Besitz wird kontrolliert
2.261 erlaubnispflichtige Waffen in Kehl
Kehl (st) „Wir haben“, sagt Patrick Stork, „ein sehr strenges Waffengesetz in Deutschland.“ Der für Waffenangelegenheiten zuständige Mitarbeiter der Stadtverwaltung Kehl muss es wissen: Schließlich macht er (oder einer seiner Kollegen) im Durchschnitt pro Jahr 70 bis 100 Hausbesuche bei den insgesamt 306 Kehlern die zusammen 2.261 sogenannte erlaubnispflichtige Waffen besitzen. Überprüft wird dabei jede einzelne Waffe, außerdem erfolgt der Abgleich der Waffenliste mit der Waffenbesitzkarte, schreibt die Stadt Kehl in einer Pressemitteilung. Die Kontrolle, bei der auch Munition und vor allem der Waffenschrank in Augenschein genommen werden, kann, je nach Anzahl der Waffen, unterschiedlich lange dauern.
In fünf Kehler Häusern findet sich nicht nur ein Waffenschrank, sondern eine mit einer dicken Stahltür gesicherte Waffenkammer. Mächtige Bolzen verankern die Tür in der Wand, dem Boden und der Decke. Öffnen lässt sie sich – wie viele Waffenschränke – lediglich mit einer Zahlenkombination. „Waffenschränke sind genormt, die Vorgaben stehen im Waffengesetz.“ Die von mindestens 60 bis zu mehreren Hundert Kilo schweren Schränke sind in Sicherheitsstufen eingeteilt; für die Einstufung ist der Widerstand, also wie lange er Aufbruchsversuchen standhält, entscheidend. Das Schloss darf keinen herkömmlichen Schließmechanismus haben, sondern muss mindestens mit einem Bartschloss, ausgestattet sein.
Sportschützen und Jäger
Die meisten Waffenbesitzer in Kehl sind Sportschützen – davon gibt es 127. Es folgen 104 Jäger. In 16 Fällen sind die Jäger gleichzeitig auch Sportschützen. 59 Kehler, die Waffen im Haus haben, fallen in die Kategorie „Sonstige“, dabei handelt es sich beispielsweise um Erben.
Auf die Kontrolle des Waffenschranks folgt die des Inhalts. Patrick Stork lässt sich jede einzelne Waffe reichen. Der Besitzer muss dafür Sorge tragen, dass die Waffe nicht teil- oder fertiggeladen ist. Wer eine geladene oder teilgeladene Waffe aufbewahrt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Patrick Stork, der in seiner Bundeswehrzeit unter anderem Schießlehrer war, achtet bei der Kontrolle deshalb genau darauf, dass die Waffe in seiner Hand nicht auf einen Menschen gerichtet ist. „Man darf nie den Respekt vor Waffen verlieren, sonst wird man unvorsichtig.“ Der erfahrene Jäger, bei dem die Kontrolle stattfindet, pflichtet ihm bei: „Routine ist das Gefährliche.“ Patrick Stork prüft Seriennummer, Kaliber und Hersteller der Waffe in seiner Hand und gleicht diese mit der in der Waffenbesitzkarte und dem Ausdruck aus dem Nationalen Waffenregister des Eigentümers ab. So geht es Waffe für Waffe. Den gleichen Vorgang wiederholt er mit den zwei Kurzwaffen, welche Jäger zusätzlich zu den Langwaffen besitzen dürfen.
Munitionskontrolle
Es folgt die Munition: Jäger und Sportschützen dürfen nur handelsübliche Munition verwenden. In die Patronen ist zumeist das Kaliber eingeschlagen. Munition, auf welcher auf dem Anzündhütchen eine sogenannte Versorgungsnummer (mehrstellige Buchstaben- und Zahlenkombination) eingeschlagen ist, kommt aus Beständen der Bundeswehr. Anhand dieser Kombination ist es nachvollziehbar, wann und wo diese Munition ausgegeben wurde. Ihr Besitz wäre ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, „der mit hohen Strafen bedroht ist“, weiß Patrick Stork. Solche Munition wurde in seltenen Fällen in Kehl entdeckt; die Funde zogen entsprechende Verfahren nach sich.
