Vor 400 Jahren brach der 30-jährige Krieg aus
Warum Bolzhurst von der Landkarte verschwand

Bürgermeister Marco Steffens, Richard Schwab, Verein für Legelshurster Ortsgeschichte, Klaus Gras, Michael Bergmann und Hermann Bass, beide vom Verein für Legelshurster Ortsgeschichte (v. l.), erinnern an die Ortschaft Bolzhurst, die im 30-jährigen Krieg zerstört wurde.  | Foto: Rolf Hoffmann
  • Bürgermeister Marco Steffens, Richard Schwab, Verein für Legelshurster Ortsgeschichte, Klaus Gras, Michael Bergmann und Hermann Bass, beide vom Verein für Legelshurster Ortsgeschichte (v. l.), erinnern an die Ortschaft Bolzhurst, die im 30-jährigen Krieg zerstört wurde. 
  • Foto: Rolf Hoffmann
  • hochgeladen von Christina Großheim

Willstätt-Legelshurst (st/gro). Am 23. Mai 1618 – also vor 400 Jahren – wurde mit dem zweiten Fenstersturz zu Prag der 30-jährige Krieg ausgelöst. Ein Religionskrieg, der auch in der Ortenau seine Spuren hinterließ, wie Klaus Gras, zertifizierter Gästeführer aus Kehl, weiß. Gemeinsam mit dem Verein für Legelshurster Ortsgeschichte macht er sich auf die Spuren des Weilers Bolzhurst. Denn der kleine Ort, der in der Nähe von Legelshurst lag, verschwand im Verlauf dieser Auseinandersetzung von der Landkarte. Nur eine Straße in dem Willstätter Ortsteil erinnert noch an die Siedlung: die Bolzhurststraße. 

Die Ursachen für den 30-jährigen Krieg liegen laut Gras in dem Beginn der Reformation: Im Jahr 1517 verteilte der Mönch Martin Luther seine 95 Thesen. Im Jahr 1530 wurden die Protestanten, die Luthers Lesart der Bibel folgten, nach jahrelanger Verfolgung durch das Augsburger Bekenntnis die Anerkennung der Glaubensgemeinschaft gewährt. Sie mündete 1555 in die Augsburger Konfession, die den Religionsfrieden zwischen Katholiken und Protestanten beinhaltete. Ein Moment, der nicht lange währte: Bereits 1608 konnten sich die rivalisierenden Konfessionsparteien auf dem Reichstag zu Regensburg nicht einigen. Die Protestanten verließen den Reichstag. Im Jahr 1609 garantierte Kaiser Rudolf II. den reformatorischen Ständen im Deutschen Reich Religionsfreiheit. Doch bereits sein Nachfolger, Kaiser Matthias, setzte die Böhmen 1617 wieder unter Druck und forderte eine Rekatholisierung. Ein Jahr später wurden zwei Statthalter des Kaisers von Angehörigen der Böhmischen Reichsstände in den Prager Stadtgraben, den Hradschin geworfen. Alle drei überlebten den Sturz, da sie in einem Misthaufen landeten. Für die böhmischen oppositionellen Adeligen bedeutete dies den Beginn eines Kampfes gegen die Zentralregierung in Wien, der sich im ganzen Reich ausbreitete. Erst 1681 wurde dieser Religionskrieg nach 31 Jahren mit dem Westfälischen Frieden beendet. Dabei schließen die Protestanten in Osnabrück, die Katholiken in Münster Frieden.

Doch zurück in die Ortenau: "In der Region 'Mortenau', aus dem Wort wurde schließlich Ortenau, wurde die Bevölkerung im Laufe des 30-jährigen Krieges um genau die Hälfte reduziert", weiß Gras. Es waren gar nicht einmal große Schlachten, unter denen die Bevölkerung zu leiden hatte, sondern vielmehr marodierende Banden, die sich alles nahmen, was ess- und trinkbar war. Bolzhurst war ein Ortsteil von Legelshurst. Dort lebten rund 37 Bürger. Erstmals erwähnt wurde die Siedlung im Jahr 1303, damals wurde sie noch "Bolleshurst" genannt. 1447 wurde sie zu einem Ortsteil von Legelshurst. 

Wie Gras berichtet, stand in Bolzhurst sogar ein Schloss, das von einer Mauer umgeben war. Nach Aussage des ehemaligen Gemeinderechners Weislogels sind die Grundmauern der Anlage noch in der Erde vergraben. Über das kleine Schloss legt heute das Namensschild "Schlossgarten" Zeugnis ab. Als die Soldateska den Ort erreichte, wurden die Bürger vertrieben oder getötet, die wenigen Häuser in Brand gesteckt. Brandstellen in der Erde erinnern noch heute an das Ereignis.

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.