Tunnelbohrmaschine vorgestellt
Herrenknecht kehrt an Gotthard zurück
Schwanau (st) Am Schweizer St. Gotthard kommt erneut Tunnelbohr-Technologie aus Schwanauer Fertigung zum Einsatz. Für den Vortrieb der zweiten Röhre des Gotthard-Straßentunnels stellten Herrenknecht-Ingenieure am 30. Juli 2024 eine Tunnelbohrmaschine vor. Anwesend war eine hochrangige Delegation des Bauunternehmens Marti Tunnel AG sowie des Bauherren ASTRA.
Rund 16.000 Fahrzeuge passieren pro Tag den Gotthard-Straßentunnel. Das sind pro Jahr sechs Millionen Autos und Lastwagen. Seit 45 Jahren ist er ein Schlüsselbauwerk des europäischen Nord-Süd-Verkehrs durch die Alpen. Auf 16,9 Kilometern Länge verläuft er zwischen Göschenen im Schweizer Kanton Uri und Airolo im Kanton Tessin. Die altersbedingt notwendige Instandsetzung geht das Schweizer Bundesamt für Strassen (ASTRA) nach langfristiger und sorgfältiger Planung an. Damit während der Sanierung und der notwendigen Sperrung des Tunnels der Verkehr wie bisher fließen kann, beauftragte das ASTRA den Bau einer zweiten, parallelen Röhre. Nach dem Abschluss aller Arbeiten an beiden Röhren wird für den Verkehr in südliche und in nördliche Richtung je ein Tunnel mit einem Fahrstreifen (plus Pannenstreifen) zur Verfügung stehen – ein deutlicher Sicherheitsgewinn gegenüber dem bisherigen Betrieb mit Gegenverkehr in einer Röhre.
Spezialistin für den Fels der Alpen
Die mit dem Tunnelvortrieb beauftragten Unternehmen orderten je eine Tunnelbohrmaschine (TBM) für den nördlichen und für den südlichen Bauabschnitt der Hauptröhre. Die Vertreter des Bauunternehmens Marti Tunnel AG zusammen mit den verantwortlichen Herrenknecht-Ingenieuren schlossen Ende Juli die technische Abnahme der Maschine für das südliche Baulos erfolgreich ab: Der Durchmesser der Maschine vom Typ Einfachschild-TBM beträgt 12.310 Millimeter.
Der Bohrkopf wird von 16 elektrischen Motoren angetrieben, die insgesamt über eine Leistung von 5.600 Kilowatt oder rund 7.600 PS verfügen. Zum Vergleich: Ein aktuelles Auto der Formel 1 hat rund 1.000 PS. Als Einfachschild-TBM ist die Maschine eine Spezialistin für den Vortrieb durch das Hartgestein der Alpen. Auf dem 7.755 Meter langen südlichen Bohrabschnitt ist vorwiegend mit Granit, Gneis und Schiefer zu rechnen. Der technischen Abnahme folgt nun die Demontage der Maschine und der Transport der Komponenten auf die Baustelle in Airolo (Tessin). Dort wird die TBM wieder montiert, damit die Mineure der Marti Tunnel AG den Vortrieb der Hauptröhre von Süden her planmäßig ab März 2025 in Angriff nehmen können.
Störungsfrei zur Störzone
Gemäß geologischen Voruntersuchungen erwarten die Tunnelbauer auf der geplanten Bohrtrasse für die Hauptröhre im Norden und im Süden je eine geologische Störzone. Aufgrund der Felscharakteristik fiel die Entscheidung, vor dem Start der maschinellen Hauptröhrenvortriebe die beiden Störzonenabschnitte im konventionellen Sprengvortrieb auszubrechen. Um die Störzonen im Berg zu erreichen, wurden Zugangsstollen durch den Fels getrieben. Dabei konnte auch maschinelle Vortriebstechnik eingesetzt werden. Die Marti Tunnel AG hat den Vortrieb des südlichen Zugangsstollens mit einer Herrenknecht-Einfachschild-TBM (7.400 mm Durchmesser) bereits im August 2023 erfolgreich abgeschlossen. Die Maschinen für die Hauptröhre werden später durch die beiden bereits ausgebrochenen Störzonen durchgezogen.
Für die beiden nördlichen Baulose (Hauptröhre und Zugangsstollen) hat Herrenknecht eine Gripper-TBM (7.030 mm Durchmesser) sowie eine Einfachschild-TBM (12.225 mm Durchmesser) an eine Arbeitsgemeinschaft der Unternehmen Implenia Schweiz AG und Frutiger AG geliefert. Der Vortrieb des nördlichen Zugangsstollens wurde im April 2023 abgeschlossen. Die Abnahme der Einfachschild-TBM für den südlichen Abschnitt der Hauptröhre fand am 8. Juli 2024 in Schwanau statt.
Die Champions League des Tunnelbaus
Bereits von 2003 bis 2011 fuhren die ausführenden Baukonsortien am Gotthard mit vier Herrenknecht-Maschinen insgesamt 85 Kilometer Tunnel für den bisher längsten Eisenbahntunnel der Welt auf. Die Lieferung für den Gotthard-Basistunnel gehört zu den herausragenden Meilensteinen der Herrenknecht-Unternehmensgeschichte. Das bestätigt auch Matthias Schwärzel, zuständiger Leiter der Projektleitung. Er ist stolz, jetzt mit Herrenknecht-Technologie an den Gotthard zurückzukehren: „Tunnelbau in den Alpen und besonders am Schweizer St. Gotthard hat für uns immer eine emotionale Komponente. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den Mineuren auf der Baustelle.“
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.