Baumaterial für Münster und Schiffsbau
Kinzigflößer brachten das Schwarzwaldholz in die Welt
Wolfach. Der Wind der Geschichte weht mal schwächer oder stärker in der Ortenau. In unserer
Serie „Hier wurde Geschichte geschrieben“ beschäftigen wir uns mit
Ereignissen, die sich in das Gedächtnis der Menschen eingegraben haben.
Sie können weit in der Vergangenheit liegen oder erst ein paar Jahre zurück.
Die Wolfacher Kinzigflößer kümmern sich um ein wichtiges Stück Geschichte. Die Flößerei wurde 2014 in das Verzeichnis des
Immateriellen Kulturerbes der Unesco aufgenommen. „Holz war als
Erwerbszweig früher sehr wichtig, das war über Jahrhunderte die
Einnahmequelle und sorgte für Arbeit“, sagen Anton Griesbaum, als erster
Vorstand auch Oberflößer genannt, und Edgar Baur, dritter Vorstand und
Schriftführer der Wolfacher Kinzigflößer unisono. Sebastian Münster
(1489 - 1552) beschreibt in seiner weitverbreiteten „Cosmographia
universalis“ den Holzumsatz und die wirtschaftliche Bedeutung der
Flößerei um Wolfach. Den Jahresumsatz gibt er darin mit dem Gegenwert
von sieben Millionen Tagwerken kleiner Leute an. Da ist es kein Wunder,
dass die Flößerei in Wolfach in guter und stolzer Erinnerung ist.
Aus Holz wurden nicht nur Alltagsgegenstände gefertigt, sondern es wurde
auch zum Heizen und vor allem zum Bauen benötigt. Anton Griesbaum und
Edgar Baur erzählen von den ersten Erwähnungen der Flößerei im frühen
Mittelalter, als um 1050 der Dom zu Speyer gebaut wurde und von
Bauholzlieferungen nach Straßburg – auch dort unter anderem für das
Münster. Besonders bekannt wurde der „Holländer“. „Das waren Baumstämme,
die besonders lang sein mussten und an der dünnsten Stelle einen
Durchmesser von 48 Zentimeter hatten. Die Holländer wurden für den
Schiffsbau verwendet“, so Griesbaum über die Lieferungen an die
niederländische Seefahrernation. Dies sei im Verhältnis zur
Gesamtholzmenge recht wenig gewesen, so Baur. Fast 90 Prozent des
Langholzes, das auf der Kinzig geflößt wurde, sei nach Straßburg
gegangen. Ein wichtiger Faktor sei auch die Driftholzflößerei gewesen.
„Das aufgespaltene Holz wurde einfach in die Wolf und die Kinzig
geworfen und diente in den Dörfern und Städten als Brennholz“, sagt
Baur. Ein zusätzliches Geschäft sei die Oblast gewesen. Dabei wurden
Güter auf den Flößen den Strom abwärts transportiert.
Um 1500 hatte Wolfach, wie auch Schiltach, ein absolutes Holzhandelsprivileg,
das bedeutete, dass die Bürger die ausschließliche Berechtigung zum
„auswärtigen Holzhandel“ hatten. Das schloss die Waldbesitzer vom
Handelsgeschäft der Schiffer und später Schiffergesellschaften, die
Genossenschaften waren, aus. Die Blütezeit der Flößer endete in Wolfach
durch die Eisenbahn, der Schienenstrang erreichte 1866 Hausach. 1857
waren es 300 Flöße, 1872 noch 250, 1882 lediglich 96 und 1891 nurmehr
20, die den Wolfacher Hafen verließen. 1895 wurde die Flößerei in
Wolfach eingestellt.
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