Bilanz der Badischen Stahlwerke
Jahr mit schwierigen Rahmenbedingungen

Die Stahlproduktion bei den Badischen Stahlwerken ist energieintensiv. | Foto: BSW/ Markus Dietze
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Kehl(st) Hohe Energiepreise, eine anhaltende Inflation und eine rückläufige Baukonjunktur: Die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen im vergangenen Jahr haben auch die Badischen Stahlwerke nicht unberührt gelassen. „Das Jahr 2023 war zweifelsohne anspruchsvoll für uns“, sagt Geschäftsführer Markus Menges. Doch er sieht auch Grund für Optimismus.

Die Badischen Stahlwerke (BSW) – eines der größten und technologisch modernsten Elektrostahlwerke in Deutschland – produzieren am Standort Kehl mit 850 Beschäftigten bis zu 2,4 Millionen Tonnen Betonstahl für die Bauindustrie in Deutschland und dem angrenzenden Ausland. Neben der anhaltenden Inflation und den weiterhin hohen Energiepreisen hat insbesondere die Krise der Baubranche das Unternehmen im Jahr 2023 vor große Herausforderungen gestellt.

Nachfragerückgang bei Baustahl

„Das Jahr 2023 war zweifelsohne anspruchsvoll für uns“, sagt Menges. „Als Anbieter von Stahlprodukten für die Bauindustrie sind wir in hohem Maße von der Entwicklung des Baugewerbes abhängig. Mit einem Rückgang der Bauprojekte sinkt auch die Nachfrage nach Baustahl. Rund 30 Prozent weniger Baugenehmigungen wurden im vergangenen Jahr erteilt – das haben wir in unseren Auftragsbüchern gemerkt.“ Um auf den Nachfragerückgang zu reagieren, mussten die Badischen Stahlwerke ihre Produktion deutlich herunterfahren: Im Vergleich zum Vorjahr haben die Badischen Stahlwerke 2023 etwa 20 Prozent weniger Stahl hergestellt.

Wettbewerbsnachteil durch weiterhin hohe Energiekosten

Auch die im Vergleich zum europäischen Ausland weiterhin hohen Energiekosten haben die Badischen Stahlwerke im vergangenen Jahr erneut belastet. „Als Stahlwerk stehen wir im intensiven internationalen Wettbewerb“, erklärt Menges. „Und im europäischen Vergleich lag und liegt Deutschland beim Strompreis weiterhin an der Spitze – das ist ein eindeutiger Nachteil gegenüber unseren ausländischen Mitbewerbern.“ Als besonders problematisch bezeichnet Menges die Entscheidung der Bundesregierung vom Dezember, den zugesagten Zuschuss zur Stützung der Netzentgelte in Höhe von 5,5 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds wieder zu streichen. Die daraus resultierende Verdoppelung der Entgelte für die Netznutzung zum Jahreswechsel von im Schnitt 3,12 Cent auf 6,43 Cent je Kilowattstunde belastet insbesondere energieintensive Betriebe wie die Badischen Stahlwerke schwer. „Für 2024 müssen wir aufgrund dieser Entscheidung mit Mehrkosten für Strom in Höhe von etwa 18 Millionen Euro rechnen“, berichtet Menges.

Situation im Personalbereich erfreulich

Es gibt auch gute Nachrichten: Trotz aller Widrigkeiten konnten die Badischen Stahlwerke die Zahl ihrer Beschäftigten stabil halten und haben sogar 40 neue Auszubildende eingestellt. Auch auf Kurzarbeit konnte das Unternehmen 2023 trotz verminderter Produktion verzichten. „Dies war nur möglich“, sagt Menges, „weil wir uns auf die Solidarität unserer Mitarbeiter verlassen konnten und somit die Schichtplanung flexibel an die Marktsituation anpassen konnten. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bei allen Beschäftigten bedanken und ihnen gleichzeitig versichern, dass wir auch im kommenden Jahr alles dafür tun werden, Kurzarbeit nach Möglichkeit zu vermeiden.“

2024 bleibt herausfordernd

Das Jahr 2024, prognostiziert Menges, wird weiterhin von Unsicherheiten geprägt sein: „Aktuelle Voraussagen lassen ein weiteres schwieriges Jahr für die Bauwirtschaft erwarten. Sollte die Inflation im Jahresverlauf zurückgehen und eventuell auch das Zinsniveau leicht sinken, könnte dies dazu beitragen, dass in der zweiten Jahreshälfte eine langsame Verbesserung der Situation einsetzt. Bis dahin werden wir uns darauf konzentrieren, gut durch diese Phase zu kommen und unsere Kostenblöcke weiter zu optimieren. Das heißt, dass wir bestehende Maßnahmen feinjustieren und unsere Effizienz weiter steigern werden.“

Investitionen in Ausbildung und Mitarbeiterbindung

Investieren wollen die Badischen Stahlwerke 2024 in die Ausbildung und Bindung ihrer Mitarbeiter. So will das Unternehmen einen noch stärkeren Fokus auf die Ausbildung von IT-Fachkräften setzen. „Dafür haben wir einen eigenen IT-Ausbilder an Bord geholt“, sagt Menges. „Ein Alleinstellungsmerkmal, auf das wir stolz sind!“ Zudem wollen die Badischen Stahlwerke ihre Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung und -motivation weiter ausbauen. Dazu gehören unter anderem das Gesundheitsmanagement, die Personalentwicklung, die Nacht der Ausbildung und das Schulsponsoring.

Nachhaltigkeit bleibt essenziell

Das Thema Nachhaltigkeit bleibt für die Badischen Stahlwerke von zentraler Bedeutung. Als Elektrostahlwerk, das hauptsächlich Strom zur Stahlerzeugung nutzt, produziert das Unternehmen bereits heute rund 80 Prozent weniger CO2 pro Tonne Stahl als ein klassisches Stahlwerk mit Hochofen. Bis 2045 wollen die Badischen Stahlwerke klimaneutral werden. Doch das geht nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen: „Solange es nicht möglich ist, Energie zu hundert Prozent aus erneuerbaren Quellen zu beziehen, können wir als Stahlwerk auch nicht klimaneutral werden“, erklärt Menges. „Wir appellieren daher an die Politik, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen und gleichzeitig für den Zeitraum bis 2030 stabile Strompreise von 4 bis 6 Cent pro Kilowattstunde zu gewährleisten, bis ausreichend Grüner Strom zu konkurrenzfähigen Preisen verfügbar ist. Die Industrie muss wettbewerbsfähig bleiben und darf nicht inmitten des Transformationsprozesses untergehen.“

Auch die Badischen Stahlwerke tragen ihren Teil zum Ausbau der erneuerbaren Energien bei. So plant das Unternehmen, alle geeigneten Dachflächen mit Photovoltaikanlagen auszustatten. 2024 sollen bereits die ersten Anlagen in Betrieb gehen. Zudem werden die Badischen Stahlwerke ab 2026 eine erste Menge Grünstrom aus den Offshore-Windparks Nordsee Ost und Amrumbank West beziehen. Entsprechende Verträge hatte das Unternehmen Anfang 2023 unterschrieben. Darüber hinaus erwägen die Badischen Stahlwerke ab 2026 eine Kooperation mit einem Energieversorger, bei dem es um Windparkanlagen im Schwarzwald geht.

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