Feierstunde zur 175-jährigen Geschichte der früheren Anstalt
Illenau ist ein Spiegelbild der jeweiligen Gesellschaft
Achern (uk). Bei einer Feierstunde vor mehr als 320 Besuchern im Festsaal der Illenau wurde nicht nur die 175-jährige Geschichte der ehemaligen Pflege- und Heilanstalt durchleuchtet, sondern auch ein besonderes Augenmerk auf die Gründung und Anfangsjahre gelegt. Acherns Oberbürgermeister Klaus Muttach durchleuchtete nach der Begrüßung durch Florian Hofmeister, Vorsitzender des Förderkreis Forum Illenau, in seiner Ansprache die Heilanstalt als Spiegelbild der Gesellschaft. Die freiberufliche Freiburger Historikerin Marga Burkhardt ging anschließend in ihrem Festvortrag auf den Zeitraum vor der Eröffnung im November 1842 und während der Anfangsjahre unter den ersten beiden Leitern Christian Friedrich Wilhelm Roller (bis 1878) und Karl Hergt (1878 – 1889) ein.
In seiner Begrüßung wies Florian Hofmeister auf das umfangreiche Jubiläumsprogramm hin, das über das Jahr verteilt neben Vorträgen unter anderem durch eine Theaterproduktion und einer Filmpremiere über die Region hinaus Beachtung fand. Auf die Geschichte der Illenau mit ihrem für die Pflege richtungsweisenden und neuartigen Konzept sowie die Schattenseiten während der Nazi-Herrschaft ging Klaus Muttach näher ein: „Für mich ist die Illenau aber auch ein Spiegelbild der Gesellschaft und des sich immer wieder wandelnden Menschenbildes im Laufe der Geschichte.“ Acherns Oberbürgermeister würdigte die Pionierarbeit von Christian Roller und das neuartige Konzept der Pflege, die gegenüber zuvor praktizierten Methoden endlich den psychisch kranken Menschen in den Mittelpunkt rückte. Trotz räumlicher Distanz der Anstalt abseits der Stadt, trotz Isolierung der Patienten in verschiedenen Abteilungen nach Krankheitsbild und Geschlecht und trotz einer strengen Hausordnung wurde von Roller erstmals eine menschenwürdige Richtlinie geschaffen. „Die allgemeinste Vorschrift für alle Angestellten ist Übung der Liebe, Geduld und Schonung“, zitierte Klaus Muttach. Im Grunde seien die Leitgedanken von Christian Roller eine frühe Form des Artikels eins des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Auf die dunkle Geschichte während des Nationalsozialismus und den Abtransport der Kranken am 18. Juni 1940 in die NS-Tötungsanstalt Schloss Grafeneck ging Muttach ebenso ein wie auf die Zeit nach 1945 als französische Kaserne: „Hier entstand die Keimzelle, in der aus Feinden Freunde wurden und sich deutsch-französische Freundschaften entwickelten.“ In den vergangenen Jahren habe sich das Areal mit Leben gefüllt und stehe auch wieder Randgruppen der Gesellschaft zur Verfügung, die in der Illenau Hilfe erhalten.
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