Flüchtlingsunterkunft in Kork
Kontroverse Diskussion beim Infoabend
Kehl-Kork Ein kontroverses Bild zeigte sich beim Bürgerinformationsabend zur geplanten Flüchtlingsunterkunft in Kork: Während für einen Teil der rund 100 Teilnehmenden in der Korker Gemeindehalle die Not der Flüchtlinge im Vordergrund stand, Rolf Berger von der Flüchtlingshilfe und einstige Geflüchtete selber von ihren Erfolgsgeschichten berichteten, quälten andere Ängste vor den potenziellen Neuankömmlingen. Für Oberbürgermeister Wolfram Britz ging es vor allem darum, die Fakten klarzustellen und wabernden Gerüchten damit den Boden zu entziehen: In Kork soll in untermittelbarer Nachbarschaft zu den Bahnanlagen an der Baumgartenstraße eine Unterkunft für bis zu 46 Geflüchtete errichtet werden.
Auf dem Grundstück, das die Stadt von der Bahn erwerben konnte, werden in einem zweistöckigen Gebäude einzelne Zimmer und pro Stockwerk zwei Gemeinschaftsküchen sowie gemeinsam zu nutzende Sanitärräume, plus ein Raum für den Hausmeister angeordnet. Maximal 46 Menschen könnten hier untergebracht werden, betonte Christine Lux, Leiterin des städtischen Bereichs Sozialwesen und Integration. Schon seit 2015 seien in Kehl bevorzugt Familien aufgenommen worden, das wolle man auch so beibehalten, ergänzte sie. Durch die einzelnen Zimmer mit Verbindungstüren verschaffe man sich die nötige Flexibilität, um unterschiedlich großen Familien gerecht werden zu können.
Nachdem Thomas Wuttke, Erster Beigeordneter der Stadt Kehl, die Lärmschutzmaßnahmen erläutert hatte, die am Gebäude ergriffen werden - eine Lärmschutzwand zur Bahn ist nicht vorgesehen -, bewertete Christof Rehlich, Teamleiter des Integrationsmanagements, den Standort aus Sicht der künftigen Bewohner: Die Möglichkeiten mit der Ortenau-S-Bahn vom Korker Bahnhof nach Kehl und Offenburg zur Schule oder zur Arbeit zu kommen „sind super“, sie erleichterten die Integration. Die allermeisten Geflüchteten, denen er bislang beruflich begegnet sei, „machen verdammt viel dafür, dass sie vorankommen“, berichtete er: Sie bemühten sich, die deutsche Sprache zu erlernen und wollten so schnell wie möglich arbeiten.
Dass dies auch gelingt, zeigten die Beispiele von ehemaligen Geflüchteten, die 2016 in Kork ankamen: Ein syrisches Ehepaar arbeitet im medizinischen Bereich in der Diakonie Kork. Ein anderer Syrer, der mit seiner Familie vor sechs Jahren nach Kork kam und selber aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend sein konnte, ließ seine Geschichte verlesen: Seine Frau arbeitet in der Kinderbetreuung, ein Sohn bei einem Autoteilehersteller, der zweite studiert Mathematik und Wirtschaftswissenschaften, der dritte Wirtschaftsingenieur am KIT in Karlsruhe. Eine junge Frau, die seit vier Jahren in Deutschland ist, hat ihren Hauptschulabschluss gemacht, ist jetzt über die zweijährige Hauswirtschaftsschule auf dem Weg zum Realschulabschluss; nebenbei arbeitet sie in der Gastronomie: „Hier fehlen sehr viele Fachkräfte“, sagte sie.
