Fußnote – die Glosse im Guller
Spannende Entscheidung

Meine Güte, ist das spannend! Heute ist der alles entscheidende Tag. Wird der SPD-Parteitag Koalitionsverhandlungen für eine ungeliebte "GroKo" absegnen? Ich wage keine Prognose mehr. Schließlich lag ich vor Wochen an dieser Stelle völlig falsch mit der Vermutung, die Jamaika-Sondierer würden sich nach groß inszeniertem Streit doch noch einigen.

Wie sich die Zeiten ändern. Früher galt es als höchstes Ziel mitzuregieren. Inzwischen fühlen sich Parteien auf der Oppositionsbank wesentlich wohler. Wahrscheinlich liegt das in diesem Fall vor allem daran, dass die gar nicht mehr so große CDU/CSU ihren kleineren Koalitionspartnern in den vergangenen Legislaturperioden nicht gerade viel Einflussnahme zugestand. Klar, Steigbügelhalter bekommen schon schöne Ministerposten. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass sie auch eigene Wahlversprechen umsetzen dürfen. Die Quittung bekamen sie dann bei der nächsten Wahl. Das erlebte die FDP und die SPD sogar schon zwei Mal. Kompromiss hieß oftmals tun, was die Kanzlerin will. Wobei ihr Wille zunehmend geprägt wird von Seehofer und seinen Spezln. Zu diesen zähle ich jetzt mal großzügig auch den Söder.

Man­no­mann, die bayrische Unionspartei interpretiert christliche Nächstenliebe schon auf eine sehr eigenwillige Art und Weise. Eines muss man ihr allerdings lassen: Es werden keine Unterschiede zwischen Freund und Feind gemacht. Ob das S in CSU wohl in Wahrheit für Schlangengrube steht? Vielleicht sollte Merkel ohne die bucklige CSU-Verwandtschaft mit SPD, FDP und den Grünen sondieren.

Ich finde übrigens, dass Martin Schulz durchaus Größe bewiesen hat, als er sich an den Verhandlungstisch mit der CDU/CSU setzte. Gerade weil er das gar nicht wollte. Hätte er es nicht getan, würde man ihm vorwerfen, der SPD aus Sturheit eine Chance verbaut zu haben. Ob die christlichen Zugeständnisse der SPD-Basis genügen, wird sich nun zeigen.

Dafür, dass die Union für eine Regierungsbildung auf einen Koalitionspartner angewiesen ist, geht sie ganz schön kaltschnäuzig mit potentiellen Kandidaten um. Eine Minderheitenregierung könnte da – vor allem für die CSU – eine durchaus heilsame Wirkung haben. In dieser müsste für jedes Gesetzesvorhaben neu nach einer Mehrheit im Parlament geworben werden. Davor muss man aber keine Angst haben. Nach diesem Prinzip arbeiten beispielsweise auch Gemeinderäte in Baden-Württemberg. Wenn dann noch der Fraktionszwang aufgehoben wird, ist das Demokratie pur. Das wäre doch mal wirklich spannend!
Anne-Marie Glaser

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