Hütten streichen für den Weihnachtsmarkt
Flüchtlinge helfen der Stadt Kehl aus

Projektbetreuer Klaus Scheuer (ganz links) mit drei von vier jungen Männern, die die Weihnachtsmarkthütten streichen (von links): Basil Yunis, Mahmoud Ahmadi und Fares Mousa.  | Foto: Stadt Kehl
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  • Projektbetreuer Klaus Scheuer (ganz links) mit drei von vier jungen Männern, die die Weihnachtsmarkthütten streichen (von links): Basil Yunis, Mahmoud Ahmadi und Fares Mousa.
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Kehl (st). Vormittags lernen sie Deutsch, nachmittags streichen sie die Hütten für den Weihnachtsmarkt, der von Freitag, 8. Dezember, bis Sonntag, 10. Dezember, in der Kehler Innenstadt geöffnet ist: Vier Männer aus Syrien und Afghanistan helfen bei der Stadt Kehl derzeit bei handwerklichen Tätigkeiten aus. Für die Flüchtlinge, die seit wenigen Wochen vor allem für die städtische Wohnbaugesellschaft im Einsatz sind, ist die Tätigkeit eine Möglichkeit, in den Arbeitsmarkt einzusteigen – auch wenn sie teilweise ganz andere Qualifikationen mitbringen.

Zentimeter für Zentimeter trägt Basil Yunis mit dem Farbroller die graue Farbe auf die Holzwand auf, die in einem Hof im Industriegebiet Auenheim auf zwei Malerböcken aufliegt. An drei Nachmittagen pro Woche ist er derzeit hier, bei der Lagerhalle, in der einst der städtische Betriebshof seinen Sitz hatte, und richtet zusammen mit seinen drei Kollegen die Hütten für den Kehler Weihnachtsmarkt her.

Die vier Männer säubern die hölzernen Wände von Staub und Spinnweben, entfernen herausstehende Nägel mit der Zange und tragen schließlich graue Farbe auf das Holz auf. 36 Wände für insgesamt neun Hütten versehen sie jeweils mit einer doppelten Farbschicht. Stadthallenmeister Klaus Scheuer, der das Projekt mit den Geflüchteten für die Kehl Marketing betreut, ist zufrieden: „Die Jungs sind absolut zuverlässig. Es macht Spaß, mit ihnen zu arbeiten.“

Basil Yunis hat in seiner Heimat in Syrien schon als Handwerker gearbeitet – das Streichen der Hütten ist für ihn eine einfache Tätigkeit. Auch die restlichen Arbeiten, die er bisher für die städtische Wohnbaugesellschaft erledigen musste, sind ihm vertraut: Wohnungen ausräumen, Tapeten ablösen, Bodenbelag entfernen. Der 31-jährige Kurde, der alleine geflohen ist und schon seit zwei Jahren in Deutschland lebt, ist froh, endlich einen Job gefunden zu haben: „Zwei Jahre lang habe ich mich gelangweilt“, sagt er und betont: „Ich möchte arbeiten.“

Ähnlich ist es seinen Arbeitskollegen ergangen: Auch sie leben seit rund zwei Jahren in Deutschland und haben lange darauf gewartet, arbeiten zu können. Mahmoud Ahmadi, der zusammen mit seiner Frau, seinen beiden Söhnen und seinem Bruder aus Afghanistan geflohen ist, hat an verschiedenen Orten in Deutschland immer wieder versucht, in einen Sprachkurs aufgenommen zu werden, um besser Deutsch zu lernen.

Er war schon in Mannheim, Haslach, Zell am Harmersbach und Meißenheim, seit zwei Monaten lebt er in Kehl. Hier muss er zwar immer noch auf die Aufnahme in den Deutschkurs warten, hat aber dafür einen Job gefunden. In seiner Heimat hat der 27-Jährige zusammen mit seinem Vater einen kleinen Supermarkt betrieben – handwerkliche Fertigkeiten hat er sich nebenher angeeignet.

Auch Fares Mousa aus Syrien hat in seiner Heimat nicht hauptberuflich als Handwerker gearbeitet, bringt aber genügend Geschick mit, um die bei der städtischen Wohnbaugesellschaft anfallenden Aufgaben zu erledigen. Der 27-jährige Kurde ist studierter Jurist, aus seiner Heimat floh er, um dem Einzug in die syrische Armee zu entgehen. Bevor er im Juni 2017 nach Kehl kam, hat er schon in Ellwangen, Lahr und Offenburg gelebt – und auch bereits einen Minijob als Dolmetscher ausgeübt, in dem er vom Kurdischen und Arabischen ins Englische übersetzte. Seit Februar lernt Fares Mousa Deutsch in einem Sprachkurs.

Ihm ist es einfach nur wichtig, arbeiten zu können, „egal was“, sagt er. Die Tätigkeit bei der Stadt, zu der auch das Streichen der Weihnachtsmarkthütten gehört, fällt ihm leicht. In Syrien habe er auch immer beim Aufbau von Festen geholfen, erzählt er – die Hilfe bei der Vorbereitung für den Weihnachtsmarkt sei deshalb für ihn nichts komplett Neues.

Auch einige Weihnachtstraditionen seien ihm bekannt: In seiner Heimat hätten Christen und Muslime Tür an Tür gewohnt; in der Adventszeit seien die Häuser immer festlich geschmückt worden, und der zweite Weihnachtsfeiertag war für Muslime wie für Christen ein freier Tag. Seinen Nachbarn, einen Christen, habe er an den Festtagen immer besucht – genauso wie es für diesen an muslimischen Feiertagen selbstverständlich war, dass er Fares Mousa einen Besuch abstattete.

Im September hatte der Kehler Gemeinderat die Anstellung von Geflüchteten beschlossen, die bei der städtischen Wohnbaugesellschaft als sogenannte Baugruppe kleinere handwerkliche Tätigkeiten erledigen können. Dabei geht es vor allem um Schönheitsreparaturen und Hausmeistertätigkeiten in Wohnungen, die für die Anschlussunterbringung von Geflüchteten angemietet wurden oder werden.

Seit Mitte Oktober sind zwei Flüchtlinge aus Afghanistan bei der Wohnbaugesellschaft im Einsatz, Anfang November kamen zwei Syrer hinzu. Sie werden zunächst für eine befristete Dauer von sechs Monaten für die Stadt arbeiten. Die fachliche Anleitung und Betreuung dieser Baugruppe erfolgt über die Vorarbeiter der Städtischen Wohnbaugesellschaft Kehl mbH, die durch die Allgemeine Sozialverwaltung, besonders über die beiden neu eingestellten Integrationsmanagerinnen, Unterstützung erfahren.

Projektbetreuer Klaus Scheuer (ganz links) mit drei von vier jungen Männern, die die Weihnachtsmarkthütten streichen (von links): Basil Yunis, Mahmoud Ahmadi und Fares Mousa.  | Foto: Stadt Kehl
Mahmoud Ahmadi aus Afghanistan bei der Arbeit. In seiner Heimat hat der 27-Jährige zusammen mit seinem Vater einen kleinen Supermarkt betrieben. | Foto: Stadt Kehl

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