„In 98 Prozent der Fälle“, sagt Patrick Stork, „ist alles in Ordnung“. Allerdings kommt es hin und wieder zu Ordnungswidrigkeiten, welche dann auch konsequent geahndet werden. Zum Beispiel, wenn, was machmal vorkommt, die Trennung von Waffen und Munition missachtet wird. Der ganze Kontrollvorgang wird in einem ausführlichen Bericht niedergeschrieben und sowohl in die Handakte als auch ins Nationale Waffenregister eingepflegt. Der Waffenbesitzer erhält einen Gebührenbescheid über die Kontrolle; die Höhe ist abhängig von Zeitdauer und Arbeitsaufwand.
Die anderen zwei Prozent
Patrick Stork hat natürlich auch schon andere Fälle erlebt. Er erinnert sich an einen Waffenbesitzer, der zunächst alleine in den Keller gehen wollte – hier befand sich der Waffenschrank – bevor er mit seinem Kollegen folgen durfte. Am Ende hatte der Mann versehentlich eine seiner registrierten Waffen versteckt und reichte Patrick Stork eine Waffe zur Kontrolle, die er nicht angemeldet hatte und daher nicht besitzen durfte. Das war eine Straftat, die zur weiteren Verfolgung an die Landespolizei abgegeben wurde.
Weil alle registrierten Schusswaffen im Nationalen Waffenregister eingetragen sind, kann man die Herkunft einer Waffe auch nachvollziehen, wenn eine solche beispielsweise bei einer Hausdurchsuchung gefunden wird. So wie Patrick Stork bei seinen Kontrollen schon nicht registrierte Waffen entdeckt hat, ist es auch vorgekommen, dass eine Waffe gefehlt hat. „Wem eine Waffe abhandenkommt, der muss sofort eine Verlustmeldung vorlegen.“ Die Daten der Waffe werden in solchen Fällen das Polizeipräsidium Offenburg weitergeleitet, das sich um die Ausschreibung der Waffe kümmert.
Waffe abgeben
Ebenso wird recherchiert, „wenn eine Waffe auftaucht“, erklärt Patrick Stork. Es gibt immer mal wieder Fälle, bei denen jemand anruft, der beispielsweise bei der Entrümpelung eines Hauses nach dem Tod des Eigentümers eine Waffe gefunden hat. Die Daten solcher – nicht registrierter – Fundwaffen werden ebenfalls an das Polizeipräsidium zur Ausschreibung weitergeleitet. Die Waffe wird von der städtischen Waffenbehörde (im Bereich Ordnungswesen) eingezogen und der Vernichtung zugeführt. Das Gleiche gilt im Falle von geerbten Waffen. Stirbt in Kehl ein Waffenbesitzer, wird die Waffenbehörde durch den Bürgerservice informiert und schreibt die Hinterbliebenen an. Dabei werden die Möglichkeiten aufgezeigt, wie mit der Waffe – oder den Waffen – verfahren werden kann. Häufig entscheiden sich Erben, die Waffen zu verkaufen oder zur Vernichtung beim Bereich Ordnungswesen abzugeben.
Auch Erben, die keinen Grund angeben können, der es rechtfertigt, eine Waffe zu besitzen, können ererbte Waffen behalten. Sie müssen dann einen entsprechenden Antrag stellen. „Erbwaffen sind von einem Büchsenmacher mit einem sogenannten Blockiersystem unbrauchbar zu machen“, erläutert Patrick Stork. Solche Waffen müssen aber trotzdem in einem zertifizierten Waffenschrank aufbewahrt werden. Munition dürfen Erben indes nicht besitzen: Diese kann an Jäger oder Sportschützen abgegeben oder bei der Waffenbehörde oder der Polizei abgeliefert werden, die sich dann um die Vernichtung kümmern.
Die städtische Waffenbehörde wird von Amtswegen auch informiert, wenn ein Waffenbesitzer zu- oder wegzieht und sich damit die Zuständigkeit ändert. Die beiden betroffenen Waffenbehörden kontaktieren sich gegenseitig. Die Waffenakte (Handakte) wird dann der zuständigen Waffenbehörde zugesandt. Ebenso wird die Zuständigkeit im Nationalen Waffenregister entsprechend korrigiert.
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