Crowdfunding: Die Masse als Mäzen für Kulturprojekte?
Susanne Gerold und „RockRainer“ berichten über ihre Erfahrungen mit dem Konzept
Ortenau. Eine gute Geschäftsidee ist schon einmal ein guter Anfang. Doch wie finanzieren?
Diese Frage stellen sich nicht nur Startup-Firmen, sondern auch viele
Künstler. Mit der rasanten Entwicklung des Internets treten immer wieder
neue Möglichkeiten zu Tage, wie man das eigene Projekt realisieren und
dabei noch Geld verdienen kann. Crowdfunding ist das Stichwort. Doch
geht das wirklich so einfach?
Susanne Gerold aus Offenburg ist Literaturübersetzerin und hat die ersten drei Bände von David Zindells vierbändigem Valashu-Epos – ein philosophischer Fantasy-Roman – für
einen großen Verlag übersetzt. Nachdem dieser die Finanzierung des letzten Bandes abgelehnt hat, will sie nun über www.startnext.de das benötigte Mindestkapital von 14499 Euro aufbringen, um das Übersetzungswerk zu vollenden. Dafür hat sie noch 24 Tage Zeit.
„Das Projekt läuft leider nicht sehr gut. Das betraf bereits die Fan-Phase
und zieht sich jetzt auch durch die Finanzierungsphase. Viele Leute, das
habe ich inzwischen gehört, finden das Projekt an sich toll, fühlen
sich aber nicht ,betroffen‘. Ein Buchprojekt – noch dazu ein
Übersetzungsprojekt – lässt sich nicht so aufbereiten wie ein Film- oder
Musikprojekt, die ja recht gut im Crowdfunding abschneiden“, erklärt
Gerold den Stand der Dinge. Bisher haben ihre „Crowd-Mäzene“ 5065 Euro
in Aussicht gestellt. Das Geld erhält sie aber nur, wenn die volle Summe
zusammenkommt. Ansonsten gehen die Spenden an die Unterstützer zurück.
Die wesentlichen Crowdfunding-Plattformen in Deutschland sind
„inkubato“, „mySherpas“, „pling“, „Startnext“ und „VisionBakery“. Für
jedes Projekt gibt es eine Zielsumme und unterschiedliche Beträge, mit
denen sich der Unterstützer beteiligen kann. Dafür erhält dieser dann
ein „Dankeschön“. Das kann eine Widmung, ein PDF-Exemplar oder auch ein
Besuch einer Band zum Wohnzimmerkonzert sein.
Diese Variante hatte die Lahrer Formation „RockRainer“ für ihr EP-Projekt gewählt. Vier
eigene Songs wollten die Musiker Sandro de Lorenzo und Sarah Danzeisen
auf den Markt bringen. Mit zahlreichen Touren und Songs wie
„Elektrorummelplatz“ oder „Angst vorm Adel“ haben sie sich schon
überregional einen Namen gemacht. „Wir haben damals ein Projekt
versucht, das wir nicht geschafft haben. Ich glaube, dass es schwer zu
vermitteln war, dass Musik, wenn man sie professionell und technisch gut
machen will, einfach einen Haufen Geld kostet. Und das ist eben unser
Anspruch mit RockRainer“, erklärt de Lorenzo die Tücken der
Internet-Finanzierung. Für Projekte, die schon eine starke Fanbase
hätten, also Rückhalt durch die Anhänger, sei das Konzept interessant.
„Unsere Fans – zynische Studenten und gleichgültige Trinker“, wie de
Lorenzo launig und augenzwinkernd die eigenen Anhänger beschreibt,
„geben sich den Stress nicht, wie etwa Fans von Teenie-Bands.“
Crowdfunding sei für kleinere Projekte super und könne sehr gut funktionieren. „Es
ist auch für manche Nischen und manche Genres ein ziemlich gutes
Konzept. Das bezieht sich vor allem auf Sachen abseits des Mainstreams.“
Ein Beispiel, wie „Crowdfunding“ erfolgreich genutzt werden und dennoch
die Masse ansprechen kann, ist „Stromberg“. Für den geplanten Film zur
TV-Serie wollte das Unternehmen Brainpool bis März 2012 eine Million
Euro einsammeln. Nach zwei Tagen lagen die Einnahmen bereits bei über
150000 Euro. Innerhalb einer Woche konnte die Summe von einer Million
Euro erreicht werden. „Klar kriegt Stromberg den Film finanziert – aber
halt, weil ihn jeder kennt und der Markt schon von vornherein da ist“,
so de Lorenzo. Mit ihrem eigenen Label „Rummelplatzmusik“ und zahlreichen
Internet-Votings geht „RockRainer“ nun andere Wege. Und das erfolgreich.
Auch bei Susanne Gerold stirbt die Hoffnung zuletzt: „Etliche Leute haben sich durch das Projekt zum ersten Mal mit dem Autor oder dem Zyklus beschäftigt und sind begeistert. Das ermutigt
mich, einen neuen Weg zu suchen, falls es mit der Crowd-Finanzierung
nicht klappt. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, die Übersetzung über
einen längeren Zeitraum – sagen wir im Laufe von zehn Jahren –
anzufertigen.“ Aber noch ist ein wenig Zeit. Und das Internet schläft nie.
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