Baumschnitt nur bis Ende Februar
Griff zur Säge bringt gute Ernte
Offenburg (st) Die meisten Obstbäume danken es einem mit einer guten Ernte, wenn sie im Januar und Februar kräftig zurückgeschnitten werden, erinnert die Stadt Offenburg in einer Pressenmitteilung. Auch sieht der Laie an den nun blattlosen Bäumen besser, wo ein Ast oder ein Schössling zu viel ist.
Den winterlich kahlen Baumgerippen am Spitalberg ist derzeit kaum anzusehen, dass daran im Sommer ein "Kaiser Wilhelm" wächst, ein "Geheimrat Oldenburger", ein "Berlepsch" oder ein "Ulmer Polizeiapfel" aus Renchen. Wenn Gerhard Schröder kommt, dann wissen die teils 40 und 50 Jahre alten Apfelbäume in der Waldbachsenke bei Zell-Weierbach schon: Jetzt ist der Winterschnitt dran. Die kleine Schere lässt der Landschaftsgärtner dabei aber zu Hause. Damit die alten Bäume – wie auf dieser städtischen Streuobstwiese – weiter gut tragen, muss er großzügig und beherzt an die Arbeit gehen.
Laut Bundesnaturschutzgesetz ist es lediglich in der Zeit zwischen Oktober und Ende Februar erlaubt, Gehölze – Hecken, Sträucher und Bäume – zurückzuschneiden. Doch es gibt Ausnahmen: In der Erwerbs-Obstwirtschaft dürfen die Landwirtschaftenden eigentlich das ganze Jahr schneiden. "Traditionell haben wir nun mal gerade im Winter am meisten Zeit dazu", erklärt der Landschaftsgärtner und Vorsitzender des Fördervereins Ortenauer Streuobst Anbau (FOSA).
Erhalt durch Nutzen
Der Förderverein pflegt in Kooperation mit den Technischen Betrieben Offenburg die städtischen Streuobstwiesen. Streuobstwiesen zählen zu den artenreichsten Biotopen in Mitteleuropa mit bis zu 5.000 verschiedenen Pflanze und Tierarten. "Wir haben hier Pilze und Flechten an den Bäumen" wie in tollen Naturwäldern und das spricht für einen perfekten Standort, so der Fachmann.
Neue Streuobstwiesen entstehen in Offenburg als Ausgleichsflächen für Neubaugebiete. Dem Verein geht es um das Erhalten der kulturellen Vielfalt an Apfelsorten durch Nutzen. In Deutschland gibt es zwischen zwei bis 3.000 Apfelsorten; im Supermarkt lediglich ein Dutzend. Einige dieser alten Sorten sind darüber hinaus auch für Apfel-Allergiker gut verträglich, und den Ortenauer Verein erreichen regelmäßig Anfragen.
Alte Sorten gut verträglich
Die "Goldparmäne" gab es noch vor mehr als 50 Jahren im Geschäft zu kaufen, erzählt Schröder. Am Spitalberg – in der Waldbachsenke in Richtung Zell-Weierbach – wächst auch der "Dundenheimer Schätzler" oder der "Kohlenbacher", der auch "Christkindler" genannt wird. "Wenn Sie in einen `Nägele´, auch eine regionale Sorte, zur richtigen Reifezeit reinbeißen", schwärmt er, "dann spritzt der Saft schon beim Reinbeißen. Das ist ein unbeschreibliches Geschmackserlebnis."
Viele der 140 Obstbäume begleitet Gerhard Schröder schon seit seiner Ausbildungszeit in der damaligen Stadt-Gärtnerei: "Hier auf dem Spitalberg habe ich vor 37 Jahren von dem damaligen Meister meine ersten Schnitte gelernt." Generell nutze er nur die große Astschere oder die Teleskop-Motorsäge, und versuche mit wenigen Schnitten, viel zu erreichen: "Es geht darum auszulichten, denn wir wollen ja große Äpfel haben". Je mehr Triebe, desto mehr Blüten bekomme der Baum. Viele Blüten bringen zwar viele, aber dafür kleine Früchte.
Schnitt im rechten Winkel
Bei einem Baum im Garten, erklärt Gerhard Schröder, kann man sich die Zeit nehmen, schöne gerade Schnitte – also im rechten Winkel – zu setzen. Er will es aber nicht so genau nehmen, ein Schnitt darf auch mal schräg sitzen. Vor allem im Erwerbsobstbau müsse man da ökonomisch denken und hat viele Bäume zu pflegen. Und: Wirklich "kaputt schneiden" könne man einen Baum eigentlich nicht, sagt er. Es gilt die Grundregel: Alles was kerzengerade nach oben wächst, muss weg. Die waagerechten Äste, das sind die, die Früchte tragen. Schnittwunden versorgt er erst ab einer Größe eines Zwei-Euro-Stücks mit schützendem Baumwachs oder Lackbalsam.
Misteln – für viele Glücksbringer – sind für die Bäume aber lästige Schmarotzer, die sie zugrunde richten können. "Die Mistel setze sich oben drauf und bildet innerhalb der Äste und des Stammes Wurzeln und saugen die Bäume sprichwörtlich aus", erklärt Schröder. Deswegen schneidet er den Ast um die Mistel großzügig ab, sobald er eine entdeckt. Wenn die Mistel direkt angeschnitten wird, heftet sie sich deren Saft an der Schneide an und der nächste Schnitt überträgt die Mistel an die nächsten Stelle. Da hilft nur Schnittflächen desinfizieren.
Schnittkurs im Februar
Der Förderverein Ortenauer Streuobst Anbau (FOSA) veranstaltet am Samstag, 3. Februar, einen Obsthochstamm-Schnittkurs auf der Streuobstwiese am Spitalberg bei der Waldbachsenke. Der Schnittkurs wird von Obstbauberaterin Miriam Pfundstein geleitet. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt. Die Anmeldung ist bis Donnerstag, 1. Februar, per E-Mail unter FOSA-Offenburg@web.de. Weitere Informationen zum Kurs unter www.FOSA-Offenburg.de.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.