Ein Himmelsstürmer mit Rückwärtsgang

Ist meistens schon da, wenn andere noch laufen: Thomas Dolds Sportgerät ist die Treppe.  | Foto: Foto: Michael Bode
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Weit in den Himmel ragt der Frankfurter Messeturm. Schon von fern sieht man bei Nacht seine leuchtende Pyramide.
Für die meisten Menschen ist er das Symbol für den Finanzplatz
Frankfurt, nicht so für Thomas Dold. Für den 28-jährigen Himmelsstürmer
aus Steinach sind es 1344 Stufen auf dem Weg nach oben.

„Treppenlaufen ist für mich pure Leidenschaft. Wer für eine Trainingseinheit acht
Stunden benötigt, macht das nicht einfach so.“ Auf der Suche nach immer
neuen Herausforderungen hat Dold die höchsten Türme gestürmt, meist als
Sieger. Siebenmal in Folge hat er den Empire State Building Run Up in
New York gewonnen. Auf der Weltkarte seiner Erfolge finden sich Städte
wie Taipeh, Singapur, Sidney und London. Doch warum nimmt er nicht den
Aufzug? „Den nehme ich schon, aber abwärts“, grinst Dold.

Sein heimatnaher Treppenlauf-Trainingsort, der Stuttgarter Fernsehturm, ist
derzeit gesperrt. Zwei bis drei Mal pro Trainingseinheit hat er die 762
Stufen und 150 Meter während seiner Studienzeit genommen und das bis zu
drei Mal pro Woche. Weit über 100 Mal stand der Diplomökonom auf dem
Stuttgarter Wahrzeichen nur um nach der Aufzugabfahrt wieder
hochzuhetzen. „Was kann ich leisten?“, sei die Frage, die ihn antreibt.

Angefangen hat alles ganz „normal“. 1990 schnürte er beim SV Steinach die
Kickschuhe zum ersten Mal. 2001 kam dann der Ball abhanden. Sein Cousin
nahm ihn mit zum lockeren Dauerlauf über sechs Kilometer und konnte ihn
im Schlussspurt abhängen. „Das hat mich schon gewurmt“, so Dold, aber
nach einigen Monaten hatte er die Nase vorn. Bei der Deutschen
Berglaufmeisterschaft in Oberharmersbach wurde schließlich der
Berglauf-Nationaltrainer auf ihn aufmerksam. Von 2002 bis 2006 gehörte
er zur Berglaufnationalmannschaft.

2003 kam zum Berg, der steilste Berg hinzu: die Treppe. Auch sein erster Fualsträwkcür – äh:
Rückwärtslauf absolvierte er im selben Jahr. Heute noch kann man ihn ab
und an auf dem Kinzigdamm im Rückwärtsgang sehen. 2011 setzte er dort
sogar eine besondere Marke. Begleitet von einer Notarin auf dem Fahrrad
stellte er mit 40:58 Minuten den Weltrekord über zehn Kilometer auf.
„Leider wurde dieser schon wieder geknackt.“

Das Laufen in der Natur genießt der Steinacher: „Auf dem Kinzigdamm kann man von Offenburg
bis Hausach laufen und das sogar rückwärts und ohne Rückspiegel.“
Manchmal sei er dann so in Gedanken, dass er gar nicht mehr merke, dass
er einige Kilometer „blind“ gelaufen ist. Unermüdlich feilt er an seiner
Technik, egal, ob beim Treppen-, Rückwärts- oder schlichten
Vorwärtslaufen. „Viele denken, Laufen sei das einfachste der Welt, aber
man kann da einiges falsch machen und das ist dann nicht gesund, sondern
gibt der Arthrose Vorschub und macht dazu langsam.“

Nach den unzähligen Siegen auf den höchsten Treppen der Welt geht es für den Mann
mit einem Ruhepuls von 31 nun zu anderen Zielen. „Als Sportler habe ich
in meinem Bereich alles erreicht, nun will ich mein Wissen
weitergeben.“ Und wie immer geht er dabei ungewöhnliche Wege. Als
Mental-Coach hält er Vorträge und verändert Gewohnheiten. Nach seinem
Auftritt beim Männergesundheitstag des Bundesgesundheitsministeriums
hatte der Staatssekretär ein Schild im Ministerium angebracht – „Öfter
mal die Treppe nehmen“ – und konnte beim zweiten Treff von ersten
Erfolgen berichten.

Gern bedient sich Dold Vergleiche aus dem Automobilsport: „Was bringen 200 PS, wenn die Reifen die Leistung nicht
auf die Straße bringen?“ Wie man seine PS mental auf die Straße bringt
und ökonomisch läuft, gibt er den Teilnehmern seiner „Pulsinare“ weiter.
Derzeit büffelt er für die A-Lizenz des DLV. Mit dem Verein „Run2Sky“
betreut er die deutschen Marathon-Hoffnungen Lisa und Anna Hahner und
strebt mit den Beiden das nächste große Ziel an: die olympischen Spiele
in Rio 2016.

Autor: Matthias Stenzel

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