Fußnote, die Glosse im Guller
Subjektives Empfinden
Sie sind wieder unterwegs. Und wie jeden Herbst spalten sie die Menschen in der Ortenau, in Deutschland, ja, ich würde sogar behaupten fast auf der ganzen Welt in zwei Lager, in Freund und Feind. Ausnahmen gibt es vielleicht in der Antarktis, in der Wüste Gobi oder anderen Orten ohne Laubbaumbestand. Dort gibt es natürlich auch keine Verwendung für und somit keinen Streit um Laubbläser. Aber wahrscheinlich haben sie dort andere elektrisch betriebene Radau-Apparate, um ihren Mitmenschen auf die Nerven zu gehen.
Bekennende Laubbläserin
Eine meiner früheren Kolleginnen ist bekennende Laubbläserin, wie sie mir mal gestand. Schon im August blickt sie voller Sehnsucht auf die noch grünen Baumkronen und kann es kaum erwarten, dass die Blätter die Farbe ändern und dann auf den Boden fallen. Kaum haben diese die Erde berührt, steht sie schon parat, um diese lustvoll mit ihrem Laubbläser vor sich her zu treiben. Abgesehen von diesem Laster kenne ich sie aber als kluge und kultivierte Frau.
Nun wird von Journalisten erwartet, dass sie alle Dinge in Worte fassen und bestenfalls auch anderen erklären können. Obwohl sich die gute Frau redlich mühte, gelang es ihr aber nicht, mir die Laubbläser-Leidenschaft begreiflich zu machen. Ich verstehe einfach nicht, was so toll daran ist, mit einer Art Riesenfön Blätter herum zu pusten und das in einer Geräuschkulisse, gegen die die Trompeten von Jericho wie der reinste Engelsgesang klangen.
Lärmempfinden
Nun ist das mit dem Lärmempfinden natürlich eine sehr subjektive Sache. So habe ich beispielsweise rein gar nichts dagegen, wenn das Radio bei einem Lied von den "Rolling Stones" voll aufgedreht wird. Stammt der Gesangsbeitrag dagegen von den "Kastelruther Spatzen", empfinde ich diesen schon bei Zimmerlautstärke als Ruhestörung und verlange nach Ohrstöpseln.
Manchmal kommt es aber auch einfach auf die Tageszeit an. Vogelgezwitscher ist beispielsweise eine wundervolle Begleitmusik bei einem gemütlichen Waldspaziergang an einem sonnigen Nachmittag. Ganz anders kommt der muntere Gesang der kleinen Piepmatze morgens um 5 Uhr an, wenn sie sich im Baum vor meinem offenen Schlafzimmerfenster zu einem Morgenkonzert versammelt haben.
Laubbläser, das muss man ihnen zugute halten, sind zu dieser Uhrzeit glücklicherweise noch nicht unterwegs – zumindest nicht vor meinem Schlafzimmerfenster. Sie nerven aber noch zur genüge, wenn ich in einem Straßencafé die letzten warmen Sonnenstrahlen vor dem Wintereinbruch genießen möchte. So hat eben jede Jahres- und sogar Tageszeit ihre eigenen störenden Lärmquellen.
Anne-Marie Glaser
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