Prof. Dr. Theodor Dieter ausgezeichnet
Evangelischer Theologe mit Preis vom Vatikan
Straßburg. Ökumene ist für Theodor Dieter nicht nur ein wichtiges Forschungsgebiet: Er lebt sie. Geboren wurde der Professor für evangelische Theologie und Philosophie in Bad Teinach im Schwarzwald. "Mich haben schon immer theologische Fragen interessiert", erklärt der 66-Jährige, wie er zu seinem Forschungsgebiet kam. Im Bücherschrank seiner Eltern hatte er als Jugendlicher ein Buch entdeckt, dass sich nicht nur mit den Reformatoren, sondern auch mit philosophischen Thesen beschäftigte. Sie gaben den Impuls, sich später an der Universität Heidelberg für beide Fächer einzuschreiben. Was ihn am meisten faszinierte, war der Spannungsbogen zwischen den Kirchenlehrern und der klassischen Philosophie. "Luther etwa", erzählt Theodor Dieter im Plauderton, "war ein scharfer Kritiker von Aristoteles." Mit eben dieser Kritik beschäftigte er sich selbst in seiner Promotion, die sich mit Luthers Heidelberger Disputation auseinandersetzte.
"Ich wollte eigentlich Pfarrer werden", erzählt Dieter. Doch er merkte schnell, dass die Forschung seine eigentliche Leidenschaft war und kehrte relativ rasch an die Universität zurück, um zu promovieren. "In meiner Zeit als Doktorand hielt ich unter anderem Seminare über theologische Ethik und Wirtschaft oder über politische Ethik", so Dieter. Ihn faszinierte die Auseinandersetzung mit den Wirtschaftsfachleuten oder etwa die Begegnung mit angehenden Polizeibeamten.
In diese Zeit fiel auch der erste Kontakt mit dem Institut, das er heute leitet: Sein Doktorvater empfahl ihn, als das Institut für Ökumenische Forschung in Straßburg einen Mitarbeiter suchte. "1994 habe ich dort begonnen", erinnert sich Theodor Dieter. In der ersten Zeit pendelte er zwischen Straßburg und Böblingen, wo er mit seiner Familie lebte, hin und her. Schließlich zog die Familie nach Kehl. "Ich dachte, es sei einfacher, wenn wir auf der deutschen Seite bleiben", sagt er schmunzelnd. Er lebt mit seiner Frau im ehemaligen katholischen Pfarrhaus St. Maria. "Wir haben ein sehr freundschaftliches Verhältnis mit der katholischen Gemeinde. Wir gehen dort auch in den Gottesdienst."
Der Dialog steht im Mittelpunkt der Arbeit
Das Institut für Ökumenische Forschung wird vom lutherischen Weltverband unterhalten. "Unsere Forschungsarbeit beschäftigt sich mit allen christlichen Kirchen: Katholiken, Baptisten, Mennoniten, Anglikaner, Orthodoxe", erklärt Dieter. "Man muss wissen, was der andere denkt, damit man sich nicht auf seine Vorurteile beschränkt." Dass die über Bord geworfen werden, dafür sorgt die Arbeit des Institutes. Als Beispiel nennt Dieter die Vorbereitung für die Aussöhnung zwischen der lutherischen Kirche und den Mennoniten. "Die sogenannten Täufer wurden im 16. Jahrhundert in Deutschland verfolgt, auch von lutherischen Städten und Fürsten", erläutert Dieter die komplizierte Materie. Das Ergebnis von fünf intensiven Forschungsjahren: die erste gemeinschaftliche Geschichtsdarstellung der Ereignisse und die Bitte um Vergebung für diese Zeit von Seiten der lutherischen Kirche. "Das hat den Mennoniten viel bedeutet", sagt Dieter am Ende schlicht.
Auch mit der katholischen Kirche setzen er und die anderen Mitarbeiter des Institutes sich auseinander – gerade jetzt im Jubiläumsjahr "500 Jahre Reformation", das am 31. Oktober endet. "Wir haben daran gearbeitet, wie die beiden großen christlichen Kirchen dieses Jubiläum gemeinsam feiern können", so Dieter. Keine leichte Aufgabe, denn dieses Datum steht für Katholiken für die Teilung der Kirche, während es für evangelische Christen die Wiederentdeckung des Glaubens symbolisiert. "Am Ende haben wir es geschafft, dass am 26. Oktober 2016 ein gemeinsamer Gottesdienst mit Papst Franziskus abgehalten wurde", ist Theodor Dieter stolz auf diese Leistung.
Er selbst hielt bereits einen Vortrag im italienischen Sommersitz der Päpste, dem Castel Gandolfo: "Das ist schon toll, wenn der Papst eine halbe Stunde zuhört." Am 18. November wird ihm, dem evangelischen Theologen, der "Ratzinger-Preis 2017" durch den Vatikan verliehen. "Das ist wirklich etwas Besonderes," freut er sich über die Anerkennung seiner Arbeit für den Dialog zwischen den christlichen Kirchen.
Christina Großheim
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