Immer im Einsatz
Hubert Glaser lebte 26 Jahre im Feuerwehrhaus
Achern (ag). Heute steht an der Stelle unweit des Schulhofs der Robert-Schuman-Realschule ein Parkplatz. Das war aber nicht immer so. 60 Jahre befand sich hier das Domizil der Feuerwehr, bevor es vor rund einem Jahrzehnt abgerissen wurde. Da waren die Floriansjünger aber längst in ein neues modernes Gebäude am „Alter Bahnhof 112“ umgezogen. Hubert Glaser erinnert sich noch sehr gut an das alte Feuerwehrhaus in der Acherner Innenstadt. Kein Wunder, schließlich lebte er dort 26 Jahre lang. Im alten Feuerwehrhaus war nämlich ursprünglich auch die Dienstwohnung des früheren Kommandanten untergebracht. Und das war Heinrich Glaser, der dort mit seiner Frau Elfriede sowie den drei Kindern, Ulrike, Johannes und eben Hubert lebte.
1972 hatte jedes der drei schon längst sein eigenes Zimmer im inzwischen ausgebauten Dachgeschoss. Ursprünglich wohnte die Familie aber zu fünft in der Drei-Zimmer-Wohnung im ersten Stock, die gleichzeitig Einsatzzentrale war und es noch viele Jahre blieb. Herzstück war das "Telefontischel". Wenn jemand vor 50 Jahren die Feuerwehr anrufen wollte, wählte er die Nummer 4000. Dann klingelte bei Glasers im Flur der Apparat. Hubert wusste bereits mit zehn Jahren, was dann zu tun war, ebenso seine Geschwister. "Es musste damals von der Familie immer jemand zu Hause bleiben, damit das Telefon besetzt war", erinnert er sich. Das änderte sich erst später. Da wurde eine Umleitungsmöglichkeit zum Gasthaus "Engel" geschaffen. Denn "Engel"-Wirt Heinz Speuerer war Feuerwehrmann und konnte im Fall der Fälle ebenfalls Alarm auslösen. Dass sich während seiner Kindheit und Jugend alles um die Feuerwehr drehte, empfand Hubert Glaser nie als Belastung. Im Gegenteil war er stolz, dass die Familie eine so verantwortungsvolle Aufgabe hatte. "Bei uns war immer Highlife. Wenn es nachts Alarm gab, saß meine Mutter im Nachthemd am Funkgerät, während die Männer ausrückten. Anschließend versammelten sich alle bei uns in der Küche." Manchmal war die Stimmung euphorisch, wenn es wieder einmal gelungen war, Schlimmeres zu verhindern. Da wurde gelacht und gescherzt. Aber es gab auch andere Stunden. Bilder von Tod und Zerstörung lassen sich nach dem Einsatz nicht einfach so mit dem Ruß an den Händen abwaschen. Psychologische Betreuung gab es damals nicht. "Wir saßen halt zusammen und haben über den Einsatz geredet", so Glaser.
Oft keine Sicherheitsgurte in den Autos
Damals wie heute ist es neben der Brandbekämpfung Aufgabe der Feuerwehr, bei Unfällen unter anderem Eingeklemmte zu befreien. "Die Fahrzeugtechnik in den 70er-Jahren war mit heute allerdings nicht zu vergleichen. Es gab keinen Seitenaufprallschutz, kein Airbag, zum größten Teil nicht einmal Sicherheitsgurte", so der gelernte Radio- und Fernsehtechniker.
Nie vergessen wird er den Unfall eines britischen Reisebusses auf der Brandmatt bei Nebel. Das Bild, das sich vor Ort bot, ließ auch erfahrene Einsatzkräfte zusammenzucken. Der Bus auf dem Dach am Abgrund, sechs Tote. Rund 30 Personen waren herausgeschleudert worden und lagen im Wald. Weitere Menschen waren in ihren Sitzen festgeklemmt und hingen kopfüber im Fahrzeug. "Schweres Gerät war in dieser Situation nutzlos", erinnert sich Hubert Glaser. Mit einem anderen Feuerwehrmann kletterte er damals vorsichtig in den Bus und befreite die teilweise Schwerstverletzten mit Hilfe eines kleinen Schraubenschlüssels. Dieser passte noch nicht einmal richtig, weil die in Großbritannien damals eine andere Norm hatten.
Jede Generation hat ihre Herausforderungen
Manchmal nützt eben die raffinierteste technische Ausrüstung nichts. Obwohl sich hierbei im Laufe der Jahrzehnte viel verändert und verbessert hat. Hubert Glaser hat unzählige Schulungen absolviert, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben. Haben es die heutigen Feuerwehrleute einfacher? "Nein", sagt er entschieden, "jede Generation hat ihre Herausforderungen, das kann man nicht vergleichen." In den 70er-Jahren waren Getriebegehäuse von Fahrzeugen noch aus Magnesium: "Wenn die mal brannten, hast du sie fast nicht gelöscht bekommen." Heute sind es die E-Autos, die Feuerwehrleute im Brandfall vor Probleme stellen können.
Strukturiertere Einsatztechnik
Was er sehr befürwortet, ist die inzwischen strukturiertere Einsatztaktik. "Vor allem Sicherheit und Eigenschutz haben sich drastisch verbessert", so der 67-Jährige. "Und das ist gut so." Um mit einem Augenzwinkern zu gestehen: "Wir waren damals doch irgendwie ganz schöne Haudegen."
In 47 Dienstjahren hat er fast alles erlebt – vom Großbrand und Menschenrettung bis hin zur Katze auf dem Baum. Nach einem Bandscheibenvorfall musste Hubert Glaser mit 60 Jahren aus dem aktiven Dienst ausscheiden. Das Risiko wäre einfach zu groß gewesen. Da war er Zugführer im Dienstgrad eines Oberbrandmeisters. Ein bloßes Hobby war das Ganze für ihn nie gewesen, mehr wie ein zweiter Beruf, in jedem Fall eine Berufung. "Ich habe es immer sehr gerne gemacht, Feuerwehreinsätze sind aber keine Spaßveranstaltung. Wir tragen hier Verantwortung", betont Hubert Glaser – das war 1972 so und hat sich nicht geändert.
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