Essig aus handwerklicher Herstellung ist bekömmlich und geschmacksintensiv
Sauer macht nicht nur lustig, es konserviert Lebensmittel
Ob im Salat, als Konservierungsmittel für Gurken oder Mixed Pickles, in der Beize für Sauerbraten oder als Würze – Essig ist aus der Küche kaum wegzudenken. Schon früh lernten die Menschen, sauer gewordene Fruchtsäfte, Wein oder Bier zu Essig zu machen. In den Hochkulturen des Altertums wie Ägypten, Rom oder Griechenland wurde Essig allerdings nicht zum Anmachen von Salaten verwendet, sondern verdünnt mit Wasser als Erfrischungsgetränk genossen. Die römischen Legionäre führten ein Gemisch aus Wasser und Essig, "Posca" genannt, mit sich. Durch den Essig wurde das Trinkwasser erst genießbar.
Essig ist nicht gleich Essig: Es gibt verschiedene Herstellungsverfahren. Genießer bevorzugen Gärungsessige: Dabei wird ein Grundstoff – etwa Wein, Sherry oder Fruchtwein – mit einer Essigmutter versetzt und vergoren. Eine andere Methode ist die Verdünnung von 25-prozentiger Essig-Essenz, die industriell als Säureessig durch die Verarbeitung von Holzabfällen gewonnen wird.
Gärungsessige werden nach ihrem Grundstoff unterschieden: Weinessige, die einen Säuregehalt von sechs Prozent haben, basieren auf Rot- oder Weißwein. Je besser der Wein, desto besser schmeckt der Essig. Rotwein-Essig ist kräftiger im Geschmack, er passt sehr gut zu Fleischgerichten, Wild und Rotkohl. Weißweinessig ist milder, er harmoniert mit Fisch und hellen Soßen, aber auch Blattsalaten. Obstessige werden aus einem Obstwein gemacht, der mit Essigsäurebakterien versetzt wurde. Der Säuregehalt liegt bei fünf Prozent. Obstessige passen zu Salaten, aber auch gekochten Gerichten, sie verfeinern Soßen oder Marinaden. Ganz vorne in Europa liegt der Apfelessig, der gerne zur Entschlackung und Entgiftung des Körpers eingesetzt wird.
Branntweinessig wird aus Spirituosen wie Wodka, Whiskey oder Korn gemacht. Zehn Prozent Säure machen eine vorsichtige Dosierung nötig. Sein Geschmack ist neutral. Im Gegensatz zu den Wein- oder Obstessigen hat er eine kurze Reifezeit, deshalb wird er in der Lebensmittelindustrie zum Beispiel für Ketchup, Marinaden oder Soßen eingesetzt. Wer selber Gurken sauer einlegen möchte, Mixed Pickles liebt oder ohne Silberzwiebeln nicht leben kann, sollte auf Branntweinessig zurückgreifen. Dank des hohen Säuregehaltes konserviert er besonders gut. In der Vinaigrette ist er eine Enttäuschung, sein Geschmack ist einfach zu schwach.
Eine Sonderform des Essigs ist der berühmte "Aceto balsamico" aus Italien. Er wird ausschließlich aus Traubenmost hergestellt und benötigt eine lange Reifezeit. Nur zwei Regionen in Italien dürfen den rechtlich geschützten Namen "Aceto Balsamico Tradizionale" überhaupt verwenden: Modena und Emilia Romagna. Nur wenn das Wort "Tradizionale" dabeisteht, kann man sicher sein, dass es sich auch wirklich um dieses Produkt handelt. "Aceto Balsamico di Modena", den oft zu kaufen gibt, kann auch industriell gefertigt sein. Bevor er in den Handel kommt, reift der Balsamico zwölf Jahre in Holzfässern aus verschiedenen Holzarten. Dabei verdunstet immer mehr Flüssigkeit, der Essig wird sirupartig. Je älter, desto zähflüssiger ist ein Balsamico, der übrigens leicht süßlich schmeckt. Er wird für Salate und Soßen verwendbar. Ganz alte Sorten, deren Süße noch ausgeprägter ist, werden sogar über das Dessert gegossen. Was so lange währt, bis es gut ist, hat natürlich seinen Preis. Ein guter "Aceto balsamico Tradizionale", der 25 Jahre alt ist, kann schon mal 100 Euro kosten.
Ein neuer Trend sind Trinkessige, die als alkoholfreier Aperitif genossen werden. Dabei handelt es sich um Edel-Essigsorten, die ähnlich wie der Balsamico lange gelagert wurden. Weitere Essigsorten sind Sherryessig, der aus Spanien kommt, Reisessig, der in Asien verwendet wird, zum Beispiel zum Würzen des Sushi-Reises, oder Malzessig, den die Engländer über ihr "Fish and Chips" geben. Er ist sehr scharf und sollte nicht für Salat verwendet werden.
Ein guter Essig braucht Zeit – nicht nur in der Region Modena. Die Essigmutter, wie die lebenden Bakterien genannt werden, die den Alkohol in Säure verwandeln, braucht eine Weile, um ihre Arbeit tun zu können. Auch die anschließende Reifung in Holzfässern, die dem Essig seinen Charakter verleiht, geht nicht über Nacht. Es lohnt sich, Essige zu benutzen, die handwerklich hergestellt wurden. Sie haben ihren Preis, aber der Geschmack und vor allen Dingen die Verträglichkeit sind ungleich besser. gro
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