Sonntagsporträt
Horst Biegerts Arbeitsplatz ist das Freilichtmuseum
Gutach/Schiltach Wenn die Schranke auf dem Parkplatz des Schwarzwälder Freilichtmuseums Vogtsbauernhof nicht funktioniert, klingelt bei Horst Biegert das Telefon. Der 58-Jährige kümmert sich dann darum, dass jemand den Schaden behebt. In seinen Händen liegt nämlich seit 22 Jahren die technische Leitung und Museumsbetreuung.
Beruf des Zimmerers von der Pike auf gelernt
Von Haus aus ist Horst Biegert Zimmerermeister. Die Familie hatte in Ichenheim, woher er ursprünglich stammt, einen Getränkehandel. Der Sohn wollte aber lieber ins Handwerk. "Bei den Zimmermännern sieht man direkt, wie die Arbeit vorangeht", sagt der Vater zweier erwachsener Kinder und zweifache Opa. Das hat ihn fasziniert. Tatsächlich hatte er Glück und bekam nach der Hauptschule auf Anhieb eine Lehrstelle. Das war 1981 alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Und dort lernte er den Beruf des Zimmerers von der Pike auf: "Es gab da richtig kernige Altgesellen, die hatten wirklich was drauf und ich habe sehr viel gelernt."
Der Liebe wegen ist der Zimmerermeister nach Schiltach gezogen. Das ist die Heimat seiner Ehefrau Gabi, mit der er seit 30 Jahren glücklich verheiratet ist, wie Horst Biegert betont: "Wir sind Seelenverwandte."
Anfangs pendelte er noch in die Ortenau. Aber morgens eine Stunde hin und abends wieder eine zurück war ihm auf Dauer dann doch zu viel. Deshalb wechselte er schließlich auch beruflich nach Schiltach. Seine Tochter Hannah war schon auf der Welt, als einige Zeit später das Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof einen Zimmerermeister als technischen Leiter suchte. Das war 2002, aber Horst Biegert erinnert sich noch als wäre es gestern gewesen. Mit seiner fachlichen Eignung konnte er voll und ganz überzeugen. Doch dann kam überraschend eine für ihn etwas befremdliche Frage: Wäre er bereit, sich für die Stelle im Freilichtmuseum seine langen Haare abschneiden zu lassen? Seine Antwort war klar: "Nein, die bleiben dran!" Damit dachte Horst Biegert, sei er aus dem Rennen. Aber dem war keineswegs so. Offensichtlich war die Frage nicht ernst gemeint, vielleicht auch ein Charaktertest. Jedenfalls bekam er schon am nächsten Tag telefonisch die Zusage. Er hatte sich unter über 50 Bewerbern durchgesetzt.
Seither hat er die Verantwortung über die Gebäude, Wege, Tiere und 450 Bäume sowie vieles andere mehr. Ungefähr zehn Prozent seiner Arbeit macht der Erhalt der historischen Gebäude aus, der Rest ist Museumsbetreuung. "Für mich ist es jeden Tag eine Freude, in das Freilichtmuseum zu kommen", betont er. Regelmäßig auch am Wochenende arbeiten zu müssen, macht ihm nichts aus: "Es ist ja auch ganz schön, dafür werktags frei zu haben."
In Schiltach wohnt er auf einem kleinen Bauernhof. Zu diesem gehören insgesamt 3,5 Hektar Wald und Wiesen. Außer Katzen hat die Familie keine Tiere mehr. Die vier Ziegen, deren Versorgung er sich mit Tochter Hannah vorher teilte, hat diese nämlich mitgenommen, als sie auszog. "Damit der Abschiedsschmerz nicht so groß war", erzählt der Vater schmunzelnd.
Laufen, Radfahren und auch Politik
In seiner Freizeit läuft Horst Biegert gerne. Donnerstags organisiert er einen Lauftreff. Ansonsten darf es gerne auch mal ein Marathon oder mehr sein. Für den Schwarzwaldverein Wolfach ist er als Wegewart aktiv, fährt sehr gerne Fahrrad und engagiert sich außerdem in der SPD: "Ich habe keine großen politischen Ambitionen, aber ich finde es einfach wichtig, dass wir für unsere Freiheit und Demokratie einstehen.
Anne-Marie Glaser
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