Volker Schuchardt war Chefarzt der Neurologie in Lahr
Zusammenhang von Krankheit und Kreativität

„Künstler machen das, was wir kennen, auf andere Weise sichtbar“: Prof. Dr. Volker Schuchardt, früherer Chefarzt in Lahr.  | Foto: Michael Bode
  • „Künstler machen das, was wir kennen, auf andere Weise sichtbar“: Prof. Dr. Volker Schuchardt, früherer Chefarzt in Lahr.
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Lahr. Wo nur soll man anfangen, um das annähernd zu beschreiben, was Prof. Dr. Volker Schuchardt tat, bewegt hat und weiterhin bewegt? Über 20 Jahre war der heute 68-Jährige Chefarzt der Neurologischen Abteilung am Lahrer Klinikum, erlebte medizinische Fortschritte und Probleme im Kranken-hauswesen, engagiert sich heute noch als Vorsitzender des Freundeskreises Klinikum Lahr und hat ein besonderes Gebiet entdeckt, das es zu erforschen gilt: den Zusammenhang zwischen Krankheit und künstlerischer Kreativität. Neben Erkrankungen wie Schizophrenie und Depressionen spielen dabei auch Schlaganfälle eine Rolle, deren Behandlung er sich neben Autoimmunerkrankungen des Nervensystems als Chefarzt insbesondere widmete. 1998 wurde dafür eine Station als regionaler Schwerpunkt eröffnet.

Vielfältig waren seine beruflichen Stationen. Kurzer Auszug: Medizinalassistent bei Prof. Dieter Janz an der Neurologischen Klinik der Freien Universität Berlin, neurochirurgische Ausbildung bei Prof. Reinhold Frowein an der neurochirurgischen Uniklinik Köln, Wechsel zur dortigen neurologischen Uniklinik unter den Professoren Scheid und Stammler, Anerkennung als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Oberarzt an der Rheinischen Landesklinik in Bonn und an der Uniklinik in Heidelberg, beides zusammen mit Prof. Robert Heitmann. Dann – zum 1. Juni 1995 – der Wechsel als Chefarzt an das Ortenau Klinikum in Lahr.

Jetzt also seit dem 1. Oktober 2016 im Ruhestand und in der Wohnung mit Blick auf das Lahrer Klinikum empfängt ein überaus aufgeräumter, agiler Prof. Dr. Volker Schuchardt, der keinen Zweifel lässt, welchen Einfluss Lehrmeister wie zum Beispiel Prof. Heitmann auf sein Berufsbild und Entwicklung hatten. „Tolle Leute“ hatte er da kennengelernt, die ihm auch vermittelten, was seine weitere Tätigkeit prägen sollte: „Wichtig ist das Gefühl für den Menschen. Der Patient muss sich geborgen fühlen.“

Doch fällt das Ärzten angesichts von Kosten- und Zeitdruck heute nicht schwerer als früher? „Junge Ärzte können heute viel mehr als früher, man kann heute Krankheiten behandeln, die früher nicht behandelbar waren“, weiß Schuchardt. Doch sei das „Hauptproblem die Verdichtung der Arbeit“ durch Kostendruck. Schuchardt: „Man kann Medizin nicht machen wie Kühlschränke in einer Fabrik.“ Benötigt werde insbesondere „viel mehr Pflegepersonal“.

Gefühle hat der Vater zweier Söhne und Töchter und zweifache Opa neben der Medizin und den Patienten auch für die Kunst und Künstler entwickelt. Selbst Hobbymaler, beschäftigt er sich mit Zusammenhängen zwischen neurologischen und psychischen Erkrankungen, Kunst und Kreativität. Intensiv erforscht er das Leben und in verschiedenen Lebensabschnitten entstandene Werke von Künstlern wie Vicent van Gogh, Claude Monet, Camille Claudel und Lovis Corinth. Van Gogh beispielsweise, der sich 1888 das linke Ohr abschnitt, war seinen Recherchen zufolge in der Schule nicht lernfähig, hat sich in Theologie versucht, was nicht klappte, litt an einer Mischung zwischen Depression und Schizophrenie, trank viel Alkohol, hatte epileptische Anfälle. Dabei erschuf der Maler weltberühmte Werke, deren auch materiellen Werte inzwischen quasi ins Unermessliche stiegen.

Ein Thema, das auch den Besucher interessiert. Wie ist das zum Beispiel bei musikalischen Künstlern des Rock und Blues wie Hendrix, Joplin oder Morisson, aber auch der klassischen Musik wie Beethoven, Bach oder Mozart? Schuchardt ist bei seinen Recherchen auf Bildende Kunst konzentriert. „Künstler machen das, was wir kennen, auf andere Weise sichtbar“, sagt er, wobei es Künstler gebe, „die auf der Höhe ihrer Geisteskrankheit besonders kreativ sein können“.
Intensiv beschäftigt sich Schuchardt derzeit beispielsweise mit dem österreichischen Maler Gustav Klimt. Zeitlebens lebte der 1862 geborene, 1918 in Wien verstorbene Maler bei seiner Mutter, war nie verheiratet, hatte aber vielerlei Beziehungen zum weiblichen Geschlecht und zeugte so 14 uneheliche Kinder. Man darf gespannt sein, was bei den weiteren Recherchen von Prof. Dr. Volker Schuchardt auch zu diesem Thema herauskommt. Ein Vortrag ist geplant. Norbert Rößler

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