Paare ohne Trauschein
Rechtlicher Schutz fehlt
Lahr (ds). Auch wenn die Ehe nach wie vor die traditionelle Form ist, so leben aktuell doch rund 300.000 Paare in Baden-Württemberg ohne Trauschein zusammen. Im Gegensatz zu Eheleuten, die in vielen Bereichen gesetzlich geschützt sind, müssen diese Paare eigenständig vorsorgen und Themen wie Krankheit, Tod, Sorgerecht, Pflege oder Trennung selbst regeln. Jürgen Brinkmann, spricht am Mittwoch, 3. April, um 19 Uhr in der Volkshochschule Lahr zum Thema "Paare ohne Trauschein – Paare ohne Eintragungen". Im Gespräch mit der Guller-Redaktion geht er bereits im Vorfeld auf die wichtigsten Punkte ein.
Finanzieller und persönlicher Bereich
"Prinzipiell muss man den finanziellen und den persönlichen Bereich betrachten, den Paare ohne Trauschein besonders regeln müssen", so Brinkmann. So sei man beispielsweise in einer Lebensgemeinschaft nicht zum gegenseitigen Unterhalt verpflichtet. Dem Vater eines gemeinsames Kindes nicht verheirateter Eltern stehe grundsätzlich nicht das Sorgerecht zu. Im Krankheitsfall etwa bekomme der Lebenspartner im Gegensatz zum Ehepartner keinerlei Auskünfte. "Ohne Trauschein gibt es außerdem keine Erbansprüche, ein gemeinschaftliches Testament ist nicht möglich", zählt der Anwalt weiter auf. Sterbe ein Ehepartner, so habe der andere steuerliche Vorteile mit einem Freibetrag von 500.000 Euro. "Ohne Trauschein liegt der Freibetrag wie bei jedem anderen auch bei 20.000 Euro", zeigt Jürgen Brinkmann auf. Einen Witwer- oder Witwenrentenanspruch hätten auch nur Eheleute.
Vereinbarungen schließen
"Steuer oder Rente sind per Gesetz festgelegt, das können keine unter Partnern geschlossenen Vereinbarungen ändern", betont Brinkmann. Allerdings rät er ausdrücklich dazu, andere Bereiche schriftlich und durch Unterschrift besiegelt zu regeln, auch wenn sich die Rechtssprechung mittlerweile, etwa bei vermögensrechtlichen Fragestellungen, in einigen Fällen an den Vorgaben für Ehepaare orientiere. "So sind aber eine Vorsorgevollmacht sowie eine Betreuungs- und Patientenverfügung für Paare ohne Trauschein viel wichtiger als für Ehepaare", nennt er Beispiele. Auch sollte das Sorgerecht festgeschrieben werden, vor allem im Todesfall. Das gelte nicht nur für gemeinsame Kinder, sondern auch für den Fall, wenn eine geschiedene Mutter ihr eheliches Kind in eine eheähnliche Lebensgemeinschaft mitbringt. "Dann hat der Stiefvater kein Sorgerecht für das Kind der verstorbenen Partnerin. Rechtlich ist er quasi handlungsunfähig, denn das Sorgerecht hat der geschiedene Ehemann", erläutert Jürgen Brinkmann. Wenn gemeinsames Vermögen angeschafft wurde, müsse festgehalten werden, wer es bezahlt habe und wie es im Fall einer Trennung aufgeteilt werde, so Brinkmann weiter.
Wer zu seinem Lebenspartner in eine bereits angemietete Wohnung ziehe, sollte sich im Mietvertrag aufführen lassen. "Denn im Todesfalls des ursprünglichen Mieters, muss dessen Partner sonst auf Verlangen des Vermieters die Wohnung verlassen. Ein Ehepartner hätte in jedem Fall das Recht, das Mietverhältnis fortzusetzen", führt der Anwalt beispielhaft eine weitere Problematik auf. Auch ein Unfall könne Paare ohne Trauschein teuer zu stehen kommen: "Im Skiurlaub fährt versehentlich ein Partner dem anderen in die Quere. Dieser stürzt, verletzt sich schwer und wird längere Zeit im Krankenhaus behandelt. Die Krankenversicherung des Verletzten kann die gesamten Bergungs- und Behandlungskosten, die sich schnell auf einige Zehntausend Euro belaufen können, von dem Verursacher zurückfordern. Bei Ehegatten ist dies nicht möglich."
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