Harte Kritik in weichem Zungenschlag
Der Liedermacher Martin Schütt hat seinen eigenen Kopf
Liedermacher, Kleinkunstbühnenbesitzer, Veranstalter, Übersetzer und Lehrer – Martin Schütt hat viele Talente.
In der Region kennt man ihn vor allen Dingen als Liedermacher mit Liebe
zur Mundart und als Inhaber des Ku-Stalls in Rheinau-Freistett. In
seinem alten Bauernhaus in der Kronenstraße bietet er – tatkräftig
unterstützt von seiner Familie – ein vielfältiges Programm.
Der gebürtige Lichtenauer stand als 17-Jähriger erstmals auf der Bühne:
„1965 hatte ich einen Auftritt im Talentschuppen von Dieter Pröttel im
Fernsehen.“ Damals gehörte seine musikalische Liebe noch Udo Jürgens und
Freddy Quinn. „17 Jahr, blondes Haar‘ habe ich gesungen“, lacht der
64-Jährige. Es folgten Auftritte auf regionalen Bühnen. Natürlich lernte
er etwas „Anständiges“: „Ich habe nach dem Abitur in Kehl die
Pädagogische Hochschule in Lörrach absolviert“, erzählt Schütt. In Basel
und Freiburg legte er Deutsch und Geographie nach.
Die Entscheidung, 1974 als Lehrer nach Griechenland zu gehen, hat sein Leben
mehrfach beeinflusst: Zum einen lernte er dort seine Frau Despina
kennen und lieben, zum anderen das Land an und für sich. „Ich liebe die
Wärme, ich könnte ein gutes halbes Jahr in der Sonne leben“, sagt er
schwärmerisch. In Griechenland gründete und leitete er eine Schule für
die Kinder einer deutschen Firma. „Wir waren quasi eine Dependance der
Deutschen Schule in Thessaloniki.“ Doch als das Unternehmen Konkurs
anmeldete, ging es für Familie Schütt zurück nach Deutschland. Familie
deshalb, weil in der Zwischenzeit Sohn Alexander das Licht der Welt
erblickt hatte. Zurück in der alten Heimat zogen die Schütts nach Achern
und Martin Schütt wurde Lehrer an der Lenderschule, der er bis zum
Ruhestand treu blieb.
Parallel entwickelte sich seine Karriere als Musiker: „1980 fuhr ein Schiff der Grünen mit Protestsängern an Bord
nach Straßburg – ich war einer von ihnen.“ Den deutschen Schlager hatte
er da schon hinter sich gelassen. Martin Schütt macht engagierte
Lieder, getreu seinem Lebensmotto „Seid Sand, nicht Öl im Getriebe“
(Günter Eich). Das Angepasstsein liegt ihm einfach nicht. Den „Urknall“
seiner Karriere sieht er in einem Auftritt 1982 auf dem Baden-Badener
Weihnachtsmarkt bei Gustl Glattfelder.
1984 folgte der Wechsel ins Hanauerland, Schütt und seine Frau kauften das alte Bauernhaus in
der Kronenstraße in Freistett, in dem sie auch heute noch leben und
arbeiten. „Zur gleichen Zeit habe ich die Flügel zu elsässischen
Liedermachern ausgestreckt. Es war kein Problem, sie von meiner Idee zu
begeistern, wir sprechen denselben Dialekt.“
Eine künstlerisch fruchtbare Zeit begann für Schütt: Die ersten „Stallowe“ im noch nicht
ausgebauten Kuhstall fanden statt. „Meine Frau hatte darüber ihr
Atelier“, erzählt Schütt, ein gewisses Spannungsverhältnis lässt sich
nicht verleugnen. Diese Zeit war auch die Geburtsstunde von „Winnachte
bi uns“. Zwölf Jahre verzauberte Schütt mit den Elsässern Roland Engel,
Jean-Pierre Albrecht und Pierre Zeidler das Publikum, nicht nur im
heimischen Stall, sondern auch im Münster in Schwarzach und im Palais de
Congrès in Straßburg. „So eine große Bühne ist schon beeindruckend“,
grinst Schütt. Er schätzt aber auch die intimen Auftritte im kleineren
Rahmen. Er organisierte die Burgentournee, Liedermacherfeste und vieles
mehr.
Immer im Mittelpunkt steht und stand die Mundart: „Muttersprache ist für mich Nähe, Wärme, regionale Zusammengehörigkeit,
aber auf jeden Fall keine Heimattümelei.“ Da blitzt er wieder auf, der
Querdenker, der sich nicht raushalten kann und will. Das zeigt sich auch
künstlerisch – für seinen „Schubert auf Alemannisch“ bekam er nicht nur
Lob. Doch das stört ihn nicht. „Hermann Prey fand es gut“, sagt Schütt.
Heute steht Schütt nach wie vor auf der Bühne (die Weihnachtstournee beginnt am 7. Dezember), aber seit die Familie vor
zehn Jahren die Kleinkunstbühne mit Biergarten Ku-Stall eröffnet hat,
ist er auch Veranstalter: „Das sind zwei diametral unterschiedliche
Dinge, die beide Spaß machen.“
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