Politiker wurde in Bad Griesbach ermordet
Matthias Erzberger war ein Mann der ersten Stunde

Am 26. August 2011 – zum 80. Todestag – fand in der Gedenkkapelle in Bad Griesbach eine Gedenkveranstaltung zu Ehren von Matthias Erzberger statt. Zu Gast war unter anderen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
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Bad Peterstal-Griesbach. Der Wind der Geschichte weht mal schwächer oder stärker in der Ortenau. In
unserer Serie „Hier wurde Geschichte geschrieben“ beschäftigen wir uns
mit Ereignissen, die sich in das Gedächtnis der Menschen eingegraben
haben. Sie können weit in der Vergangenheit liegen oder erst ein paar
Jahre zurück. Wie etwa die Ermordung des ehemaligen
Reichsfinanzministers Matthias Erzberger in Bad Peterstal-Griesbach, die
sich am 26. August zum 95. Mal jähren wird.

Matthias Erzberger wurde 1875 auf der Schwäbischen Alb als Sohn eines Schneiders und
nebenberuflichen Postboten geboren. Er galt als außergewöhnlich begabter
Schüler und sah seine berufliche Zukunft zunächst im Lehrberuf. So
schloss er 1894 mit erst 19 Jahren die Volksschullehrerprüfung in
Saulgau ab. Zwei Jahre später  begann Erzberger ein Studium des
Staatsrechts und der Nationalökonomie, schloss es aber nie ab, da er
zeitgleich schon begann, als Redakteur für das katholische Deutsche
Volksblatt zu arbeiten. Auch sein politisches Interesse wurde in dieser
Zeit geweckt, er engagierte sich in katholischen Arbeitervereinen und
der ebenfalls katholischen Zentrumspartei. 1899 war Matthias Erzberger
außerdem an der Gründung christlicher Gewerkschaften beteiligt. 1903
wurde Erzberger, dem man Zeit seines Lebens ein herausragendes
Gedächtnis und vorbildlichen Arbeitseifer nachsagte, als jüngster
Abgeordneter für die Zentrumspartei in den Reichstag gewählt.

Matthias Erzberger wurde zum Vollblutpolitiker, der  kaum einen Konflikt
scheute. So deckte er etwa die Skandale des deutschen Kolonialwesens auf
und war am Sturz der Regierung Bülow beteiligt. Kurz nach Beginn des
Ersten Weltkriegs wurde Erzberger Leiter der Auslandspropaganda des
Deutschen Reichs und richtete einen Auslandsgeheimdienst ein.
Reichskanzler Prinz Max von Baden ernannte Matthias Erzberger 1918 zum
Staatssekretär. Er war es auch, der als Leiter der
Waffenstillstandskommission auf Wunsch von Generalfeldmarschall Paul von
Hindenburg zum französischen Marschall Ferdinand Foch nach Compiègne
reiste und dort den Waffenstillstand unterschrieb, der zwar den Ersten
Weltkrieg beendete, die politische Laufbahn Erzbergers aber nicht. So
wurde er im Kabinett von Kanzler Philipp Scheidemann zum Reichsminister
ohne Ressort ernannt, unter Gustav Bauer wurde Erzberger 1919
Finanzminister. Innerhalb kürzester Zeit führte er eine völlig neue
Finanzverfassung ein und schaffte damit die Grundlagen für das heutige
Steuersystem.

Matthias Erzberger zählte zu den meist gehassten Männer der Weimarer Republik. Seine Feinde machten ihn nach der
Unterzeichnung des Waffenstillstands nicht nur verantwortlich für die
Niederlage des deutschen Heeres, sondern vor allem auch für die Gründung
der ersten deutschen Republik. Erzberger wurde Opfer einer rechten
Hetzpropaganda und trat von seinem Amt als Finanzminister zurück. Ein
erstes Attentat auf seine Person im Frühjahr 1920 ging für Erzberger
glimpflich aus. Doch der Urlaub in Bad Peterstal Griesbach eineinhalb
Jahre später sollte sein letzter sein: Am 26. August 1921 unternimmt
Matthias Erzberger zusammen mit seinem Parteikollegen Carl Diez einen
Spaziergang den Kniebis hinauf. Dort kreuzen zwei Wanderer ihren Weg,
die ohne Vorwarnung ihre Pistolen ziehen. Carl Diez bleibt verwundet am
Boden liegen, Matthias Erzberger, ebenfalls bereits getroffen, versucht
noch zu entkommen, rutscht aber einen Hang hinab und bleibt am Fuße
einer Tanne liegen. Dort finden ihn die beiden Attentäter – Heinrich
Schulz und Heinrich Tillesen, Mitglieder der „Organisation Consul“, und
schießen ihm mehrfach in den Kopf.

Heute erinnert ein Gedenkstein an die Ermordung Matthias Erzbergers. Dieser steht gut
sichtbar an der Griesbacher Steige – an der B28 Richtung Freudenstadt –
in einer Kehre. Auch die Gedenkkapelle Regina Pacis in Bad Griesbach ist
dem Politiker gewidmet. Außerdem trägt die Grund- und Hauptschule in
Bad Peterstal-Griesbach den Namen Erzbergers. Beerdigt wurde Matthias
Erzberger in Biberach an der Riß, wo die Haus- und Landwirtschaftliche
Schule nach ihm benannt wurde. Sein Geburtshaus in Buttenhausen bei
Münsingen wurde ebenfalls zur Erinnerungsstätte an sein Leben und
Wirken. Außerdem tragen zahlreiche Straßen in vielen Städten und
Gemeinden Deutschlands den Namen Matthias Erzberger, darüberhinaus in
Oberkirch auch eine Brücke. Seit dem 90. Jahrestag der Ermordung
Erzbergers trägt der Festsaal im Bundesfinanzministerium in Berlin den
Namen „Matthias-Erzberger-Saal“.

Autor: Daniela Santo

Am 26. August 2011 – zum 80. Todestag – fand in der Gedenkkapelle in Bad Griesbach eine Gedenkveranstaltung zu Ehren von Matthias Erzberger statt. Zu Gast war unter anderen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Der Gedenkstein an der Griesbacher Steige.  | Foto: Fotos: Meinrad Baumann

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