IHK-Konjunkturbericht
Wirtschaft am Oberrhein tritt auf der Stelle

Stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Alwin Wagner  | Foto: Sarah Remmele für die IHK Südlicher Oberrhein
  • Stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Alwin Wagner
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Ortenau/Freiburg (st) Das Jahr 2024 startet alles andere als schwungvoll, die Wirtschaft kommt in vielen Bereichen nicht vom Fleck. Das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage der IHK Südlicher Oberrhein zum Jahresbeginn, heißt es in einer Pressemitteilung. Der Konjunkturklimaindex habe sich im Vergleich zum Herbst zwar leicht erholt, doch von Dynamik könne hier noch keine Rede sein. „Aus Sicht der Wirtschaft befinden wir uns teilweise in einer Schieflage“, sagte Alwin Wagner, der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK, der die Ergebnisse der Unternehmensumfrage am Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz in Freiburg vorstellte.

IHK-Konjunkturklimaindex

Der IHK-Konjunkturklimaindex spiegelt die aktuelle Geschäftslage und die zukünftigen Geschäftserwartungen der IHK-Mitgliedunternehmen in einer Zahl wider. Aktuell liege der Index bei 108 Punkten, elf Zähler mehr als im Herbst 2023. Der Index könne Werte zwischen 0 und 200 annehmen, wobei Werte über 100 Wirtschaftswachstum anzeigen und Werte unter 100 auf eine Rezession hindeuten würden. „Selbst wenn der Index wieder im positiven Bereich liegt, kann man eher davon sprechen, dass die Wirtschaft auf der Stelle tritt“, bewertete Wagner.
Das zeige sich unter anderem auch beim Blick in die Zukunft. Befragt nach den Erwartungen an die kommenden zwölf Monate überwiege bei den Unternehmen am südlichen Oberrhein die Skepsis. 26 Prozent würden denken, dass sich die Geschäfte negativ entwickeln, rund 56 Prozent würden mit Stagnation rechnen. Und nur 18 Prozent würden sich auf die Seite der Optimisten schlagen. Der Index der Geschäftserwartungen bleibe im Zuge dessen mit minus acht Punkten im negativen Bereich, auch wenn dies im Vergleich zum Herbst immerhin einer leichten Aufhellung um elf Punkte entspreche. Diese trübe Stimmungslage sei insbesondere deshalb bedenklich, da sich die konjunkturelle Situation in Deutschland derzeit auch international nicht in das allgemeine Bild einfüge. Wagner: „Im Vergleich mit westlichen Industrieländern verzeichnet Deutschland die geringste Wachstumsdynamik, das bereitet uns Sorge.“ Und: „Es gibt derzeit keinerlei Zeichen, die eine Besserung der Lage anzeigen – der Silberstreif am Horizont fehlt.“

Arbeitsmarkt

Erstmals nach längerer Zeit würde sich diese konjunkturellen Eintrübungen auch wieder auf dem Arbeitsmarkt niederschlagen. So liege die Arbeitslosenquote im Kammerbezirk mit 4,1 Prozent immerhin 0,3 Prozentpunkte höher als vor einem Jahr. Zwar sei der südliche Oberrhein – wie ganz Baden-Württemberg – noch immer eine Region mit sehr geringer Arbeitslosigkeit, trotzdem dürfte die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt bei anhaltender Wachstumsschwäche auch wieder stärker in den Fokus rücken. Hierauf deute auch der Index der erwarteten Beschäftigung hin. Er verbessere sich im Vergleich zum Herbst nur um einen Punkt und bleibe mit minus zehn Punkten deutlich im negativen Bereich. 24 Prozent aller Unternehmen würden die eigene Belegschaft verkleinern wollen, nur noch 14 Prozent hätten expansive Beschäftigungspläne. Dies sei auch insofern bemerkenswert, als dass sich der Index in der langen konjunkturellen Hochphase zwischen Herbst 2013 und Frühjahr 2019 nie im negativen Bereich befunden habe. Was die Lage und den Optimismus nicht gerade verbessere, sei der Blick auf potenzielle Risikofaktoren. Auf die Frage: „Wo sehen Sie die größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung Ihres Unternehmens?“ spiele die Wirtschaftspolitik eine immer entscheidendere Rolle. Zwar würden der Fachkräftemangel (63 Prozent), die Energie- und Rohstoffpreise (57 Prozent), die Inlandsnachfrage (55 Prozent) und die gestiegenen Arbeitskosten (52 Prozent) die häufigsten Antworten bleiben. Allerdings bewerte mittlerweile auch jedes dritte Unternehmen (36 Prozent) die aktuelle Wirtschaftspolitik als ein Risiko für den eigenen Betrieb.

Unzufrieden mit Politik

Seit Herbst 2019 seien die Unternehmen am Oberrhein nicht mehr so unzufrieden mit der Politik gewesen. Erklärungsansätze dafür gebe es viele: Neben einer hohen Bürokratiebelastung und Unsicherheiten hinsichtlich der allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dürften zuletzt auch die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie und die starke Erhöhung der LKW-Maut auf wenig Gegenliebe in den jeweils betroffenen Branchen gestoßen sein.

Große Unsicherheit

„Viele Hausaufgabe wurden nicht gemacht: Investitionen in die Verkehrs- und Breitbandinfrastruktur, geordnete Bahnen bei der Fachkräftezuwanderung, Qualität in der öffentlichen Verwaltung, Versorgungssicherheit bei Energie. Und dann noch die unzuverlässige Haushaltspolitik beim Bund. Das alles führt zu großer Unsicherheit“, sagte Wagner. „Die Politik hält sich viel im Klein-Klein auf und regiert sehr stark in die Unternehmen hinein. Das sorgt nicht gerade für Vertrauen in den Standort Deutschland.“

Finanzlage

Auch beim Blick auf die Finanzlage zeige sich, dass sich die Situation der Betriebe am Oberrhein nicht weiter verbessert habe. Vielmehr falle der Anteil der Unternehmen, welche die eigene wirtschaftliche Situation als unproblematisch bezeichnen, von 67 Prozent im Herbst auf jetzt 61 Prozent. Auch von Liquiditätsengpässen würden wieder 14 Prozent der Unternehmen berichten, nachdem dieser Wert zwischenzeitlich im Frühsommer 2023 auf nur noch neun Prozent gesunken sei. Eine hohe Fremdkapitalbelastung würden neun Prozent angeben – der höchste Wert, seit Aufnahme dieser Frage im Herbst 2021 in die Konjunkturbefragung. Ebenfalls neun Prozent der Unternehmen würden angeben, nur schwer einen Zugang zu Fremdkapital zu erhalten. Hier zeige sich, dass die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank auch viele Unternehmen vor Herausforderungen stelle.

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