Koniks sorgen für Landschaftspflege und Naturschutz
Neue Hilfe auf den Grinden
Seebach (st). Sie sind neu im Nationalpark Schwarzwald, verrichten aber schon ihren Job, als wären sie nie woanders beschäftigt gewesen. Die neuesten Mitarbeitenden im Schutzgebiet haben vier Beine, ein helles Fell, wiehern ab und an und haben mächtig Hunger auf viele der Pflanzen, die auf den Grinden wachsen: Den Koniks, einer wildpferdähnlichen, kleinen Pferderasse, gefällt ihr Arbeitsplatz augenscheinlich gut. Mit ihrer Lebensweise und Ernährung helfen sie mit, die Grinden, die traditionellen Bergweiden auf den Nationalparkhöhen, von Vegetation frei zu halten. Eine sogenannte Win-Win-Situation also, denn auf den Grinden darf die Natur wegen des besonderen Ökosystems eben nicht, was sie sonst im gesamten Nationalpark darf: einfach sein, wie sie will.
Facette im Beweidungskonzept
„Wir schätzen uns glücklich über die Neuzugänge, die ab diesem Sommer mithelfen, den Arten- und Biotopschutz auf unseren Bergheiden sicherzustellen“, so Nationalparkleiter Wolfgang Schlund. „Ermöglicht wurde diese weitere Facette im Beweidungskonzept durch die im Frühjahr 2020 beschlossene Kooperation mit dem Verein Wilde Weiden Taubergießen und dem Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe, der das Projekt fachlich begleitet. Wir wissen das Engagement der Kooperationspartner sehr zu schätzen!“ Die Pferde werden, so sieht es die Kooperation vor, den Sommer auf den Höhen im Nationalpark verbringen, um im Herbst und Winter dann weiter im Rheintal bei der Beweidung der Wilden Weiden Taubergießen mitzuhelfen.
Positive Erfahrungen
Den Anstoß zur Kooperation gab Jochen Paleit, Bürgermeister der Gemeinde Kappel-Grafenhausen und Mitinitiator des Naturschutzprojektes Wilde (Wald-)Weiden Taubergießen. „In Baden wirkte über Jahrtausende die gestalterische Kraft der Weidetiere. Traditionell wurden in den Sommermonaten die Grinden im Schwarzwald und im Winter die Rheinauen beweidet. Ich freue mich, dass wir nun diese althergebrachte Tradition wieder neu beleben. Unsere Erfahrungen mit den Koniks im Projekt Wilde Weiden Taubergießen sind positiv. Sie fressen und gestalten seit Jahren auf unseren Weiden und in unserem Auwald. Seitdem hat sich der Bestand des bedrohten Neuntöters verdreifacht. Viele weitere vom Aussterben bedrohte Tierarten kehren durch die Hilfe der Koniks in die Oberrheinauen zurück.“
Zoodirektor Matthias Reinschmidt, der in Sachen Artenschutz weltweit unterwegs ist, war von der Idee der Kooperation sofort begeistert: „Wir freuen uns besonders darüber, dass durch dieses Projekt die bereits seit 2015 bestehende Partnerschaft zwischen der Stadt Karlsruhe und dem Nationalpark Schwarzwald weiter ausgebaut werden konnte“, so Reinschmidt.
18 Hektar große Weide
Die beiden Stuten und der Hengst haben sich auf ihrer speziell eingerichteten Weide am Schliffkopf schnell eingelebt – sogar ein Fohlen ist dort schon geboren worden. „Wir haben vor Ankunft der Tiere eine 18 Hektar große Weide nach den aktuellen Standards für die Haltung der Pferde umzäunt. Die an Wälder angepassten Koniks fühlen sich in ihrer neuen Heimat sichtlich wohl“, so Thomas Gamio, der im Nationalpark unter anderem für die Weidetierhaltung zuständig ist. Die kleinen Wildpferdverwandten sind nun neben den Rindern, den Ziegen und Schafen eine weitere Weidetierart, die auf den Grinden ihren Dienst verrichten.
„Wir wollen mit den Koniks aber nicht einfach nur den im Nationalparkgesetz und im europäischen Schutzgebietsnetz "NATURA 2000" verankerten Artenschutz und die dazu nötige Offenhaltung der charakteristischen Grindenlandschaft erreichen. Mit den verschiedenen Weidetieren, die alle ganz unterschiedliche Pflanzenarten bevorzugen, bilden wir hier auch die traditionelle Waldweide nach – eine uralte, seit Jahrhunderten praktizierte Form der Waldnutzung im Schwarzwald“, erläutert Marc Förschler, Leiter des Fachbereichs 2 – Ökologisches Monitoring, Forschung und Artenschutz, des Nationalparks. Das ist wichtig für dieses ganz spezielle Ökosystem: „Die Waldweide kommt den natürlichen Bedingungen am nächsten, denn vor dem Wirken des Menschen waren in unseren Wäldern zahlreiche große Säugetierarten beheimatet, wodurch auch der ursprüngliche Wald sehr struktur- und artenreich war“, so Förschler. Artenreich, da die Weideaktivität verschiedener Tierarten von alters her auch einen wichtigen Nebeneffekt hat: Im Dung der Weidetiere siedeln sich zahlreiche Dungkäfer und Dungfliegen an. Die Käfer und Fliegen wiederum sorgen nicht nur für die Beseitigung der tierischen Hinterlassenschaften und die Verbreitung von Pflanzensamen. Sie dienen auch selbst wiederum als Nahrungsgrundlage für Vögel und andere Tiere.
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