Polioviren
Gesundheitsamt ruft zur Überprüfung des Impfschutzes auf

Ortenau (st) Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat bekanntgegeben, dass an mehreren Orten in Deutschland im Abwasser Schluckimpfstoff-abgeleitete Polioviren, die Kinderlähmung verursachen können, nachgewiesen wurden. Darüber informiert das Landratsamt Ortenaukreis. Bislang seien keine Verdachtsfälle oder Erkrankungen von Polio an das RKI übermittelt worden. Aufgrund der Tatsache, dass die Untersuchung des Abwassers auf Polioviren sehr aufwändig sei, finde diese Untersuchung nur an wenigen Stellen in Deutschland statt. Dass nun gleichzeitig an mehreren Orten in Deutschland Polioviren gefunden worden seien, gebe Hinweise darauf, dass es eine nicht unbedeutende Anzahl an Virusträgern in Deutschland geben soll, die nicht-immune Personen anstecken könnten.

Impfung als Schutz

Eine Polioerkrankung könne durch Impfung verhindert werden. Dazu gebe es zwei verschiedene Vorgehensweisen. Die Schluckimpfung sei eine Lebendimpfung und sehr effektiv, jedoch könnten die abgeschwächten Impfviren wieder ausgeschieden werden und sich im Laufe der Zeit genetisch so verändern, dass sie andere Menschen infizieren und eine symptomatische Erkrankung hervorrufen können. In Deutschland werde die Schluckimpfung seit 1998 nicht mehr angewendet, sondern Impfstoffe mit inaktivierten Viren würden in die Muskeln injiziert werden. So geimpfte Personen seien vor einer Erkrankung geschützt, könnten aber Polioviren aufnehmen, die sich dann im Magen-Darm-Trakt vermehren und über den Stuhl ausgeschieden werden könnten.
„Die meisten Personen in Deutschland sind gegen Polio geimpft. Diese brauchen keine Angst vor den zirkulierenden Viren haben. Auch wenn aufgrund der allgemein hohen Impfquoten und der guten Hygienebedingungen in Deutschland die Gefahr, sich mit den zirkulierenden Viren anzustecken, eher gering einzustufen ist, kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass ungeschützte Personen erkranken können“, erläutert Evelyn Bressau, Leiterin des Gesundheitsamts Ortenaukreis.

Nicht alle Kinder geimpft

Die Impfquoten im Ortenaukreis würden zeigen, dass vom Geburtsjahrgang 2019 in den ersten zwei Lebensjahren nur 54,8 Prozent der Kinder gegen Polio geimpft worden seien. Im Bundesschnitt sollen es 81,2 Prozent der Zweijährigen gewesen sein. Bei der letzten ausgewerteten Einschulungsuntersuchung bei den vier- bis fünfjährigen Kindern sollen es 85 Prozent der Kinder gewesen sein, abhängig vom Impfstoff, mit drei oder vier Impfungen, grundimmunisiert. Die Daten zeigten, dass 4,5 Prozent der Kinder gar nicht gegen Polio geimpft worden seien, fast zehn Prozent nur teilweise. Das sei zu wenig und das Risiko, unter Umständen zu erkranken, wäre gegeben.
Weiter in der Pressemitteilung heißt es, dass 95 Prozent der Erkrankten nichts von ihrer Infektion bemerken würden, also symptomlos erkranken würden. Die anderen fünf Prozent entwickelten Symptome, bis hin zu schweren Krankheitsverläufen mit, im schlimmsten Falle, dauerhaften Lähmungen. Das Gesundheitsamt bitte daher jeden, den aktuellen Impfstatus zu überprüfen, bei Fragen auf den Hausarzt oder den Kinderarzt zuzugehen und vorhandene Impflücken zu schließen. „Zusätzlich kann man im Alltag als einfache Maßnahme auf die Händehygiene achten, denn die Übertragung erfolgt vor allem fäkal-oral“, ergänztBressau. Wie eine vollständige Polio-Impfung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene aussehe, habe die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf ihrer Website erklärt.

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