Fußnote, die Glosse im Guller
Segelohren sind nicht sexy
Schönheit liegt im Auge des Betrachters, sagte schon der gute alte Thukydides vor rund 2.500 Jahren. Das mag heute noch richtig sein. Aber der Mensch ist nun einmal ein Herdentier. Wenn der aktuelle Modegeschmack Locken präferiert, dann finden es viele schön blöd, wenn sie glatte Haare habe.
Barack Obama und Will Smith
Nun ist das Ondulieren von Haaren heute keine große Sache mehr. Selbst wenn das Ergebnis alles andere als schön ist, wächst das Ganze in der Regel irgendwann wieder raus. Nicht ganz so einfach sieht es aus, wenn der liebe Gott und der elterliche Genmix beschlossen haben, dass ein Mensch eine schiefe Nase oder Segelohren hat. Weder das eine noch das andere wurde je lobend von Dichtern besungen. Schön sieht einfach anderes aus. Daran ändern auch Beispiele wie Barack Obama oder Will Smith nichts. Sie werden für vieles bewundert, aber kaum wegen ihrer Lauscher. Egal wie man es betrachtet: Segelohren sind nicht sexy. Früher wurden Kinder deswegen gehänselt, heute gemobbt. Deshalb drücken viele Krankenkassen ein Auge zu und bezahlen bei unter 14-Jährigen sogar die OP, obwohl abstehende Ohren in der Regel genauso gut funktionieren wie anliegende. Wer frei von Eitelkeit ist, werfe den ersten Stein.
Schönheits-OPs
Bei Schönheits-OPs scheiden sich die Geister. Für die einen sind sie Teufelszeug, andere pfuschen der Natur hemmungslos ins Handwerk. Nicht alle geben Letzteres zu. Wer aber alte und neue Fotos von einigen Prominenten vergleicht, stellt fest: Diese angeblich natürliche Wandlung ist zu schön, um wahr zu sein.
Bundesgesundheitsminister
Nun mag man zum Thema stehen, wie man will, Fakt ist: Jeder operative Eingriff birgt Risiken, die über eine verpfuschte Frisur hinausgehen. Ob er die eingehen möchte, muss jeder selbst wissen; bei unter 18-Jährigen entscheiden die Eltern. Allerdings sorgt sich nun unser Bundesgesundheitsminister, dem der Jugendschutz sehr am Herzen liegt. Sein Ziel ist es, diese unschuldigen und so leicht zu beeinflussenden Seelchen vor der Verführung zu bewahren. Deshalb soll speziell auf sie ausgerichtete Werbung für Schönheits-OPs verboten werden. Die Botschaft muss laut Jens Spahn sein: "Du bist okay, so wie du bist."
Kim Kardashian
Ich sehe schon Plakate, auf denen Quasimodo souverän lächelnd die Jugend zu mehr Selbstbewusstsein auffordert. Vielleicht sollten wir zudem zur Abschreckung Fotos von Kim Kardashian mit Schockbildern von verrutschten Brustimplantaten kennzeichnen. Von wegen Jugendschutz: Wer schützt uns vor politischem Aktionismus?
Anne-Marie Glaser
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