Hans-Martin Moll ist kein Typ, der mit dem Strom schwimmt
Zell am Harmersbach. Mit großem Zeremoniell wurde Bürgermeister Hans-Martin Moll in der ehemals
kleinsten freien Reichsstadt verabschiedet. Zwei Bürgerwehren, drei
Musikkapellen und Trachtenträgerinnen waren vor dem Rathaus in Zell a.H.
aufmarschiert, um gemeinsam mit hunderten Bürgern Danke zu sagen. Zu
vergleichen beinahe mit einem Staatsakt wie dem großen Zapfenstreich.
„Meine Wunschvorstellung war es, dass man um meinen Eintritt ins
Rentnerdasein nicht so großes Aufhebens machen möge“, sagt Hans-Martin
Moll dazu. Der 67-Jährige ist mit seinen 32 Dienstjahren als
Bürgermeister auf dem Boden geblieben.
1975 wurde Hans-Martin Moll in Zell am Harmersbach zum Bürgermeister gewählt, mit 27 Jahren.
„Der jüngste Bürgermeister war ich nicht. Damals hatte ich Erwin Teufel
als Vorbild, der wurde 1964 als 25-Jähriger zum Bürgermeister in
Spaichingen gewählt“, sagt Moll, der in Haigerloch seine
Verwaltungsausbildung absolvierte. „Es gab damals eine Aufbruchstimmung.
Die Gemeindereform war umgesetzt und alles musste noch
zusammenwachsen.“ Moll war in zwei Städten und Gemeinden Kämmerer,
zuletzt in Deißlingen. „Dort habe ich Erfahrungen gesammelt, was bei der
Gemeindereform zu beachten war. Das hat sicher zum Teil den Ausschlag
gegeben.“
Besondere Augenblicke verbindet Hans-Martin Moll mit den in seiner Amtszeit besiegelten Partnerstädten Frauenstein und
Baumes-les-Dames. „Es haben sich viele Verbindungen entwickelt, die auch
über meine Amtszeit hinaus Bestand haben werden“, sagt Moll, der in den
Partnerstädten quasi einen Koffer stehen hat. Freundschaften sind auch
auf andere Weise entstanden. Bei der 875-Jahr-Feier der Stadt gab es
1989 auch ein besonders großes Treffen der Bürgerwehren in Zell am
Harmersbach. Dieses Jubiläum ist Hans-Martin Moll, der Mitglied im
Freundeskreis der historischen Bürgerwehren, Bürgermilizen und
Stadtgarden in Baden-Württemberg ist, gut im Gedächtnis geblieben.
Freunde sind so eine Sache. In schweren Zeiten erkennt man die echten: Die
Turbulenzen in seinem Familienleben spielten eine Rolle bei seiner
Abwahl im Jahr 1991. „In der damaligen Zeit noch ein Grund, mich nicht
mehr zu wählen. Heute sind wir 25 Jahre älter und man kann mit einer
solchen Lebenssituation die höchsten Staatsämter wahrnehmen.“ „Die alte
Boxerregel ,They never come back‘ konnte ich damals durchbrechen, es ist
ein bislang einmaliger Fall in Baden-Württemberg. Ohne einen starken
Rückhalt in der Bevölkerung und ohne vielfältigen Zuspruch von Freunden
und Weggefährten hätte ich diesen Antritt natürlich nicht gewagt“, sagt
Moll. Besonders Verbunden war er damals Staatssekretär Robert Ruder, der
ihn immer wieder ermunterte, aber eben auch die echten Freunde, die ihm
geblieben waren, und der Rückhalt in großen Teilen der Bevölkerung. Es
war kein einfacher Weg, zurück ins Amt des Bürgermeisters.
Hans-Martin Moll geht von 1991 bis 1999 in die Wirtschaft. In Sachsen und Thüringen
ist er bei der Kommunalentwicklung und bringt Stadtsanierungen auf den
Weg. Die nächste Station ist bei der Wohnbau Schwarzwald AG. Dieser Zeit
gewinnt Moll Gutes ab. „Es sind zwei wichtige Punkte. So war ich für
die Wirtschaft tätig und habe gelernt, wie es ist, wenn man der
Verwaltung als Antragsteller gegenübersitzt.“ 1999 wird Moll Nachfolger
seines Nachfolgers. „Mit der erworbenen Wirtschaftskompetenz ist es mir
nach meiner Wiederwahl sehr schnell gelungen, das Gewerbegebiet
Steinenfeld II zu vermarkten.“
„Ich bin kein Typ, der mit dem Strom schwimmt. Wenn alle in eine Richtung marschieren, ist das kein
Beweis für die Richtigkeit.“ Seine skeptische Haltung gegenüber
erneuerbaren Energien ist bekannt. „Es ist eine persönliche Überzeugung,
was für die Stadt getan werden musste, das habe ich getan. Ich bin an
Gesetze gebunden.“ Sachliche Auseinandersetzungen hat er immer hart
geführt, aber nicht auf persönlicher Ebene. „Man kann mich mit
Argumenten überzeugen.“
Bodenständig wie der am 2. Juni scheidende Bürgermeister ist, will er sich intensiver um seine
Ehrenämter kümmern, sei es beim DRK-Ortsverband, beim Tennisclub und bei
der Telefonfürsorge. Vor allem will er aber mehr Zeit mit seiner
Lebensgefährtin und seinen Kindern verbringen.
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