Geschichte lebendig machen
Norbert Klein leistet Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit
Lahr. Viel Zeit mit seiner Frau verbringen, das steht für Norbert Klein jetzt an erster Stelle. Denn Beruf und Ehrenamt nahmen jahrzehntelang sehr viel Platz im Leben des Lahrers ein. Seit einigen Monaten genießt der 61-Jährige nun nach 44 Dienstjahren bei der Polizei seinen Ruhestand, untätig ist er deswegen aber noch lange nicht. Denn seine Lebensdevise lautet: "Wenn du etwas kannst, bringe deine Fähigkeiten ein und wenn du etwas weißt, gib dieses Wissen an andere Menschen weiter."
"Ich sitze oft stundenlang am PC und bereite meine Vorträge vor", gibt der erste Vorsitzende der Regionalgruppe Geroldseckerland des Historischen Vereins Mittelbaden zu. Sein Spezialgebiet: die Lebensschicksale der jüdischen Bewohner des Amtsbezirks Lahr. Seinen ersten Vortrag hierzu hat Klein bereits 2003 gehalten. "Damals habe ich erstmals auch die Täter benannt, allerdings nicht um anzuklagen, sondern um darauf aufmerksam zu machen, dass wir wahrscheinlich auch mitgemacht hätten", so Norbert Klein. Hauptsächlich leiste er mit seinen Vorträgen Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit, so auch in den Fördervereinen zum Erhalt der ehemaligen Synagoge in Kippenheim und Altdorf sowie im deutsch-israelischen Arbeitskreis Ettenheim. "Ich möchte damit vor allem der Opfer gedenken", betont er. Immer wieder stelle er aber fest, dass er damit auf Widerstand stoße, "weil manche immer noch nicht die Wahrheit hören wollen". Doch Norbert Klein will Geschichte greifbar machen und geht deswegen mit seinen Vorträgen schon seit Jahren auch ganz bewusst an Schulen. Sein aktueller Vortrag beschäftigt sich mit dem Schicksalsweg der Lahrer Juden zwischen 1938 und 1942. "Diesen Weg möchte ich nun noch zu Ende gehen und mir die Lager ansehen, etwa in Gurs und Rivesaltes, wohin die badischen Juden deportiert wurden", blickt Klein auf sein nächstes Projekt.
Sport bereitet Weg ins Ehrenamt
Wissen vermitteln wollte Norbert Klein schon als junger Erwachsener: "Ich war damals aktiver Leichtathlet und wollte Sportlehrer werden, das ging mit einem Realschulabschluss aber nicht", erzählt er. Als sich Klein dann aber für eine Ausbildung bei der Bereitschaftspolizei in Lahr entschied, wurde er mit gerade einmal 18 Jahren zum Sportausbilder der gesamten Hundertschaft. Ausbildung und Fortbildung waren fortan Bereiche, in denen er bis zu seinem Ruhestand tätig war, etwa als Fachlehrer oder stellvertretender Leiter der Polizeischule. Dabei blieb er der Leichtathletik treu, bis 2010 sogar aktiv als Zehnkämpfer. "Besonders stolz bin ich auf eine seltene Vielseitigkeitskombination: auf meine Bestleistung von 13,25 Meter im Kugelstoßen und 3:09:48 Stunden im Marathon", berichtet er.
Die Leichtathletik brachte ihm aber nicht nur sportliche Erfolge, sondern bereitete ihm auch den Weg ins Ehrenamt: "Irgendwann hat es mich interessiert, wie gut meine Konkurrenten sind und ich habe angefangen, Bestenlisten zu führen. Und ehe ich mich versah, war ich Leichtathletik-Kreisstatistiker, später außerdem Kampfrichter", erzählt er schmunzelnd.
Deutliche Spuren hat der Vater eines Sohnes auch im Alpenverein hinterlassen. 1993 in die Lahrer Sektion eingetreten, gründete er 1994 eine Familiengruppe. "Unser Sohn war damals sechs Jahre alt und ich wollte etwas mit und für meine Familie, aber auch für andere Familien tun", so Norbert Klein, der ergänzt: "Wenn ich mich engagiere, dann auch für andere." Jahrelang hat Klein sein Herzblut in die Familiengruppe gesteckt und stets lohnende Ziele für Kinder rausgesucht. "Wir haben 40 Burgruinen im Elsass angeschaut", berichtet Norbert Klein, dem außerdem die Organisation des gesamten Jahresprogramms mit Wanderungen in den Vogesen, Klettertrainings und Alpentouren oblag. Seit 2009 ist er erster Vorsitzender des Lahrer Alpenvereins, der in dieser Zeit einen Mitgliederzuwachs von 950 auf 1.350 zu verzeichnen hat. Für jedermann sichtbares Zeichen seiner Vorstandschaft ist die Kletteranlage auf dem ehemaligen Landesgartenschaugelände.
Weil die Kleins die vergangenen Jahre meist nur im Elsass gewandert sind, wollen sie ihre gemeinsame freie Zeit nun dazu nutzen, den Schwarzwald zu entdecken. "Schließlich gibt es hier auch sehr viele schöne Flecken", freut sich Norbert Klein. Daniela Santo
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