Neues Gebäudeenergiegesetz
Bürgermeister Geppert schreibt an Bundestagsabgeordnete

Wolfach (ds/st) Thomas Geppert, Bürgermeister von Wolfach, wendet sich als Kreisverbandsvorsitzender auch im  Namen seiner  Kollegen des Kreisverbandes Ortenau des Gemeindetages Baden-Württemberg, bezüglich des Entwurfs zum neuen Gebäudeenergiegesetz in einem Schreiben an die Abgeordneten des Bundestags :

Das Schreiben im Wortlaut

"Am 19. April 2023 hat die Bundesregierung den Entwurf zum neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschlossen.
Ich bin überrascht, dass selbst die Regierungsmitglieder aus der FDP einen Gesetzesentwurf mittragen, der so ziemlich das Gegenteil dessen ist, was man von freiheitlich-liberaler Politik gemeinhin erwartet.

Ich fokussiere hierbei auf den Umstand, dass der Energieträger Holz – entgegen EU-rechtlicher Lesart – als nicht erneuerbar klassifiziert ist und ab 2024 bei Neuanlagen praktisch nur noch zu 35 Prozent eingesetzt werden darf – und dies auch nur mit zusätzlichen, erheblichen Restriktionen.

Die hiesigen Waldbesitzer verstehen das angestrebte Gesetz als einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihre Eigentumsrechte, nachgerade enteignungsgleich.

Wollte man an dieser Stelle eine vereinfachte verfassungsrechtliche Prüfung eröffnen, so wäre zunächst

a) das Gemeinwohlerfordernis für diesen schwer wiegenden Eingriff zu untersuchen
b) der Wirkungsumfang dieses Eingriffs zu ermitteln und
c) hieraus die Entschädigung abzuleiten.

Zu a) setze ich voraus, dass der Klimaschutz und die Klimawandelanpassung eine unbestreitbare Notwendigkeit mit wissenschaftlicher Evidenz darstellt. Die Frage ist jedoch, ob diese Ziele mit der Deklassierung des Energieträgers Holz erreicht oder begünstigt werden. Und dies sehe ich jedenfalls dann nicht gegeben, wenn dieses Holz oder die Holzhackschnitzel aus nachhaltiger Bewirtschaftung in der Region generiert werden, in erster Linie als Sekundärprodukt. Denn primär wird das Holz verbaut oder für sonstige langlebige Produkte verwendet und der Kohlenstoff somit gebunden. Das anfallende Nebenprodukt wird zum Energieträger und setzt hierbei Kohlendioxid frei, was jedoch kompensiert wird durch den gleichermaßen nachwachsenden Rohstoff Holz, welcher wiederum Kohlenstoff bindet. Für unsere Waldwirtschaft hier vor Ort dürfen wir also mit Fug und Recht in Anspruch nehmen, dass Holz eine erneuerbare Energie ist. Ohne diese werden die Klimaschutzziele EU-weit nicht erreicht. Wohl auch deshalb wurde kürzlich in den Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat zur Erneuerbaren Energien-Richtlinie (RED III) beschlossen, dass Brennholz weiterhin als erneuerbarer Energieträger einzustufen ist. Die EU-Mitgliedsstaaten können die Holzverbrennung in ihren Erneuerbaren-Mix einrechnen (Quelle: wochenblatt-dlv.de/politik/entwarnung-brennholz-gilt-weiterhin-erneuerbar-572743).

Ich wage somit bereits an dieser Stelle diese These, dass das Gemeinwohlerfordernis für den geplanten enteignungsgleichen Eingriff in den Waldbesitz qua Bundesgesetz nicht gegeben ist, denn dies verstößt gegen höherrangiges EU-Recht.

Der Wirkungsumfang b) kann an dieser Stelle nicht pauschal beziffert werden, dieser dürfte jedoch im Einzelfall für den waldbesitzenden Eigentümer dramatisch sein, wenn nicht nur infolge einer alternativ notwendigen Heizung erhebliche Mehrkosten im investiven Bereich und in der dauerhaften Beschaffung eines alternativen Energieträgers getragen werden müssen, sondern er überdies sein Sekundär-Holz nicht anderweitig verwerten kann. Schlimmstenfalls, wenn der Waldbesitzer sein Kalamitäten-Holz nicht aus dem Wald herausschaffen kann.

Und nachdem für diese Schäden im Gesetzesentwurf keine Entschädigung oder Kompensation im Sinne von c) vorgesehen ist, führt auch dieser Rechtsmangel – so meine weitere These – zur (weiteren) Verfassungswidrigkeit des geplanten Gesetzes.
Jedem Betroffenen ist deshalb anzuraten, notfalls den Rechtsweg zu beschreiten.

Geehrte Damen und Herren Abgeordnete, als gesetzlicher Vertreter eines Gemeindeforstbetriebs mit gut 850 Hektar, wie auch als Privatwaldnutzer, der vorhandenes Holz als Energieträger aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung mit kurzen Transportwegen nutzt, kann ich nur den Kopf schütteln, über das Ausmaß an Verunsicherung, Verärgerung und Politikverdrossenheit, welches die Bundesregierung bei unzähligen Betroffenen auslöst.

Überdies fühlen sich in unserer Heimat viele engagierte Privatwaldbesitzer einmal mehr in ihrer wirtschaftlichen Existenz beeinträchtigt.

Die Höfe-Bewirtschaftung im Schwarzwald mit ihren mannigfaltigen positiven Wirkungen für unsere ganze Gesellschaft, sei es wirtschaftlich, für den Erhalt der Kulturlandschaft, touristisch, naturschutzfachlich – um nur einige Facetten zu nennen – wird mit Gesetzesentwürfen wie diesem nicht nur gering geschätzt, sondern nachgerade in ihrer Zukunftsfähigkeit existenziell gefährdet. So darf es nicht weitergehen!

Den Schaden haben am Ende wir alle – übrigens auch das Klima: Denn ein nachhaltig bewirtschafteter Wald dient diesem weitaus mehr als ein stillgelegter. Unsere Waldbesitzer sind bereits Klimaschützer! Wenn man sie nur lässt – und nicht weiter hindert, wie mit dem neuen GEG.

Deshalb meine Aufforderung an Sie als Abgeordnete: Setzen Sie sich mit allem Nachdruck dafür ein, dass das GEG so nicht kommt!

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