Anklage erhoben
Ex-Angestellter der Stadt Kehl unter Korruptionsverdacht
Offenburg/Kehl (st). Die Staatsanwaltschaft Offenburg hat gegen einen ehemaligen leitenden Angestellten der Stadt Kehl wegen des Vorwurfs der besonders schweren Bestechlichkeit, der Vorteilsannahme sowie des Besitzes von Dopingmitteln Anklage zur Großen Strafkammer des Landgerichts Offenburg erhoben (wir berichteten).
Urlaubsreisen und Bargeld
Dem 40-Jährigen wird zur Last gelegt, sich zwischen Mai 2020 und November 2021 in mehreren Fällen von Privatpersonen geldwerte Vorteile als Gegenleistung für Dienstpflichtverletzungen versprechen lassen und diese auch angenommen zu haben. So soll der Angeschuldigte, der bei der Stadt Kehl unter anderem für die Erteilung von Automatenaufstell- und Spielhallenerlaubnissen zuständig war, dem Geschäftsführer eines Spielhallenunternehmens die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für den Betrieb der Casinos in Aussicht gestellt haben, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen. Zudem soll er polizeiliche Kontrollen im Voraus angekündigt haben, um etwaige Beanstandungen zu verhindern. Im Gegenzug soll der Angeschuldigte zu mehreren Urlaubsaufenthalten eingeladen worden sein sowie Bargeld erhalten haben, wobei der Wert der empfangenen Zuwendungen insgesamt im vierstelligen Bereich gelegen haben soll.
Festnahme bei Geldübergabe
Daneben wird dem Angeschuldigten zur Last gelegt, den Betreibern eines weiteren Spielhallenunternehmens unter anderem durch Mitteilung dienstlich erlangter Informationen beim Erhalt einer Lizenz geholfen, eine Anzeige trotz eines ordnungsrechtlichen Verstoßes bewusst unterlassen und rechtswidrige Ausnahmegenehmigungen erteilt zu haben. Zudem soll er diesem Spielhallenunternehmen vertrauliche Informationen bezüglich der Möglichkeit zur Ansiedlung neuer Spielhallen übermittelt haben. Als Gegenleistung hierfür und für künftige dieses Unternehmen begünstigende Diensthandlungen soll dem Angeschuldigten eine finanzielle Beteiligung an seinem geplanten privaten Immobilienerwerb in Höhe von 50.000 Euro versprochen worden sein. Am geplanten Übergabetermin, an welchem sich der Angeschuldigte letztlich dazu entschlossen haben soll, den entsprechenden Bargeldbetrag nicht anzunehmen, wurde er durch Einsatzkräfte der Polizei festgenommen und das Bargeld beschlagnahmt. Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung des Angeschuldigten konnte zudem eine größere Menge an Testosteron sichergestellt werden.
Der Angeschuldigte befand sich vom 12. bis 30. November 2021 in Untersuchungshaft, seither ist der Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt.
Vier weitere Personen vor Gericht
Neben dem ehemaligen Angestellten der Stadt Kehl müssen sich noch insgesamt vier weitere Personen vor Gericht verantworten, die als Inhaber und involvierte Mitarbeiter der betroffenen Spielhallenunternehmen für die Gewährung der Vorteile verantwortlich gewesen sein sollen. Gegen zwei der Personen lautet der Vorwurf auf Bestechung, gegen die anderen zwei Personen auf Vorteilsgewährung und Bestechung in einem besonders schweren Fall.
Im Falle einer Verurteilung droht dem 40-Jährigen ehemaligen Angestellten der Stadt Kehl eine Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr und zehn Jahren. Hinsichtlich der weiteren Angeschuldigten sind Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren beziehungsweise zwischen einem Jahr und zehn Jahren möglich. Bei Annahme eines minder schweren Falles hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechung kommt bei zwei der Angeschuldigten auch die Verhängung von Geldstrafen in Betracht. Daneben kann das Gericht die Einziehung des beschlagnahmten Bargeldes sowie des Wertes der durch den Angeschuldigten erlangten geldwerten Vorteile anordnen.
Verhandlungstermine stehen noch nicht fest
Das Gericht hat noch nicht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden, mögliche Hauptverhandlungstermine vor dem Landgericht Offenburg stehen somit noch nicht fest. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt für alle Angeschuldigten die Unschuldsvermutung.
Reaktion der Stadt Kehl
„Die Stadtverwaltung Kehl hat alles, was möglich ist, zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen“, erklärt Oberbürgermeister Wolfram Britz und werde dies selbstverständlich auch im Rahmen des Gerichtsverfahrens tun. „Alle Mitarbeitenden sind froh, wenn dieser Fall abgeschlossen ist.“
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