahlen verzeichnen und erreichte damit wieder Eingangszahlen wie im Jahr 2017 vor der Klagewelle in Diesel-Sachen. Ob die Fallzahlen weiter zurückgehen, bleibe abzuwarten, meinte Richterin Anne Doll und verwies auf aktuelle Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs zu den Dieselverfahren, deren Auswirkungen noch nicht endgültig absehbar seien.
Bandbreite der Verfahren
Die Bandbreite der in den vergangenen Monaten verhandelten Verfahren ist vielfältig: So ging es im Zivilrecht beispielsweise um hochwertige Relax-Sessel mit Knackgeräuschen, um ein gebrauchtes Sportboot mit Motorschaden und um einen Armbruch in einem Indoor-Spielplatz. Im Strafrecht hatten sich die Richter unter anderem mit Totschlagsdelikten, Brandstiftung und Maskenattesten auseinanderzusetzen.
Äußerst positive Bilanz zog der Landgerichtspräsident hinsichtlich des zum 1. Januar eingeführten hauptamtlichen Bereitschaftsdienstes im Bezirk. Bereitschaftsrichter sind außerhalb der regulären Dienstzeiten tätig und kümmern sich um Haftsachen oder andere besonders eilbedürftige Verfahren, die nicht bis zum nächsten Tag warten können, etwa wenn es um eine Fixierung in einer Psychiatrie geht. Seit 2023 wird diese Aufgabe nur noch von einer kleinen Gruppe von acht spezialisierten Richtern bearbeitet, die etwa ein Fünftel ihrer Arbeitszeit dafür aufbringen. "Durchschnittlich fünf Verfahren pro Woche müssen im Rahmen des Bereitschaftsdiensts bearbeitet werden", erläutert Jens Martin Zeppernick.
Personelle Wechsel
Auch die vielen personellen Wechsel waren Thema des Pressegesprächs. Der Vizepräsident des Landgerichts, Dr. Holger Haßmann, wurde am 25. Juli zum Vorsitzenden eines Senats für Arzthaftungsrecht am Oberlandesgericht Karlsruhe befördert, weshalb die Vizepräsidentenstelle am Landgericht Offenburg aktuell vakant ist. Nach dem Weggang von Richtern neu besetzt werden konnten bereits zwei Stellen im Zivilrecht. Hannah Decker und Dr. Linda Hemmes sind die beiden neuen Richterinnen, die das Landgericht seit Juni und Juli verstärken. Richterin Hannah Decker war zuvor bei der Staatsanwaltschaft Offenburg tätig. Für Richterin Linda Hemmes ist es die erste Stelle in der Justiz, nachdem sie zuvor ihr Referendariat am Landgericht Offenburg abgeschlossen hat. Im Strafrecht wird Thalia Fix ab dem 15. August Richter Johannes Messerschmidt ersetzen, der zur Staatsanwaltschaft Freiburg wechselt. „Ich freue mich sehr, dass wir die Stellen mit Hilfe des Justizministeriums so schnell neu besetzen konnten“, bedankte sich Präsident Jens Martin Zeppernick.
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