Wasser ist Leben: Städte kämpfen um die Versorgung
EU-Initiative zur Liberalisierung des Trinkwassermarkts stößt auf Gegenwehr

Trinkwasser – sauber, sicher und bezahlbar. | Foto: Foto: Badenova
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Ortenau. „Wir wollen auch in Zukunft, dass die Wasserversorgung auf einem hohen Niveau zu
bezahlbaren Preisen gewährleistet ist“, reagiert Wolfgang Reinbold,
Pressesprecher der Stadt Offenburg auf eine EU-Initiative des
Binnenmarktkommissars Michel Barnier. Ende Januar hat der
Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments dem Entwurf des EU-Kommissars
trotz großer Bedenken zugestimmt, in dem mehr Wettbewerb in der
europäischen Wasserversorgung vorgesehen ist. Die Richtlinie sieht vor,
dass künftig Städte und Gemeinden die Konzession der Wasserversorgung ab
einer bestimmten Höhe europaweit ausschreiben müssen.

Der Städtetag hat sich hier eindeutig positioniert und fordert das
Europäische Parlament auf, die kommunale Wasserversorgung aus der
EU-Richtlinie zur Vergabe von Konzessionen herauszunehmen – für
Versorgungssicherheit. Parallel läuft seit einem Jahr eine Europäische
Bürgerinitiative „Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht“ im Internet. Das Ziel von einer Million Unterschriften ist erreicht, um
ihre Forderung vor die Europäische Kommission zu bekommen.

Die Stadt Offenburg hat dies nicht in einem Eigenbetrieb geregelt, sondern
der Freiburger Energieversorger Badenova übernimmt die Dienstleistung –
ein rein kommunales Unternehmen, in dem über 90 Städte und Gemeinden
vertreten sind. Müsste sich Badenova dem Wettbewerb stellen? „Ja, das
wäre so. Aktuell gibt es im Wasserbereich noch keinen Wettbewerb.
Hierzulande ist die Wasserversorgung mehrheitlich in kommunaler Hand.
Die Bürger schätzen es sehr, dass ihr Wasserversorger Badenova einen
sehr hohen Qualitätsanspruch hat und wir viel in Vorsorge, Prävention,
Monitoring und Forschung investieren. Wasser wird zu Recht als das
Lebensmittel Nr. 1 bezeichnet, da ist es zwingend, dass die Bürger
100-prozentige Sicherheit haben. Und natürlich auch der Preis stimmt“
sagt Yvonne Schweickhardt, Unternehmenskommunikation bei Badenova.

„Daseinsfürsorge sollte immer in Regie der Kommune bleiben“ erklärt Durbachs
Bürgermeister Toni Vetrano: „Daher haben wir einen Eigenbetrieb
Wasserversorgung, bei dem die Gemeinde Durbach zu hundert Prozent
Gesellschafter ist“. Daher wäre Durbach von der EU-Initiative nicht
betroffen. Ähnlich reagiert Klaus Jehle, Bürgermeister Hohbergs: „Wasser
ist Leben. Deshalb sehe ich die Entwicklung einer Liberalisierung der
Versorgung mit Trinkwasser als äußerst kritisch an. Ich halte die
Entscheidung der EU zur Richtlinie für falsch.“ Auch in Hohberg ist die
Trinkwasserversorgung in einem rechtlich nicht selbstständigen
Eigenbetrieb organisiert.

„Versorgung gehört in kommunale Hand“, macht Jochen Brosi, Leiter Versorgung und Service der Stadtwerke Gengenbach deutlich: „Gerade bei sensiblen Themen wie Trinkwasser steht
bei uns als kommunaler Eigenbetrieb die Qualität im Vordergrund, nicht
der Profit. Das ist in Deutschland leider nicht mehr selbstverständlich,
wie sich nach Privatisierungen in einigen Großstädten gezeigt hat.“
Auch in Gengenbach sind die Stadtwerke ein städtischer Eigenbetrieb und
somit von einer möglichen EU-Vorgabe ausgeschlossen. Der erste Schritt
zu einer Liberalisierung des Wassermarktes ist scheinbar nicht
aufzuhalten, so Brosis Einschätzung. Der Trend, dass Kommunen die
Versorgung wieder in eigene Hand nehmen, sei daher zu begrüßen.

Klaus Muttach, Oberbürgermeister von Achern, ist der festen Überzeugung, dass
es sich bewährt hat, wenn Kommunen Verantwortung übernehmen und die
Bürger bei Anliegen zum Nahrungsmittel Wasser Verantwortliche
unmittelbar vor Ort ansprechen können. „Die hohe Qualität der
Wasserversorgung in Deutschland ist auch auf die bewährte Struktur mit
kommunalen Betrieben zurückzuführen“, betont er. Aus gutem Grund habe
man sich in Achern  für einen Eigenbetrieb „Wasserversorgung“
entscheiden, der zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt ist. Die Kampagne
„Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht“ unterstütze
er, „weil ich die Anliegen, allen Menschen einen universellen Zugang zu
Wasser und sanitärer Grundversorgung zu ermöglichen ebenso für
elementar halte wie die Forderung, die Wasserwirtschaft von der
Liberalisierungsagenda auszuschließen“.

Bei der Frage der Wasserversorgung steht Klaus Muttach in Kontakt mit Andreas Schwab,
Mitglied des Europäischen Parlaments. „Es gilt immer wieder,
Überzeugungsarbeit zu leisten, damit die kommunale Selbstverwaltung
Bestand hat, weil dies den Bürgern zugute kommt. Dass wir uns dabei
immer wieder gegen eine starke Lobby, beispielsweise auch der
Großkonzerne, erwehren müssen, erleben wir ja nicht nur im Bereich der
Wasserversorgung, sondern aktuell in unserer Raumschaft ja auch bei der
Energieversorgung. Kommunen und Bürger als Partner müssen gemeinsam
dafür kämpfen, dass ihre Rechte nicht zu Gunsten des Profits anderer
beschnitten werden“, unterstreicht OB Muttach.

„Das ist unnötig, wie es unnötiger nicht sein kann, ein völliger Unsinn“, regt sich
Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz über die „brüsselgesteuerte
Kopfgeburt“ auf. Er hält nichts von der Liberalisierung, denn das
Trinkwasser werde vor Ort gefördert.

„Ein ganz klares Nein“ gibt Biberachs Bürgermeister Hans Peter Heizmann diesem Vorhaben. Er gibt auch zu bedenken, dass es bereits andere, negative Beispiele in Europa
gebe. Unternehmen müssten ferner Gewinne erwirtschaften, regional
versuche man kostenbewusst zu wirtschaften. Auch würden die Gewinne
abfließen. Die Kommunen seien auch vor Ort greifbar, wie der Gemeinderat
und Bürgermeister, die zum Wohl der Bevölkerung handeln würden. An die
Kosten werde gedacht, so Heizmann, der zugleich Vorsitzender von
Schwarzwaldwasser ist, einer Vereinigung, an der über 20 Ortenauer
Städte und Gemeinden beteiligt sind. Mit Hilfe von Schwarzwaldwasser sei
es das Ziel, den Standart hoch zu halten und Kosten entsprechend zu minimieren.

Autor: rek/gro/ds/dh

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