Professor Matthias Bärtl erhielt ersten Hochschullehrpreis
Wenn Gummibärchen Zinsrechnung erklären

Professor Matthias Bärtl in den historischen Gemäuern des Klosters in Gengenbach mit seinem Hochschullehrpreis.  | Foto: Michael Bode
  • Professor Matthias Bärtl in den historischen Gemäuern des Klosters in Gengenbach mit seinem Hochschullehrpreis.
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Gengenbach. Lauter junge Menschen sind auf dem Gengenbacher Campus der Hochschule Offenburg. Die Umgebung des alten Klosters samt des umgebenden Gartens machen neben dem innerstädtischen Flair die besonderes Atmosphäre aus. Aus der Klosterpforte tritt verabredungsgemäß Matthias Bärtl. Auf den ersten Blick scheint der Professor nicht viel älter zu sein als die Studenten auf dem Weg zu ihren Vorlesungen. Der Eindruckt täuscht, stellt Bärtl schnell klar. Mit seinen 42 Jahren hat er den erstmals von der Hochschule Offenburg ausgeschriebenen Hochschullehrpreis mit dem Titel "Gute Lehre hat viele Gesichter" gewonnen.

Wer Wirtschaftsmathematik, Statistik und Operations Research lehrt, muss interessante Vorlesungen abhalten. Anscheinend ist dem so bei Bärtl, denn nicht umsonst hatten bei den Nominierungen der Dozenten und Professoren eben viele der 750 Studierenden ihn auf dem Zettel. "Die Themen sind in vielen Bereichen relevant, aber eben nicht immer besonders anregend", weiß auch Bärtl, der seit 2013 in Gengenbach an der Hochschule lehrt. Also versucht er Abwechslung zu bieten und die Studenten in die Vorlesungen einzubeziehen. So gehören neben erarbeiteten Vorträgen auch Spiele und Interaktionen zum persönlichen Lehrplan. Wenn mit Hilfe einer Tüte Gummibärchen Zinsrechnungen und Statistiken verdeutlicht werden, ist die Aufmerksamkeit gegeben und die Vorfreude auf die Nachspeise groß.

Aufgewachsen ist Bärtl im thüringischen Schmalkalden, verpflichtete sich nach dem Abitur für zwölf Jahre bei der Luftwaffe und studierte in dieser Zeit Wirtschaftswissenschaften an der Bundeswehr-Hochschule in München, wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter und promovierte dort.

Über München und Den Haag nach Gengenbach

Von dort zog es ihn 2006 ins niederländische Den Haag, wo er als Berater für die NATO "qualitative Analysen" erstellte. "Das war spannend", so Bärtl rückblickend. So war er auch in Maßnahmen der Organisation ISAF involviert. Bärtl kann jetzt erklären, warum die Menge des angebauten Opiums ein Hinweis auf die Sicherheitslage in Afghanistan ist. Das Zusammenspiel von Wissenschaftlern wie ihm, Offizieren und Politikern "kann auch frustrierend sein, es half aber nichts", so Bärtl. Denn wenn die Mathematiker und Logistiker die Zahlen parat hatten, ging das Material vor der Umsetzung über viele Schreibtische. "Das schlagkräftigste Konzept war längst nicht immer das politisch gewollte", umschreibt es Bärtl. Wenn die Politik der NATO-Mitgliedsstaaten sich entschieden hatte, war unter Umständen das Datenmaterial überholt.

Es habe ihn die Freiheit der Lehre und die Erforschung von Themen, die im Alltag der Menschen interessanter sind, gelockt. Eigentlich sollte es eine Großstadt werden, wo er sein Wissen vermitteln wollte. Dann wurde er aber auf eine Professur in Gengenbach aufmerksam. Dabei hat ihn die Atmosphäre des Klosters und der historischen Gemäuer gepackt. "Die Studenten haben lieber moderne Gebäude", weiß er von seiner Klientel. "Wie Kollegen und Studenten mich mit einem Strahlen im Gesicht empfangen haben", bleibe ihm in Erinnerung.

Auch dgital ist Bärtl lehrend aktiv. Anfangs aus statistischer Neugier heraus baute er einen eigenen "YouTube"-Videokanal auf. "Dieses Feld ist bis dato wenig erforscht, obwohl es eins der wichtigen Kommunikationsmittel geworden ist", so Bärtl. Also forschte er und stellte etwa fest: Drei Prozent aller "YouTube"-Kanäle würden rund 65 Prozent aller Empfänger erreichen. Zu diesen drei Prozent gehört Bärtl nicht, aber immerhin 17.000 Abonnenten hat er inzwischen – nichts im Vergleich zu Superstars wie "PewDiePie", der 62 Millionen "Follower" erreicht. Nach seinem Fachartikel über "YouTube" kamen überraschend Zeitungen wie die "Washington Post" und "Financial Times" auf ihn zu.

In seiner Freizeit bewegt sich Bärtl gern in der freien Natur der Ortenau und des Schwarzwalds. "Für mich sind Lehre und Privates aber immer miteinander verwoben", macht Bärtl deutlich. Sein Preisgeld von 5.000 Euro investiert Bärtl natürlich für seine Studenten. Mit der smarten App "MathCityMap" – eine Art "Pokemon"-Spiel, nur lehrreicher – werden sie Hamburg erforschen.

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