Angedacht: Verena Sester
Die Kunst des Seins in Zeiten der Stille

Verena Sester | Foto: privat

Vergangenen Sonntag gab es einen Moment, da hatte ich auf nichts richtig Lust. Irgendwie wusste ich nichts mit mir anzufangen: keine Lust kreativ zu sein, keine Lust spazieren zu gehen oder Sport zu machen, keine Lust zu telefonieren, keine Lust etwas Produktives zu tun, keine Lust zu lesen, nicht mal Lust fern zu schauen.

Komisch, denn eigentlich liebe ich die Stille und Ruhe und brauche es auch, immer wieder für mich zu sein und einfach nichts zu tun – und auch sonst mangelt es mir nicht an Ideen, wie ich meine Zeit füllen kann. Aber so war es nun eben, ich war ein bisschen schlecht gelaunt, vielleicht auch gelangweilt und habe mich leer gefühlt.

Aus Mangel an Alternativen habe ich mich schließlich aufgerafft, mich auf den Balkon gesetzt und ein Buch mitgenommen. Das Buch habe ich erstmal zur Seite gelegt, so saß ich einfach da. Es ging gar nicht lange, da konnte ich mich innerlich darauf einlassen, da zu sein. Ich habe den Blick schweifen lassen und wahrgenommen, was um mich herum passiert. Ohne mich dafür angestrengt zu haben, war ich plötzlich wieder in Kontakt mit mir selbst, mit meinem Inneren. Ich habe gespürt: Die „Leere“ ist gar nicht leer. Das weiß ich eigentlich und doch bin ich immer wieder überrascht, wenn ich das erlebe.

Der Mangel an Alternativen wirft mich auf mich selbst zurück. Und das kann erstmal unangenehm sein. Ob ich das aushalten kann, oder nicht, hängt für mich damit zusammen, wie ich folgende Fragen beantworte: Was macht mich tief in mir drinnen aus? Wer bin ich, wenn ich nichts leiste? Wenn niemand zuschaut? Durch was lasse ich meinen Wert definieren? Kann ich einfach sein, oder muss ich eigentlich doch etwas tun?

Ich habe – wieder – erfahren: Ich muss mich nicht fürchten vor dem, was mich in der Stille erwartet. Es erwartet mich Gott, der mir sagt, dass ich geliebt bin. Einfach so!

Verena Sester, Pastoralreferentin in der Seelsorgeeinheit Schutterwald-Hohberg-Neuried

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