Angedacht: Ulrich Sapel
Die Dorfkirche wurde zu einem Festsaal
Vor etlichen Jahren, zwei Wochen vor Ostern, wurde ich konfirmiert. In den Tagen zuvor waren die Eltern zum Putzen der Kirche verpflichtet worden. Wir Konfirmanden sammelten uns vor der Kirchentür, um eine Girlande aus Tannenreisig zu winden und mit Kreppblumen zu verzieren. Rund um den Eingang drapiert, schmückte sie zum Festtag das Portal. Die Dorfkirche wurde zum Festsaal.
Sinnspruch erschloss sich mir viel später
Unter den Geschenken, die sich derweil zu Hause sammelten, fand sich neben Krawatten samt Einstecktuch auch ein Täfelchen mit dem Sinnspruch. "Zwei Dinge bedenke: Woher? Wohin? Dann hat dein Leben den rechten Sinn." Als Konfirmand wusste ich mit drei Krawatten etwas anzufangen. Einen Knoten konnte ich nicht binden, und so verschwanden sie im Schrank. Bereits nach kurzer Zeit waren bunte und breite Schlipse aus der Mode.
Auch mit dem Sinnspruch konnte ich nichts anfangen. Das Täfelchen ging verloren und es dauerte Jahre, bis sich mir der dennoch im Gedächtnis gebliebene Spruch erschloss: Als Mensch befinde ich mich auf meinem persönlichen Lebensweg. Als Teil der Menschheit, zumal derer, die sich christlich nennt, beginnt dieser Weg jedoch lange vor der Geburt. Das Woher ist für mich die Erinnerung an den Anfang der Zeit, als Gott diese Erde mitsamt Menschen schuf. Im Wohin sehe ich die Hoffnung auf das, was die Bibel als Reich Gottes beschreibt. Eine Daseinsform, die wir als paradiesisch bezeichnen. Und zwischen Woher und Wohin versuche ich, als Ebenbild Gottes, in dieser grandiosen Schöpfung verantwortungsvoll zu handeln und sinnvoll zu leben.
Vielerorts lebt der Brauch der geschmückten Kirchentür noch heute. Besuchen Sie doch wieder einmal ein Kirchengebäude in Ihrer Umgebung! Anregungen für (Rad-)Touren zu interessanten Kirchen der Ortenau finden Sie hier: www.radwegekirchen-ortenau.de
Schauen Sie sich ruhig und aufmerksam um. Ich bin sicher: Sie werden in solch einem Festsaal ganz bestimmt Spuren des Woher und des Wohin entdecken.
Ulrich Sapel, Diakon im Schuldienst und für Radwegekirchen, Sasbach
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