Lisa-Marie Dickreiter ist mit Leib und Seele Schriftstellerin
Fischerbach. „Ich sitze immer noch vor meinem Laptop und denke mir: Du schreibst echt für
Oetinger, den Astrid Lindgren-Verlag. Das ist Wahnsinn“, erzählt
Lisa-Marie Dickreiter. Auch wenn das Konzept für die ersten drei Bände
von „Max und die wilde Sieben“ bereits vor etwa zwei Jahren eingekauft
wurde, kann sie es noch immer kaum glauben. Schon als junges Mädchen hat
Dickreiter die Geschichten von Michel aus Lönneberga oder Ronja
Räubertochter geradezu in sich hineingefressen: „Sie zu lesen, das war
wie nach Hause kommen.“
Eigentlich war es gar nicht ihre Absicht, Kinderbücher zu schreiben: „Das ist eine wahre Kunst für mich, aber dann ist es einfach passiert“, erzählt sie. Gemeinsam mit ihrem
Vater hat sie einen neuen Schreibtisch aufgebaut. Jungfräulich, riesig
und leer stand er vor ihr. Ein tolles Gefühl: „Da sitzt man dann und
möchte schreiben – irgendetwas und plötzlich war er da, der erste Satz:
‚Ich heiße Max. Ich bin neun und wohne im Altersheim.‘“ Die Geschichte
von „Max und die wilde Sieben“, die am 21. Juli erscheint, war geboren.
Geschrieben hat Dickreiter, die in Ohlsbach aufgewachsen ist, eigentlich schon
immer: „Ich hatte das unbeschreibliche Glück, dass ich in der dritten
Klasse Frau End aus Gengenbach als Lehrerin bekommen habe. Sie hat uns
die Bücher mit viel Liebe nähergebracht.“ Eine Szene ist der
Ohlsbacherin besonders in Erinnerung geblieben: Vor Unterrichtsbeginn
bekamen die Schüler zehn Minuten Zeit zur freien Verwendung. Dickreiter
las gerade „Die Brüder Löwenherz“. „Ich war an einer enorm spannenden
Stelle angekommen, als die Zeit um war und konnte das Buch einfach nicht
zur Seite legen.“ Ihre Lehrerin lies sie gewähren und erlaubte es der
jungen Lisa-Marie Dickreiter, die Stelle noch zu Ende zu lesen. „Danach
sollte ich an meinen Platz kommen und am Unterricht teilnehmen.“ Das
Vertrauen und der Respekt, den sie ihr und dem Buch entgegengebracht
hat, hat Dickreiter nie vergessen. „Wenn jemand neben meinen Eltern für
das verantwortlich ist, was ich jetzt bin, dann Frau End.“
Nach der Schulzeit ging es für die Ohlsbacherin für ein Drehbuchstudium nach
Ludwigsburg an die Filmakademie. „Für mich war klar: Das einzige, was
ich wollte, war schreiben.“ Ein Drehbuchstudium lag da für Dickreiter
nahe. Angst, später im Beruf zu scheitern, hatte sie nie. „Ich habe mir
darüber keine Gedanken gemacht, sicherlich auch, weil ich immer gejobbt
habe.“ Hinzu kam eine Portion Glück. Durch einen literarischen
Wettbewerb in Berlin bekam Dickreiter bereits während des Studiums eine
Literaturagentin, mit der sie noch heute zusammenarbeitet. „So bekommt
man einen Fuß in die Branche.“
Während ihrer Zeit in Ludwigsburg ist die Autorin immer zweigleisig gefahren, hat zu Drehbüchern die Prosageschichten geschrieben. So auch bei ihrem Debütroman „Vom Atmen
unter Wasser“. Das Spielfilmdrehbuch war zugleich ihre Diplomarbeit,
doch die Handlung um den Schmerz und die Wut, die Eltern erleben, wenn
das eigene Kind ermordet wird, hat Dickreiter so fasziniert, dass sie
auch den dazugehörigen Roman verfasste. Während der Film produziert
wurde, sollte das Buch erscheinen. Aber es kam anders: Dickreiter wurde
für den Baden-Württembergischen Drehbuchpreis nominiert, Andrea Sawatzki
sagte für die Hauptrolle zu und SWR und Arte verfilmten das Drehbuch.
„Das hat die Dinge natürlich enorm beschleunigt und ins Rollen gebracht.
Ich habe immer nur gesagt, ‚Halt, wartet auf mich‘, was natürlich
niemand gemacht hat“, erinnert sich Dickreiter und beginnt zu lachen.
Heute pendelt die Schriftstellerin zwischen Berlin und Fischerbach, wo sie in
einem kleinen Bauernhaus die nötige Ruhe zum Schreiben findet. „Weil
mein Freund Regisseur ist, wollte er gerne nach Berlin ziehen, was nahe
liegt. Ich benötige für meine Arbeit eine Steckdose und bin an keinen
Ort gebunden. Auch wenn ich die szenige und schnelllebige Stadt mag, war
klar, dass ich dort nicht dauerhaft leben kann.“ Mittlerweile verbringt
die Schriftstellerin die meiste Zeit des Jahres weit ab vom Trubel in
Fischerbach. Wenn ich schreibe, muss ich meinen Kopf frei haben.“
Dickreiter ist der Spagat zwischen Berlin und dem Schwarzwald wichtig:
„Hier kann ich mich konzentrieren und bekomme diesen Tunnelblick, den
ich für das Schreiben benötige.“
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