Sepp Herrmann schrieb über seine Erlebnisse ein Buch
In der Wildnis von Alaska überleben

Sepp Herrmann überlebte den Angriff eines Grizzlybären. | Foto: Daniel Hengst
  • Sepp Herrmann überlebte den Angriff eines Grizzlybären.
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Zell-Unterharmersbach. Sepp Herrmann ist im Kinzigtal und der Ortenau gleichermaßen bekannt wie in Alaska und ganz Nordamerika: Der Industriemechaniker zog einst aus, um die Welt zu erkunden. Dabei verliebte er sich auf Anhieb in die Brooks Range, die zweitgrößte Bergkette Alaskas, und fand dort ein neues Zuhause. Bekannt wurde der Unterharmersbacher, weil er sich Stück für Stück in seinem ersten Winter einen Zeh amputierten musste sowie später den Angriff eines Grizzlybären überlebte. "Ich kenne niemanden, der vom Angriff eines Gizzlys berichten kann", sagt Herrmann, denn er kennt außer sich selbst keinen, der dieses "Glück" hatte.

Alle fünf Jahre zieht es Sepp Herrmann in seine deutsche Heimat. Seine Mutter wurde gerade 95, doch es gab noch einen weiteren Grund: "Seit Jahren nehme ich mir vor, ein Buch über meine Erlebnisse zu schreiben. Dieses Mal musste es funktionieren." Die Vorarbeit hatte er bereits geleistet. In den vergangenen Monaten überarbeitete er es, suchte und fand einen Verlag, der sein Buch "Ch'atth'an einer jagt, wenn andere schlafen" herausbrachte. Seit Aschermittwoch ist es auf dem Markt. "In der Gwitchin-Athabaskan-Sprache bedeutet ,Ch'atth'an' der Braunbär, der weiterhin jagt, wenn andere schlafen", so Herrmann, der im Moment viele Lesungen hält.
Bereits während seiner Lehre als Industriemechaniker ging Sepp Herrmann auf Tramptour. 1974 ging es erstmals nach Skandinavien. Dass er sein Leben anders gestalten will, war damals schon für ihn klar. „Nach meiner Lehre habe ich den Beruf nie ausgeübt. Nie wieder wollte ich in einer Fabrik arbeiten. Bei meiner Prüfung hatte ich den gepackten Rucksack dabei, danach ging es sofort los.“

Die erste große Tour stand 1978 an: „35.000 Kilometer bin ich durch Nord- und Mittelamerika gereist. Zuerst bin ich nach London getrampt und habe dann für 99 Dollar einen Flug nach New York genommen.“ Als Anhalter ging es hoch in den Norden und nach Alaska. Von Fairbanks aus folgte er der Trans-Alaska-Pipeline. Der Anblick der Brooks Range und seine erste elftägige Wanderung in diesem Gebirge sollten sein Leben endgültig verändern: „Diese Wanderung hat mir mehr bedeutet als mein ganzes Leben zuvor.“ Die Reise quer durch Amerika ging weiter, sie endete an der Grenze zu Nicaragua. Dort war Krieg. "Allerdings haben sie mich in Guatemala ausgeraubt und ich musste umkehren.“ Zurück in Deutschland hatte er nur noch einen Gedanken: „Ich möchte wieder in die Berge.“ Mit seinen ersten Diavorträgen verdiente er sich bereits etwas Geld. Vier Sommer zog es ihn in die Brooks Range.

1981 war es für ihn soweit: 90 Kilometer entfernt von der Straße neben der Pipeline hatte er einen Platz gefunden, an dem er seine Blockhütte errichtete. Das nächste Dorf, Wisemann, damals hatte es 15 Einwohner, lag gut 100 Kilometer südlich.

„Meinen ersten Winter habe ich fast mit dem Tod bezahlt.“ Ein Teil seines Fußes war erfroren. Den sich ausbreitenden Wundbrand musste er selbst bekämpfen. Gut gegangen ist es nur, weil er sich bei einem Buschpiloten bemerkbar machen konnte und dieser ihn rettete. Sein Retter brachte dieses Ereignis in die Zeitung und damit war Sepp Herrman das Gesprächsthema.

Seine Fallen fährt der Unterharmersbacher mit Schlittenhunden ab. Als er ein gutes Team zusammen hatte, nahm er mit ihnen am Iditarod teil, einem Rennen über mehr als 1.800 Kilometer. Später wollte er auch am Yukon Quest teilnehmen. Zuvor stellte sich ihm und seinen Hunden ein alter ausgehungerter Grizzly entgegen. Herrmann wollte seine Hunde schützen, doch der Bär griff an. Als ein Hund von hinten angriff, nutzte Herrmann doch die Chance zur Flucht.

Bis heute lebt Sepp Herrmann in Alaska vom Verkauf von Fellen, gesammelter Wolle von Moschusochsen, Schmuck, Waldbeeren und Pilzen. „Früher sammelte ich 500 Kilogramm Heidelbeeren, heute schaffe ich nur noch gut die Hälfte. Rücken und Knie lassen nicht mehr zu“, sagt der 61-Jährige, der in seinem Sohn einen fleißigen Begleiter hat. Ohne ihn könnte er die schweren Teile eines erlegten Karibus, deren Fleisch er isst, nicht mehr bis zur Blockhütte bringen. Daniel Hengst

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