Refugium für Flora, Fauna und den Menschen
Nationalpark Schwarzwald: Die Natur Natur sein lassen
Seebach (mak). Da hatte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann offenbar ein wirklich gutes Gespür. Rund ein Jahr vor der Gründung des Nationalparks Schwarzwald im Jahr 2014 hatte er im Landtag für den Park als Schutzgebiet für sehr seltene Arten geworben. Als Beispiel wählte Kretschmann die Zitronengelbe Tramete, einen Pilz, dessen Funktion die eines Naturnäheanzeigers ist. Wo dieser Pilz wächst, müssen schon ziemlich urtümliche Bedingungen herrschen. Und knapp ein Jahr nach der Gründung des Nationalparks Schwarzwald vermeldete die Sonderbehörde dann eine kleine Sensation: den Nachweis der Zitronengelben Tramete. Dieser Fund zeigt, dass das Motto des Nationalparks – "Natur Natur sein lassen" – damit einen ersten Erfolg verbuchen konnte.
Auf den insgesamt 10.062 Hektar Fläche des Nationalparks, die sich in den Bereich Nord am Hohen Ochsenkopf mit 2.447 Hektar und den Bereich Mitte/Süd am Ruhestein mit 7.615 Hektar aufteilen, soll aber nicht nur der Natur freien Lauf gelassen werden, sondern der Park soll auch den Menschen als Freizeit- und Erholungsort zur Verfügung stehen, um sich so inmitten einer ursprünglichen Natur von der Hektik des Alltags erholen zu können.
Forschung und Bildung
"Auch die Forschung und Bildung gehören zu den wichtigsten Aufgaben der Verwaltung", erklärt Franziska Schick, stellvertretende Pressesprecherin des Nationalparks. Und weiter: "Um den verschiedensten Anforderungen gerecht zu werden, wurden alle Aufgaben, Themen und Ziele unter Beteiligung der Region erarbeitet und im Nationalparkplan festgehalten. Der Nationalparkplan ist sozusagen das Betriebshandbuch des Parks." Dieser enthalte 14 Module, auf die sich der Nationalpark besonders konzentriere. Teilweise seien diese Module bereits abgeschlossen oder bald abgeschlossen und teilweise würden sie immer Bestandteil der täglichen Arbeit des Nationalparks bleiben. Dazu gehöre unter anderem der Arten- und Biotopschutz, das Besucherzentrum, das Borkenkäfermanagement, die Erholung und Gesundheit, Forschung und Dokumentation, die Natur- und Wildnisbildung sowie die Bearbeitung eines Tourismus-, Verkehrs- und Wegekonzepts, aber auch das Wald- und Wildtiermanagement sowie die Zonierung.
Die ersten Gedanken zu einem Nationalpark gab es bereits zu Beginn der 90er-Jahre. Die Idee zu einem Biosphärengebiet in der Region wurde 2010/11 diskutiert. "Aus Reihen der Touristik-Beauftragten der Region kam dann der Vorschlag eines Nationalparks, der vom Naturschutzbund aufgegriffen wurde. Das führte letztlich zur Gründung des ersten und einzigen baden-württembergischen Nationalparks im Schwarzwald am 1. Januar 2014", erklärt Schick. Die mittlerweile 112 Mitarbeiter würden versuchen, in ihrer täglichen Arbeit "den Prozessschutzgedanken umzusetzen und anschaulich zu vermitteln", so Schick. Es gelte zudem, der Natur ihren freien Lauf zu lassen, die natürlichen Prozesse zu beobachten und das Bewusstsein für die Besonderheit des Schutzgebietes zu fördern.
Bannwald ist das Herzstück
Und Besonderheiten gebe es einige. Der Nationalpark Schwarzwald werde auch als Tannennationalpark bezeichnet, weiß Schick zu berichten, weil er mit zehn bis 15 Prozent Anteil an Tannen am Gesamtwaldbestand den größten Tannenanteil aller Nationalparks in Deutschland habe. "Zudem ist eines seiner Herzstücke, das ehemalige Bannwaldgebiet Wilder See, ein für Baden-Württemberg einzigartiges, bereits mehr als eine Spur wilderes Gebiet, in das seit mehr als 100 Jahren der Mensch nicht mehr eingreift", erklärt Schick.
Dort würden sich Flora und Fauna besonders wohlfühlen und prächtig gedeihen. "Eine erste Zwischenbilanz zur Biodiversität Ende Juni dieses Jahres ergab, dass bisher mehr als 2.100 Tierarten, davon 1.400 Insektenarten, mehr als 1.050 Pilzarten, fast 600 Farn- und Blütenpflanzen sowie mehr als 200 verschiedene Flechten- und fast 400 Moosarten im Nationalpark erfasst worden sind. Das sind rund 20 Prozent der in Baden-Württemberg insgesamt vorkommenden Tier-, Pilz- und Pflanzenarten", erklärt sie. Die wertvollsten Arten unter den Insekten und Spinnentieren seien vor allem sogenannte Reliktvorkommen von überwiegend im hohen Norden und den Hochgebirgen verbreiteten Arten wie der Blockhalden-Wolfspinne, des Pechbraunen Bartläufers oder des Boschs Berg-Dammläufers, den es weltweit nur in Baden-Württemberg gebe.
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