Rolf Berger blickte in einem bebilderten Vortrag zurück auf die Korker Geschichte mit Geflüchteten seit 2016. Damals hätten gleichzeitig um die 80 Neuankömmlinge in Kork gelebt – in der alten Grundschule und in einem Gebäude in der Buchsweiler Straße. Die Korkerinnen und Korker hätten sie mit Duschgel und Brot als Erstausstattung empfangen, Kaffeetreffs organisiert und Deutschkurse veranstaltet. Mehr als 240 Menschen habe man so das Ankommen und den Einstieg in die Integration erleichtert, berichtete Rolf Berger, und zeigte ein Plakat voller Portraitfotos, auf denen sich die Geflüchteten für die Unterstützung bedanken. Wie Christof Rehlich appellierte er an seine Mitbürger, den Kontakt zu suchen: „Wer zuhört, bekommt viel zurück; ein Dialog löst viele Spannungen.“ Die Menschen, die in Kehl ankämen, wollten Ruhe – „keinen Streit und keinen Stress“, versicherte der Teamleiter Integrationsmanagement. Patrik Hauns, Fachbereichsleiter Bildung, Soziales und Kultur, verwies auf das ehemalige Hotel Krone in Odelshofen, das bereits seit einem Jahr als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird: „Es gibt dort keine Probleme.“ Und sollte es doch mal einen Störer geben, dann habe die Stadt die Möglichkeit, diesen zu verlegen.
Die Stadt könne sich die Flüchtlingsunterkunft leisten und dennoch das Kombibad bauen, griff Oberbürgermeister Wolfram Britz ein Beispiel heraus, als aus dem Kreis der Teilnehmenden die Finanzierung des Gebäudes angesprochen wurde. Die Unterkunft werde über ein Landesprogramm gefördert und müsse dann zehn Jahre lang Flüchtlingen als Wohnraum angeboten werden. Danach könnten die Gebäude frei für Wohnzwecke verwendet werden. Wenn er sich die Weltlage betrachte, befürchte er nicht, dass man mit zwei Gebäuden – dem in Kork und einer weiteren Unterkunft für 60 Personen im Baugebiet Schneeflären – über den Bedarf hinaus bauen könnte, sagte der OB. Thomas Wuttke entkräftete die Bedenken von Fragestellern, dass der Bau der Unterkunft an der Baumgartenstraße die Möglichkeiten für eine Bahnunterführung einschränken werde: „Das ist komplett getrennt, da gibt es kein Problem.“
OB und Beigeordneter legten auch dar, dass der Neubau von Flüchtlingsunterkünften günstiger sei als die Nutzung von Altbauten. „Wir haben dann neue Technik und einen niedrigen Energieverbrauch“, argumentierte Thomas Wuttke, „mich schmerzt es, wenn wir Altbauten anmieten und zweimal pro Jahr teures Öl tanken müssen“. Wolfram Britz verwies außerdem auf die teils hohen Mieten, welche die Stadt für Unterkünfte bezahlen müsse; auch hier regelten Angebot und Nachfrage den Preis. Wenn alles glatt läuft, wird im Sommer 2024 in einem beschleunigten Verfahren mit dem Bau der Unterkunft in Kork begonnen – ein Jahr später könnte sie dann bezogen werden.
Die Vorgeschichte
Ortsvorsteher Patric Jockers hatte zu Beginn des Informationsabends noch einmal dargestellt, wie es dazu kam, dass nun in Kork eine Flüchtlingsunterkunft neu gebaut wird: Kurz nach dem Beginn des Ukrainekriegs sei das städtische Gebäudemanagement mit der Frage auf ihn zugekommen, ob nicht die ehemalige Grundschule – wie schon von 2016 bis 2018 – als Unterkunft für Geflüchtete genutzt werden könne, diesmal allerdings dauerhaft. Hintergrund war zu diesem Zeitpunkt die hohe Zahl von Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine flohen. Diesen Vorschlag habe man im April im Ortschaftsrat öffentlich diskutiert. Das Gremium sei bereit gewesen, das Gebäude zur Verfügung zu stellen, aber nur unter der Bedingung, dass für den Jugendkeller und die Vereine andere Räume gefunden würden.
Nach einer Begehung der Schule im Mai habe man von dem Vorhaben Abstand genommen – in der Folge habe der Gemeinderat beschlossen, zwei Flüchtlingsunterkünfte auf städtischen Grundstücken zu errichten, in Schneeflären und im Gewerbegebiet an der Gottlieb-Fecht-Straße. Später habe sich für die Stadt die Möglichkeit eröffnet, an der Bahnlinie, zwischen Spielplatz und katholischer Kirche zwei Grundstücke vom Land zu erwerben. Hier könne man das Gebäude wenigstens im Anschluss an ein Wohngebiet bauen. Ihm persönlich wäre ein Standort „mitten im Dorf“ lieber gewesen, sagte Patric Jockers, „da hat die Stadt aber kein Grundstück“.
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