Wenn das Baby nicht mehr aufhört, zu schreien

Wenn ein Baby über Wochen ohne Unterlass weint, brauchen die Eltern Hilfe. | Foto: Foto: Erich Kasten/pixelio.de
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Ortenau. Für Eltern ist es ein Albtraum – scheinbar ohne Unterlass schreit das Baby, anhaltend,
laut. Wo andere selig im Schlaf schlummern, bleibt der eigene Nachwuchs
wach. Nichts scheint zu helfen, weder Wiegen noch Trösten.

Schreibabys werden die Säuglinge genannt, die ihre Eltern durch ständiges Weinen
auf Trab halten. Die Phase beginnt oftmals in der zweiten Lebenswoche
und  kann bis zum achten Monat anhalten. „Das ist ganz individuell“,
stellt Ana Bela Alves-Kardel, Kinderärztin in der Kinderschutzambulanz
am Ortenau-Klinikum in Offenburg, fest. Seit September 2009 gibt es die
Einrichtung mit ihren Sprechzeiten. Ein Angebot, das immer häufiger
genutzt wird. „2012 haben 44 Familien unsere Hilfe gesucht“, so
Alves-Kardel. „Es gibt keinen speziellen Elterntyp, der hierher kommt.
Es geht durch alle Altersklassen  und Schichten.“

In der Regel sind es Schreibabys, die Eltern den Weg in die Kinderschutzambulanz
finden lassen. Die Eltern sind oft überfordert, schämen sich zum Teil
dafür, dass bei ihnen scheinbar nichts klappt. Bei den Kindern ist der
Schlaf-Wach-Rhythmus gestört, ein Manko, das sie durch langanhaltendes
Schreien kundtun. Eine organische Ursache – Blähungen oder
Magenverstimmungen – gibt es selten. Die Kinder leiden schlicht und
einfach an einer Reizüberflutung. Denn neueste medizinische Erkenntnisse
zeigen, dass Säuglinge sehr unterschiedlich auf ihre Umwelt reagieren.
Manche können die ganzen neuen Eindrücke schlecht verarbeiten.

Betroffene Familien befinden sich in einem Teufelskreis. Das Kind schreit, die
Mutter versucht es zu beruhigen, was nicht gelingt, da auch sie mit der
Zeit immer nervöser und gestresster wird. Um einen Ausweg aus dieser
Falle zu finden, wird in den Beratungsterminen erst einmal der Alltag
der Familie unter die Lupe genommen. „Wir führen Protokolle darüber,
wann das Kind schreit, wie oft, wann es schläft“, erklärt die
Kinderärztin. Die Beratung sei, ebenso wie die Gründe für das
stundenlange Weinen der Kinder, sehr individuell. „Es kann eine zu große
Belastung für die Mutter dahinterstecken, aber auch die Tatsache, dass
die Familie alles allein regeln muss.“ Eine Schuld, das ist Ana Bela
Alves-Kardel besonders wichtig, gibt es nicht. „Es ist immer ein
Zusammenspiel zwischen Eltern und Kind.“

Die meisten Eltern, die zur Sprechstunde kommen, haben einen Leidensweg hinter sich. „Wenn ein
Kind in einem Zeitraum länger als drei Monate mehrere Stunden am Tag
schreit, ohne krank zu sein, kann es ein Schreibaby sein,“ nennt die
Ärztin eine grobe Definition: „Die meisten Eltern spüren das einfach.“
Und wie wird der Kreislauf durchbrochen? „In dem wir die
Alltagsorganisation ändern“, so Alves-Kardel. Die Eltern bekommen Tipps,
wie sie mit den Schreiattacken umgehen. Wie sie ihren Kinder mehr Ruhe
geben können, in dem sie etwa die Schlafsituation verändern. Aber auch,
wie sie sich etwas mehr Zeit für sich nehmen können. „Sie nehmen unsere
Ratschläge an, die Eltern sind in Not“, betont Ana Bela Alves-Kardel.

Die Kinderschutzambulanz am Klinikum Offenburg ist von montags bis
freitags, 8 bis 12 Uhr, unter Telefon 0781/4722360 erreichbar.

Autor: st

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