Joachim Junghans sagt ade
Liebe zum Kino wurde ihm in die Wiege gelegt

Joachim Junghans übernahm vor 46 Jahren das Kehler Kino Center. Am heutigen Sonntag übergibt er die Schlüssel an seinen Nachfolger Florian Schauren. Der leidenschaftliche Kinomacher hat beschlossen, in den Ruhestand zu gehen.  | Foto: Michael Bode
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  • Joachim Junghans übernahm vor 46 Jahren das Kehler Kino Center. Am heutigen Sonntag übergibt er die Schlüssel an seinen Nachfolger Florian Schauren. Der leidenschaftliche Kinomacher hat beschlossen, in den Ruhestand zu gehen.
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Kehl Kino liegt ihm im Blut, denn damit ist Joachim Junghans aufgewachsen. "Mein Vater hat mit einem Wanderkino angefangen", erzählt der 68-jährige Kehler. Damals wurde der Filmprojektor auf das Motorrad geladen, die angemieteten Säle waren in Gasthäusern. "Dann hat er sich ein Kino in Lidolsheim bei Karlsruhe gekauft", so Junghans. "Für mich gab es nichts anderes." Schon als Kind habe er im Vorführraum die Filme eingelegt und durch das Projektorenfenster in den Saal geschaut.

Schon als Kind die ersten Filme eingelegt

"Ich wollte immer Kino machen, doch mein Vater meinte, ich sollte erst etwas 'Anständiges' lernen, also wurde ich Bankkaufmann", erinnert er sich an seine Jugend zurück. Doch mit 22 Jahren suchte und fand er das Kino in Kehl. Damals trug es noch den Namen Kammerlichtspiele. "Der Vorbesitzer war Franzose. 1978 hatte es nur einen großen Saal mit 600 Sitzplätzen, die Kasse und eine Garderobe", erzählt der leidenschaftliche Kinomacher von den Anfängen.

1980 wurde umgebaut, es entstanden die drei Säle und der Name Kino Center Kehl. "Damals standen Tischchen drin, es wurden Getränke serviert und man durfte rauchen. Heute ist so etwas unvorstellbar", so Junghans. Doch beim Kehler Publikum kam das Konzept an. Die Lieblingsfilme damals: Bud Spencer und Terence Hill oder "Saturday Night Fever" zogen das Publikum an. "Es gab Wochen im Sommer, in denen kein neuer Film auf den Markt kam", schildert Joachim Junghans das Kinogeschäft der 80er-Jahre. Er zeigt dann Filmklassiker. "Damals gab es nicht so viele Möglichkeiten, zu Hause Filme zu schauen, die Menschen gingen ins Kino." Von Beginn an gab es ein spezielles Programm für türkischsprachige Besucher. "In die türkischen Filme kamen viele Besucher aus Straßburg", so Junghans.

1988 startete er sein Programmkino "Charlot", für das er als Kinomacher über 60 Auszeichnungen erhielt. Mit den Arthouse-Filmen kamen auch Regisseure und Schauspieler ins Kehler Kino. "André Eisermann war hier, aber auch Thomas Heinze. Er wollte damals unbedingt Kinokarten abreißen, weil er das in seiner Jugend gemacht hatte", denkt Junghans zurück. Regisseur Joseph Vilsmaier wurde ein Filmpreis im Kehler Kino überreicht, auch der französische Regisseur Jean-Jacques Annaud war mit seinem Film "Sieben Jahre in Tibet" zu Gast. "Ich mag eher die kleinen Filme, die eine schöne Geschichte erzählen", verrät Joachim Junghans. Doch natürlich hat er in den 46 Jahren, in denen er das Kehler Kino betreibt, seinem Publikum auch Blockbuster präsentiert. Dafür baute er stets die neueste Technik ein, damit der Kinobesuch tatsächlich zum Erlebnis wird. "Als wir auf die digitale Technik umstellten, wurde das Kino renoviert", so Junghans. Es wurde zuvor die "Rocky Horror Picture Show" gezeigt, das Publikum durfte Reis werfen, die Wände bemalen und am Ende der Vorstellung den Kinositz zur Erinnerung selbst ausbauen und mitnehmen.

Am Sonntag wird der Schlüssel übergeben

An diesem Sonntag übergibt Joachim Junghans das Kino an seinen Nachfolger Florian Schauren. "Ich werde erst einmal nichts tun. Kino war ein Sieben-Tage-Woche-Job", so Junghans. Dann will er mehr Sport treiben. Er fährt Radtouren und spielt Golf: "Ich muss aber ebenfalls meine Sammlung von alten Kinoplakaten ordnen. Und ich würde gerne wieder mit Schwarz-Weiß-Fotografie beginnen." Würde er irgendetwas in seinem Leben anders machen? "Nein, auf gar keinen Fall", sagt Joachim Junghans. "Die Alternative wäre Regisseur gewesen."

Joachim Junghans' persönliche Tipps
Filme, die man gesehen haben muss

  • "Oppenheimer" von Christopher Nolan
  • "Eins, zwei, drei" von Billy Wilder
  • "Pulp Fiction" von Quentin Tarantino
Joachim Junghans übernahm vor 46 Jahren das Kehler Kino Center. Am heutigen Sonntag übergibt er die Schlüssel an seinen Nachfolger Florian Schauren. Der leidenschaftliche Kinomacher hat beschlossen, in den Ruhestand zu gehen.  | Foto: Michael Bode
Freut sich darauf, mehr Zeit für seine Hobbys zu haben: Joachim Junghans | Foto: Michael Bode

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