Schwere Geburt mit der natürlichen Entbindung
Lahr. Viel Anlass zur Diskussion bietet derzeit das Thema Versicherungsschutz für
freiberufliche Hebammen. Bislang konnte kein Versicherer gefunden
werden, der die Hebammen ab Juli 2015 unter Vertrag nimmt. Mit der
„Kampagne für die natürliche Geburt“, die auch vom Ortenau Klinikum
unterstützt wird und einer Bundesratsinitiative zu diesem Thema setzt
sich die grünrote Landesregierung für die freiberuflichen
Geburtshelferinnen ein.
Am Montag besuchte nun die grüne Landtagsabgeordnete Sandra Boser die Lahrer Hebammenschule – die einzige im Ortenaukreis und eine von sieben Schulen in Baden-Württemberg – und sprach mit dem neugestarteten Kurs und der Schulleitung über die Sorgen
und Aufgaben, die den Hebammennachwuchs umtreiben.
„Die Bewerberinnen-Zahlen nehmen ab“, sagte Meike Kolfenbach, Schulleiterin
und Kreisvorsitzende des Hebammenverbands. Trotzdem starteten aktuell 18
Auszubildende den dreijährigen Kurs in Lahr. Über 100 Bewerbungen seien
es immer noch, aus denen sie zusammen mit ihrer Leitungskollegin Liane
Braun ausgewählen konnte. Ein Drittel freiberufliche, ein Drittel
festangestellte Hebammen gebe es in der Ortenau. Das andere Drittel
arbeite in beiden Segmenten. „Die Politik ist nun gefragt, eine Lösung
zu finden. Den Müttern hingegen kann man nur raten, noch vor September
schwanger zu werden“, beschrieb Kolfenbach die derzeitige Pattsituation
im Ringen um einen neuen Versicherer.
„Wir wollen die natürliche Geburt unterstützen und dabei sind Hebammen wichtige Begleiterinnen“, betonte Boser. Interessanter Aspekt zur finanziellen Frage Kaiserschnitt
oder natürliche Geburt: im Durchschnitt liegt die Kostenerstattung
durch Krankenkassen bei rund 2300 Euro für eine natürliche Geburt, und
bei rund 3450 Euro für einen Kaiserschnitt. 18 Prozent betrage der
Frauenanteil unter den Landtagsabgeordneten, so Boser, und bestätige,
dass die Debatte auch eine Geschlechterfrage beinhalte. „Ginge es um
Kfz-Auszubildende wäre wohl eine schnellere Lösung möglich“, so Braun.
Im Ortenau Klinikum gebe es auf 24,75 Stellen 38 angestellte Hebammen in
Achern, Oberkirch, Kehl und Lahr und 25 freiberufliche Beleghebammen in
Offenburg, teilt Klinikumssprecher Christian Eggersglüß auf Anfrage mit.
„Die Forderungen der freiberuflichen Hebammen sind berechtigt. Der
Gesetzgeber und die Krankenkassen müssen die Voraussetzungen dafür
schaffen, dass Berufshaftpflichtversicherungen angeboten werden und bei
steigenden Prämien die Vergütungen entsprechend angehoben werden“,
erklärt Eggersglüß die Position des Ortenau Klinikums.
Die Vorgeschichte: Ab Juli 2015 haben freiberuflich tätige Hebammen in
Deutschland keine Haftpflichtversicherung mehr. Dies bedeutet das Aus
für die Versorgung der Bevölkerung mit freiberuflichen
Hebammenleistungen, insbesondere mit Geburtshilfe. Die Nürnberger
Versicherung steigt zum 1. Juli 2015 aus den beiden letzten verbliebenen
Versicherungskonsortien für Hebammen aus. Sowohl beim Deutschen
Hebammenverband (DHV) als auch beim Bund freiberuflicher Hebammen
Deutschlands (BfHD) ist offen, wer die Hebammen dann noch versichert.
Zahlreiche Anfragen bei alternativen Versicherungsunternehmen im In- und
Ausland blieben bisher erfolglos.
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